Das Double 1978 - der bislang größte Erfolg in der Vereinsgeschichte der Geissböcke.

Das Double 1978 - der bislang größte Erfolg in der Vereinsgeschichte der Geissböcke. (Foto: Edition Steffan)

Heute vor 40 Jahren: Das große Finale um das Double

[nextpage title=”Zittern im Fernduell mit Gladbach”]

Heute vor 40 Jahren schrieb der 1. FC Köln Geschichte: Er gewann nach dem DFB-Pokal auch die Deutsche Meisterschaft. In einem dramatischen Schlagabtausch mit Borussia Mönchengladbach sicherte sich der Effzeh am 29. April 1978 am letzten Spieltag den Titel. Der GEISSBLOG.KOELN ließ die legendäre Saison der Geissböcke in den vergangenen Monaten an jedem Wochenende mit einem Rückblick aufleben – diese Serie geht mit dem Gewinn des Doubles heute zu Ende.

Köln – Die Entscheidung um die Meisterschaft fällt erst am letzten Spieltag der Saison. Es ist das große Finale. Der 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach liegen mit jeweils 46:20 punktgleich vorne. Der Effzeh hat im Vergleich zu Gladbach jedoch das deutlich bessere Torverhältnis. Gewinnt Köln gegen St. Pauli, das bereits als Absteiger feststeht, bedeutet das die Meisterschaft – so die einhellige Meinung. Gladbach müsste schließlich im Duell mit Borussia Dortmund zehn, elf, oder sogar zwölf Tore aufholen. Das ist kaum möglich. Oder etwa doch?

Spielverlegung und kämpferische Paulianer

Aufgrund von Umbaumaßnahmen am Gladbacher Böckelberg findet das Spiel der Borussia im Düsseldorfer Rheinstadion statt. Und somit vor deutlich mehr Zuschauern. Der Effzeh wiederum muss am Millerntor-Stadion antreten. Auch wenn St. Pauli bereits abgestiegen ist, erwartet die Domstädter ein Hexenkessel. FC-Manager Thielen versucht daher das Spiel ins größere und weniger stimmungsvolle Volksparkstadion zu verlegen. Er versichert St. Pauli, dass bei einer Verlegung 15.000 Kölner Fans die Reise nach Hamburg antreten werden. Die Verantwortlichen stimmen zu. Auch der DFB hat nichts einzuwenden. Der Plan geht auf.

Die Mission “Double-Gewinn” ist für den Effzeh zum Greifen nah. Daher ist die Nervosität im Kölner Lager deutlich spürbar. Denn das Saisonfinale könnte einen dramatischen Verlauf nehmen. Unabhängig von dem Ergebnis der Gladbacher müssen die Geissböcke ihr Spiel gewinnen. Doch die Hamburger wollen sich mit Anstand aus der Bundesliga verabschieden. So erweist sich St. Pauli als ein Gegner, der um jeden Zentimeter kämpft. Und die Paulianer haben die ersten Torchancen der Partie.

Gladbach im Torrausch, Köln ist nervös

Rolf Blau setzt sich früh im Spiel gegen die FC-Defensive durch und prüft Torwart Toni Schumacher mit einem Schuss. Wenige Minute später muss der Tünn erneut eingreifen und entschärft einen Freistoß. Köln hat Probleme ins Spiel zu kommen. Zu allem Überfluss führt Gladbach im Fernduell nach 13 Spielminuten bereits sage und schreibe mit 3:0 gegen Dortmund. Auf der Kölner Bank wird die Entwicklung über das Radio verfolgt. Die Spieler sollen jedoch nichts von dem Spiel in Düsseldorf mitbekommen. Die Nervosität ist ohnehin schon riesig. Auf schlechtem Rasen haben die Domstädter Probleme ihr Kombinationsspiel aufzuziehen. Erst nach 20 Minuten kommt Köln besser ins Spiel. Nach einer knappen halben Stunde spielen Heinz Flohe und Herbert Neumann einen Doppelpass. Flocke fasst sich ein Herz und zieht ab. Der Ball landet zur 1:0-Führung im Pauli-Tor. Die Erlösung! Doch im Fernduell mit Gladbach soll es noch hoch dramatisch werden.

