Doppelpack gegen Borisov: Yuya Osako schießt den FC zum Sieg. (Foto: Mika Volkmann)

Sechs besondere Spiele für die FC-Geschichte

[nextpage title=”Die Party von London “]

Sechs Spiele in der Europa League liegen hinter dem 1. FC Köln. Zwar haben die Geissböcke das Weiterkommen in die K.o.-Runde verpasst. Dennoch wird die Gruppenphase im Herbst 2017 jedem Fan, der sich miterleben durfte, in Erinnerung bleiben. Der erste Auftritt in Europa nach 25 Jahren war besonders.

Köln – “Wir spielen wieder im Europapokal” schallte es im vergangenen halben Jahr durch alle Stadien, in denen der Effzeh zu Gast war. Egal, wie aussichtslos die Situation auf dem Rasen in der Bundesliga aussah, die Euphorie und Freude über die erste Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb seit 25 Jahren konnte in Köln durch fast nichts getrübt werden. Zwar schied der Effzeh in einer machbaren Gruppe am Ende aus. Was jedoch bleibt, sind sechs internationale Spiele, die so schnell niemand mehr vergessen wird.

Das Abenteuer startete in London

Viele Fans lagen sich am 25. August wohl jubelnd in den Armen, ehe sie zu ihren Computern sprinteten und Flüge oder Busreisen nach London buchten. Der Effzeh – in der Gruppe H mit dem Weltklub FC Arsenal, den traditionsreichen und emotionalen Serben von Roter Stern Belgrad sowie den Champions-League-erfahrenen, aber schlagbaren Weißrussen von BATE Borisov. Beginnen sollte das Abenteuer am 14. September mit einem Auswärtsspiel nirgendwo anders als im Emirates Stadium zu London.

Kein Wunder, dass die Kölner Fans, die von Arsenal nur 2900 Tickets zur Verfügung gestellt bekommen hatten, versuchten, über andere Kanäle an Karten zu kommen. Und auch, wer kein Ticket ergattern konnte: Die erste Auswärtsreise in Europa nach über 25 Jahren wollte sich kaum jemand verpassen. So kam es, dass dem Vernehmen nach zwischen 15.000 und 20.000 Kölner an diesem 14. September 2017 nach London reisten. Sie kamen aus Köln, dem Rheinland, dem Rest der Republik, aber auch aus Paris, Madrid oder sogar aus den USA. Friedlich und mit lautstarken Gesängen zogen die Fans durch die Hauptstadt bis zum Stadion und hinterließen Bilder, die um die Welt gingen und den Anwesenden in Erinnerung wohl noch immer eine Gänsehaut verschaffen.

Das Spiel wird fast zur Nebensache

Der unschönere Teil folgte allerdings noch vor dem Anpfiff: Einige FC-Fans ohne Ticket versuchten sich unbefugt Zugang zum Stadion zu beschaffen, was die Londoner Polizei mit einem Einlassstopp für mehrere Stunden quittierte. Die Arsenal-Organisatoren hatten sich komplett verkalkuliert, sperrten die Kölner Anhänger lieber auf der Zugängerbrücke ein als ein andernfalls halbleeres Stadion auch in den Heimbereichen mit FC-Fans aufzufüllen. Der Anpfiff musste um eine Stunde verschoben werden, sogar eine Absage stand im Raum. So mussten zahlreiche Fans stundenlang vor dem Stadion warten, unwissend, ob sie überhaupt hineingelassen werden.

