Dennis Morschel (li.) und Max Weuthen leiten das Reha- und Athletik-Training der Geissböcke. (Fotos: GBK)

Köln muss fit sein: Gegner laufen bis zu 20 Prozent mehr

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Die Zweite Liga. Man sagt, sie sei eine körperlichere Liga als die Bundesliga. Eine Liga, in der die Grundtugenden wie Laufbereitschaft und Zweikampfführung stärker im Vordergrund stehen als im Oberhaus, wo viel häufiger spielerische Lösungen gesucht werden. Der 1. FC Köln musste sich in der Vorbereitung darauf einstellen und Defizite aus der Vorsaison abbauen.

Köln – Es war RB Leipzig, das sich in seinen Jahren in der Zweiten Liga damit konkret auseinandersetzte. Der übergroße Aufstiegsfavorit, der erst im zweiten Jahr den Sprung in die Bundesliga schaffte, fand im Laufe der Zeit heraus: Dem ungeliebten Primus der Liga wollte jedes Team ein Bein stellen und investierte mehr als in anderen Spielen. So viel mehr, dass RB irgendwann festhielt: Gegen Leipzig liefen die konkurrierenden Zweitligisten im Schnitt zwischen 15 und 20 Prozent mehr als in allen anderen Spielen.

Jeder wird gegen Köln ans Maximum gehen

Freilich war der läuferische Aufwand der Leipzig-Gegner auch damit zu erklären, dass RB spielerisch dominierte und die anderen Teams viel investieren mussten, um Leipzig überhaupt Paroli bieten zu können. Doch die zusätzliche Motivation, gegen den großen Favoriten zu spielen und ihn vermeintlich ärgern zu können, trieb die gegnerischen Spieler nur noch stärker an. Bedenkt man, dass die Laufleistungen der Teams in der Bundesliga und Zweiten Liga in der Regel zwischen 108 und 125 Kilometern betragen, bewegten sich Leipzigs Gegner also fast immer am Maximum. RB musste sich gewaltig strecken, um am Ende Erfolg zu haben.

Diese Beobachtungen wird ab Samstag wohl auch der 1. FC Köln machen. Die 17 Konkurrenten, vom VfL Bochum über den SV Sandhausen bis hin zum Hamburger SV, werden in höchstem Maße motiviert sein, dem Effzeh empfindliche Niederlagen beizufügen. Spielerisch dürften die Geissböcke zwar den allermeisten Teams in der Liga überlegen sein. Kämpferisch, läuferisch und im Bereich der Zweikampfhärte werden die Kölner dies aber erst noch nachweisen müssen.

Athletik-Duo musste erst die Defizite beseitigen

Dafür musste das Trainerteam um Markus Anfang in den letzten Wochen die Grundlagen legen. Verantwortlich für den athletischen Bereich sind bekanntlich seit vergangenen Winter Max Weuthen und Dennis Morschel. Weuthen studierte Sportwissenschaften an der Kölner Sporthochschule. Morschel kam nach seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten zum FC. Beide arbeiteten vor ihrer Beförderung zu den Profis bereits im Nachwuchs und mussten in den vergangenen Monaten zunächst einmal die Defizite ausgleichen, die sich in der Hinrunde 2017/18 während des sportlichen Absturzes angesammelt hatten.

Was Weuthen und Morschel zusammen mit Interimscoach Stefan Ruthenbeck und dem neuen Sportchef Armin Veh vorfanden, überraschte sie. Nicht nur, dass die Profis nicht fit waren und auch deswegen zum großen Teil verletzt oder angeschlagen. Es gab zu diesem Zeitpunkt im Dezember 2017 keine Überwachung der Trainingseinheiten. „Es wurden auch in der Vergangenheit Daten erfasst“, sagt Weuthen zwar im Gespräch mit dem GEISSBLOG.KOELN. Doch diese Daten stammten vor allem aus den Leistungstests zu Saisonbeginn. Die tägliche Überprüfung der Spieler fand zu diesem Zeitpunkt nicht statt. „Das haben wir dann ausgeweitet, weil wir auch die Trainingsdaten haben wollten.“

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Das ist in allen Profi-Ligen heutzutage Standard

Weuthen und Morschel hatten bereits im Nachwuchs mehrere Tracking-Systeme getestet, die bis dato aber weder bei den Profis noch der U21, U19 oder U17 eingesetzt worden waren. Im Nachwuchs, hieß es, fehlte das Geld. Bei den Profis, hieß es, wurden solche Kontrollmethoden abgelehnt. Das änderte sich unter Veh, der Geschäftsführer genehmigte Weuthens und Morschels Wunsch, für die Profis und die U21 ein einheitliches System anzuschaffen und auch die U19 und U17 mit einem Grundpaket der Trainingskontrolle auszustatten. Seit Januar 2018 sind die Profis und die Spieler der U21 daher mit schwarzen Brustgurten zu sehen, die einem BH ähneln. Sie enthalten Herzfrequenzmesser und GPS-Chips.