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Dramatik pur – Holt Gladbach noch auf?

Bis zur Halbzeit dominieren die Kölner, doch ein weiteres Tor will dem Effzeh nicht gelingen. Gladbach führt dagegen zur Pause bereits mit 6:0. Das Ergebnis wird im Volksparkstadion durchgegeben. Würden die Spiele nun abgepfiffen, wäre der 1. FC Köln noch immer Deutscher Meister. Denn Köln hat ein um fünf Tore besseres Torverhältnis als die Borussia – noch. Doch was ist mit dem BVB los? Es wartet eine weitere Halbzeit auf die Teams. Und Gladbach ist wie im Torrausch. Beim Effzeh macht sich dagegen Angst breit. Wenn Gladbach in diesem Tempo weitere Treffer nachlegt, könnten sie doch noch an ihnen vorbeiziehen. Köln hat nur eine Möglichkeit: selbst weitere Tore erzielen. Und dabei auf keinen Fall einen Gegentreffer kassieren.

Der Effzeh rennt an, doch es dauert bis zur 60. Minute, ehe das 2:0 fällt. Flohe bringt von rechts eine Ecke in den Strafraum, Okudera verlängert mit dem Hinterkopf und der Ball landet im Pauli-Tor. Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer. Denn Gladbach führt kurze Zeit später mit 9:0 gegen Dortmund. Köln hat nur noch drei Tore Vorsprung. Auf der FC-Bank greift Panik um sich. Trainer Hennes Weisweiler gibt seinen Spielern das Signal weiter nach vorne zu spielen. Die Domstädter brauchen unbedingt weitere Tore.

Das ist schlichtweg ein Skandal!

Angetrieben vom wieder einmal überragend spielenden Flohe legt der Effzeh nach. In der 69. Minute zieht der Kapitän aus rund 20 Metern ab. Sein wuchtiger Schuss zappelt im Tor. Es steht 3:0. Doch reicht das? Gladbachs Jupp Heynckes hat unterdessen auf 10:0 erhöht. Die Borussia hört einfach nicht auf zu treffen. Aber die Geissböcke antworten. In der 83. Minute ist es Bernd Cullmann, der durchmarschiert und zum 4:0 trifft. Drei Minuten später erzielt Okudera mit einem sagenhaften Flugkopfball das 5:0. Der Effzeh hat seine Pflicht erfüllt. Das muss doch reichen. Aber was macht Gladbach im Fernduell?

Weisweiler ist noch während der Schlussphase der Partie von Journalisten umringt – ein 40 Jahre später unvorstellbares Schauspiel. Der FC-Coach bekommt vom Spielgeschehen kaum noch etwas mit. Als der Schiedsrichter abpfeift, weiß noch keiner, ob es wirklich gereicht hat. Dann sickert es durch: Gladbach hat mit einem unglaublichen 12:0 gegen Dortmund gewonnen. Doch das Torfestival reicht nicht, um die Kölner im letzten Moment vom Thron zu stoßen. Der 1. FC Köln ist Deutscher Meister. Was für eine Dramatik! Die nervliche Anspannung entlädt sich auf einen Schlag. Fans stürmen den Platz und feiern ausgelassen. Beim Effzeh allerdings sitzt der Schock über das Gladbach-Ergebnis auch während der Feier auf dem Rasen noch tief. Neumann sagt vor laufenden Kameras: “Eine Unverschämtheit, was da passiert ist! Da kämpfen die Spieler des FC St. Pauli bis zum Umfallen und die Dortmunder lassen sich ohne Gegenwehr überfahren. Das ist schlichtweg ein Skandal!”

Das Double ist perfekt

Erst einige Minute später beruhigen sich die Gemüter der Kölner. Die Spieler verziehen sich in die Kabine. Der Stolz über die gewonnene Meisterschaft, trotz des Gladbacher Torfestivals, beginnt sich in den Köpfen der Spieler freizusetzen. Doch erst bei der Rückkehr ins Hotel kommt Partystimmung auf. Dicke Havanas werden angesteckt, Alkohol fließt in großen Mengen und der Promillepegel steigt rapide. Die Spieler machen die Nacht zum Tag und feiern auf der Reeperbahn weiter. Am nächsten Tag geht es zurück nach Köln. Vor dem Rathaus bekommt Kapitän Flohe die Meisterschale überreicht. Mehr als 20.000 Fans feiern ihre Mannschaft. Die folgende Triumphfahrt durch die Stadt – Flohe und Weisweiler nebeneinander im Auto – verfolgen rund 300.000 Kölner. Der FC ist am Ziel seiner Träume. Mit dem Gewinn des DFB-Pokals und der deutschen Meisterschaft haben die Domstädter die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte gespielt. Auch 40 Jahre später ist diese Spielzeit unübertroffen. Der letzte Spieltag der Saison 1977/78 war gleichzeitig das große Finale der Double-Serie beim GEISSBLOG.KOELN.


Ab sofort berichtet der GEISSBLOG.KOELN chronologisch zu allen Spieltagen der Saison 1977/78 über die damaligen Spiele und Geschehnisse rund um den Effzeh. Die Serie entsteht in Kooperation mit der “Edition Steffan” und dem Buch “Das Double”.

Teil 1: Müllers Rekord! Wie die Double-Saison ihren Anfang nahm
Teil 2: Auch die Bayern bezwungen! Köln stürmt auf Platz eins
Teil 3: Paradox! Kantersieg als Start in die Krise
Teil 4: Der September-Blues beginnt im Saarland
Teil 5: Wie Tabellenführer Schalke den FC in die Krise stürzt
Teil 6: Auch beim HSV gelingt die Trendwende nicht
Teil 7: Der BVB als Aufbauhelfer – doch Weisweilers Aus droht
Teil 8: In Gladbach platzt der Knoten
Teil 9: Köln klettert und ein Japaner überrascht
Teil 10: Wie der Tünn den FC im Spiel hielt
Teil 11: Wie Heinz Flohe die Löwen schwindelig spielt
Teil 12: Flohes Traumtor reicht nicht zum Sieg
Teil 13: Kölner Moral und Standards ringen Lauten nieder
Teil 14: Weisweiler und Schiedsrichter mit Fehlern – Köln wankt
Teil 15: Effzeh fährt die Herbstmeisterschaft ein
Teil 16: Im Stile eines Spitzenteams – Weisweiler verlängert
Teil 17: Harmlose Kölner gehen mit Sorgen in die Winterpause
Teil 18: Kopfschmerzen über den Winter trüben Double-Hoffnung
Teil 19: Zitternd aus der Winterpause und Zoff um Torjäger Müller
Teil 20: Tünn sei dank gegen den FC Bayern
Teil 21: Jagdszenen im Braunschweiger Schneechaos
Teil 22: So feierte Heinz Flohe seinen 30. Geburtstag
Teil 23: Schalke macht die Meisterschaft wieder spannend
Teil 24:
Der Effzeh demütigt den Hamburger SV im Schnee
Teil 25:
Dank Konopka: In Dortmund bricht der Auswärtsfluch
Teil 26:
Gegen Gladbach: Vorentscheidung um die Meisterschaft
Teil 27:
Der Vorsprung schmilzt: Wie der FC gegen Hertha stolpert
Teil 28:
Der Knoten platzt: Endlich trifft Müller wieder
Teil 29:
Gegen 1860: Wie Müller den FC in München rettete
Teil 30:
Alles verspielt? Frankfurt sorgt für Katerstimmung
Teil 31:
Schicksalsspiel beim FCK: Kommt Köln wieder in die Spur?
Teil 32:
Derbysieg im Pokalfinale: Der erste Schritt zum Double?
Teil 33:
Achterbahnfahrt der Gefühle: Zitterpartie gegen den VfB

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