Am Ende wurden die Tore dann doch noch geöffnet und das Spiel konnte angepfiffen werden. Nach vorne gepeitscht von doch mehr als offiziell 2900 Kölnern machte der Effzeh ein gutes Spiel – und das nur wenige Tage nach dem blamablen 0:3 in der Liga in Augsburg. Nach nur zehn Minuten bekamen die Engländer erstmals zu spüren, wie es sich anfühlt, wenn eine ganze Generation von Fans das erste Tor in der Europa League ihres eigenen Vereins bejubeln kann: Eine zu kurz geratene Abwehr von David Ospina nutzte Jhon Cordoba aus und traf aus fast 40 Metern ins Kölner Glück. Am Ende verloren die Geissböcke zwar mit 1:3 verdient, doch den Kölner Treueschwüren zu ihrer Mannschaft tat dies keinen Abbruch. Mehr als eine Stunde nach Abpfiff verweilten die FC-Fans im Block und wurden nicht müde, sich und den Effzeh zu feiern. Einziger Wermutstropfen an diesem Tag war die schlimme Verletzung von Jonas Hector, der mit einem Syndesmosebandriss kein weiteres Spiel mehr in diesem Jahr für den Effzeh machen sollte.

Pech und Unvermögen sorgten für weitere Pleiten

Die zwei nächsten Gruppenspiele sind schnell erzählt. Zwar hatte auch das erste Heimspiel in der Europa League seit 25 Jahren gegen Roter Stern Belgrad etwas Magisches, doch die 0:1-Niederlage trübte die Freude doch immens. Nach einer überaus schwachen ersten Halbzeit gingen die Geissböcke mit dem Rückstand in die Kabine. Zwar kam der Effzeh stark zurück und traf mehrfach das Aluminium, nur wie so oft in der Saison wollte der Ball nicht über die Linie. Ein Sieg in Weißrussland gegen BATE Borisov wurde also schon fast zur Pflicht, um das Weiterkommen noch zu ermöglichen. Im Vorfeld des Spiels sah man Noch-Sportchef Jörg Schmadtke und Präsident Werner Spinner bei einem Krisengespräch. Und es kam, wie es kommen musste: Der Effzeh verlor nach einer erneut beängstigend schlechten Leistung mit 0:1 und stand nach der Hälfte der Gruppenspielen mit null Punkten da. Erstmals wurden nach dem Spiel “Wir haben die Schnauze voll”-Rufe der Fans laut, die die knapp 1800 Kilometer nach Weißrussland auf sich genommen hatten. Von Europa-Euphorie war nichts mehr zu spüren. Das sollte sich aber noch einmal ändern.

[nextpage title=”Zwei Siege und ein Endspiel”]

Zwei Siege und ein Endspiel

Nur zwei Wochen später kam es in Köln zum Rückspiel gegen Borisov. Wollte der Effzeh noch eine Chance auf das Weiterkommen haben, musste die Mannschaft von Trainer Peter Stöger gewinnen. Und genauso ging das Team ins Spiel. Simon Zoller erzielte nach einer Viertelstunde die verdiente Führung für die Gastgeber. Allerdings stellte der Effzeh einmal mehr in dieser Saison das Fußballspielen zwischenzeitlich ein und brachte die Weißrussen zurück ins Spiel. Mit einem Doppelschlag binnen zwei Minuten stellten die Gäste das Spiel auf den Kopf. Doch anders als in vielen Spielen in dieser Saison ließen sich die Kölner davon nicht verunsichern und zündeten im zweiten Durchgang den Turbo: Durch zwei Treffer von Yuya Osako, dank eines direkten Freistoß von Sehrou Guirassy und dem 5:2 von Milos Jojic jagte der Effzeh die Weißrussen aus dem Stadion. Ein erstes Ausrufezeichen auf europäischer Bühne – es sollte nicht das letzte werden.

Am 23. November gastierte schließlich Arsene Wenger mit seiner Millionentruppe aus London am Rhein. Zwar kamen die Gäste mit einer besseren B-Elf, doch auch die Kölner gingen mittlerweile auf dem Zahnfleisch und hatten zahlreiche Youngster in ihrem Kader. Ohne Frage waren die Gunners auch an diesem Tag der Favorit und die klar bessere Mannschaft, doch der Effzeh verteidigte aufopferungsvoll und nutzte die eine Chance, die sich ihm bot, als Sehrou Guirassy im Strafraum von den Beinen geholt wurde. Der Franzose zögerte keine Sekunde und schnappte sich den Ball selbst. Sein Selbstvertrauen wurde belohnt und der Effzeh ging gegen den großen FC Arsenal mit 1:0 als Sieger vom Platz. Punktgleich mit Roter Stern auf dem zweiten Platz war also klar: Die Kölner hatten sich ihr Endspiel in Belgrad erkämpft. Doch nur ein Sieg würde reichen, denn bei einem Unentschieden wären die Serben aufgrund des direkten Vergleichs in die K.o.-Runde eingezogen.