„Das ist in allen Profi-Ligen heutzutage Standard. So lässt sich das Training viel besser steuern“, sagt Morschel und bestätigt damit indirekt, wie groß die Defizite nicht nur bei den Spielern, sondern in der Trainingssteuerung beim FC vor dem Personalwechsel waren. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand. „Im Anschluss an die Trainingseinheiten haben wir die Möglichkeit, die subjektiven Eindrücke (des Trainerteams von den Spielern) mit den objektiven Daten abzugleichen.“ Inzwischen wissen die Trainer, welche Spieler wie viel laufen, in welchen Herzfrequenzbereichen sie trainieren, welche Intensitäten sie fahren und ob sie sich nahe ihres Leistungslimits bewegen oder deutlich darunter.

Cordoba und Hector als Beispiele

In der Rückrunde wurde so beispielsweise Jhon Cordoba über mehrere Monate wieder herangeführt. In Köln hatte der Kolumbianer über ein halbes Jahr mit Verletzungen zu kämpfen, die ihm seine Explosivität und Schnelligkeit raubten. Der Stürmer trainiert erst seit der Sommervorbereitung auf die Zweite Liga wieder in den Bereichen, die er aus Mainz kannte. „Jeder Spieler ist anders. Der eine ist schnellkräftig und explosiv wie Jhon Cordoba. Andere wie Jonas Hector sind besonders ausdauernd und werden nicht müde“, sagt Morschel. Erst durch die Überwachung der Trainingseinheiten sei eine individuelle Betreuung der Spieler möglich geworden.

Morschel und Weuthen sprechen gerne von einer „Kultur für Athletiktraining“, die sie beim FC etablieren wollen. Den Spielern sollen Angebote geschaffen werden, um gezielt an den persönlichen Schwächen zu arbeiten. Inzwischen müssen die Spieler eine Dreiviertelstunde vor Trainingsbeginn für das Athletik-Duo zur Verfügung stehen, um im körperlichen Bereich zu arbeiten. „Wenn die Jungs auf den Trainingsplatz kommen, haben sie schon individuell gearbeitet“, sagt Weuthen. „Deswegen lässt sich der Gesamtumfang des Trainings von außen nicht immer zu 100 Prozent einschätzen.“

[nextpage title=”Beispiel Meré zeigt die Komplexität”]

Meré wieder fit

Die Aufgaben sind klar verteilt. Morschel übernimmt meist das Training vor dem Training, die Prävention und Aktivierung. Weuthen ist anschließend für das Warm-up im Training sowie für die Betreuung an den Spieltagen zuständig. Morschel kümmert sich derweil um verletzte oder angeschlagene Spieler, arbeitet aktuell mit Marco Höger, Benno Schmitz, Matthias Bader und immer wieder mit Marcel Risse individuell. Eine ähnliche Aufteilung also, wie sie Yann Benjamin Kugel und Marcel Abanoz vorgenommen hatten, ehe Peter Stöger und Manfred Schmid die Leitung über das Athletiktraining übernommen hatten.

Inzwischen, das bekräftigen Weuthen und Morschel, haben alle Spieler ihre körperlichen Defizite aus den letzten Monaten aufgeholt. „Wir hatten sehr gute Mannschaftswerte. Damit waren wir sehr zufrieden. Die Spieler haben ihre Hausaufgaben gemacht“, sagt Morschel. Damit ist auch explizit Jorge Meré gemeint. Der Spanier hatte bekanntlich den Laktattest zu Vorbereitungsbeginn nicht vollständig absolvieren können und im Zuge dessen in den folgenden Tagen und Wochen diverse individuelle Läufe mit Morschel absolviert. Weuthen betont, man müsse vorsichtig sein mit der Bewertung einzelner Tests und äußerer Eindrücke. „Der Laktattest ist wichtig, um eine Aussage über die Grundlagenausdauer zu treffen. Es geht darum zu wissen, wie die Spieler durch die Saison kommen können und wie sie nach Belastungen regenerieren. Der Laktattest ist aber kein Test für die fußballspezifische Ausdauer. Die testen wir u.a. über einen Yo-Yo Test.“ In diesen fußballspezifischen Tests hatte Meré gut abgeschnitten, weshalb beim FC niemand Sorge hatte, der Spanier würde Probleme bekommen. Inzwischen ist der Spanier auch sichtbar topfit, scheint noch einmal abgenommen zu haben, wirkt drahtiger, leichtfüßiger.

Psyche spielt entscheidende Rolle

Ab Samstag wird es für Meré und Co. darum gehen, die intensive Vorbereitung in Ergebnisse umzusetzen. Markus Anfang probte im Training fast immer den Ernstfall, wählte Spielformen. Wohl noch nie hat man beim FC in der Vorbereitung so häufig die Spieler in Trainingsspielen gegeneinander antreten sehen. Anfang und sein Trainerteam glauben daran, dass die Psyche auch körperlich eine wichtige Rolle spielt.

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