Trainerwechsel, Verletztenmisere, Fan-Skandale

Vor dem wohl wichtigsten Spiel des Jahres brach in Köln jedoch das Chaos aus. Nur vier Tage vor der Partie in Belgrad wurde Peter Stöger nach einem 2:2 auf Schalke entlassen. Nach viereinhalb Jahren endete die Ära des Österreichers, ihm blieb das letzte Gruppenspiel in Europa mit den Geissböcken verwehrt. Der neue Trainer Stefan Ruthenbeck sprang mit seiner Rumpfelf direkt ins kalte Wasser, nur elf einsatzfähige Profi-Feldspieler standen im gerade einmal 16 Mann großen Kader. Ein Blick auf die Ersatzbank verriet das Dilemma: Mit Birk Risa, Anas Ouahim und Ismail Jakobs saßen dort gleich drei Nachwuchskräfte. Dennoch wollte der FC im Hexenkessel des serbischen Marakana bestehen.

Die Szenen, die sich dann aber vor und während des Spiels im Kölner Fanblock abspielten, konnten im Gegensatz zu London nicht mehr als vergleichsweise harmlos abgetan werden. Feuerwerkskörper flogen auf den Platz und trafen fast die eigenen Spieler, Sitze wurden abgerissen und in die anliegenden Blöcke geworfen. Böller und andere Geschosse flogen in Richtung anderer Fans. Was einige der mitgereisten FC-Anhänger an diesem Tag für ein Bild abgaben, war beschämend. Zwar waren auch die Belgrader Anhänger nicht frei von Schuld, doch mit lautstarken Gesängen verstanden diese es zumindest, ihre eigene Mannschaft nach vorne zu peitschen. Mit Erfolg. Der Effzeh agierte auch an diesem Tag zu harmlos, hatte kaum eine hochkarätige Torchance und verlor das Endspiel gegen ebenso schwache Belgrader am Ende mit 0:1. Die Serben feierten ihre Mannschaft bis tief in die Nacht und verabschiedenden die Kölner mit einem eindrucksvollen “Auf Wiedersehen” aus 50.000 Kehlen.

Traum geplatzt, doch die Erinnerungen bleiben

Für den Effzeh war der Traum vom Weiterkommen ausgeträumt. Doch die sechs Spiele auf internationalem Parkett werden wohl sowohl den Spielern, den Verantwortlichen sowie den Fans in tiefer Erinnerung bleiben. Wenn in der Hinrunde 2017/18 beim 1. FC Köln sportlich fast alles schief ging – das Geschenk, das die Mannschaft ihren Anhängern und sich selbst mit dem fünften Platz in der Vorsaison gemacht hatte, sorgte für ein neues Kapitel in der Geschichte des Effzeh auf der internationalen Bühne.


Alles über den Effzeh in Europa könnt ihr im Buch “Geißböcke mit Fernweh – der 1. FC Köln und seine internationalen Spiele” von Dirk Unschuld nachlesen. Weitere Informationen findet Ihr hier!

DAS KÖNNTE DICH AUCH INTERESSIEREN

DISKUTIER MIT!

Willkommen im Kommentarbereich des GEISSBLOG!
Hier kannst du über den 1. FC Köln diskutieren und dich mit anderen Usern austauschen. Bitte beachte dabei die Spielregeln in unserer Netiquette! Du findest sie hier und kannst sie jederzeit nachlesen. Viel Spaß!
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen