Jeremy Dudziak überspringt Jannes Horn und trifft zum 2:0 für Pauli. (Foto: imago/DeFodi)

Kurzer Kontrollverlust: Das war gut, das war schlecht

[nextpage title=”Mehr Tore schießen als kassieren”]

Der 1. FC Köln ist beim FC St. Pauli noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Das 5:3 war ein für die Zuschauer faszinierend anzuschauendes Fußballspiel. Trainer Markus Anfang wurde jedoch gerade Mitte der ersten Hälfte an der Seitenlinie verrückt.

Hamburg – Vier Spiele, zehn Punkte: Beim 1. FC Köln herrscht nach dem 5:3-Erfolg am Millerntor Zufriedenheit. Die Mannschaft bekam den Montag frei, startet am Dienstag in die Länderspielpause, in der sich die Vielspieler erholen und die Wenigspieler aufdrängen sollen. Die insgesamt 96 Spielminuten von Hamburg geben allen Beteiligten genug Anschauungsmaterial für den weiteren Lernprozess.

Das war gut

Wohl keine Mannschaft in der Zweiten Liga verfügt über ein derart großes Offensivpotential wie die Geissböcke. Simon Terodde knipst wieder wie zu besten Zweitliga-Zeiten. Louis Schaub könnte der spielerisch überragende Kicker der Saison 2018/19 im Unterhaus werden. Christian Clemens und Dominick Drexler finden sich mit dem Österreicher und Terodde immer besser zusammen. Dazu kommen Rollenspieler wie Serhou Guirassy, Vincent Koziello, Niklas Hauptmann oder auch Jhon Cordoba, von denen die restliche Konkurrenz nur träumen kann.

Das Spiel auf St. Pauli hat gezeigt, dass diese Offensive so langsam ins Rollen gerät. Alle Tore, auch die Szene vor dem Elfmeter, waren herausgespielt, basierten nicht auf Zufällen, sondern auf immer deutlicher werdenden Abläufen, wie sie sich Markus Anfang vorstellt. So scheint der FC jederzeit in der Lage, zu- oder zurückschlagen zu können. Auch bei einem Gegner wie dem FC St. Pauli, der für sich in Anspruch nimmt, im oberen Drittel der Zweiten Liga landen zu wollen, waren die Geissböcke nicht nur zu fünf Toren fähig, sondern hatten Großchancen zu mindestens drei weiteren Toren. Dieses Potential dürfte den allermeisten Gegner der Zweiten Liga ernsthafte Kopfschmerzen bereiten – so der FC es denn auch konstant in der Lage sein wird abzurufen.

In Hamburg waren die Spieler dazu bereit –  und das, obwohl es längst nicht gut lief, wie der Zwischenstand von 0:2 zeigte. Doch eine weitere Qualität bestand aus einer Mischung aus Geduld und Glaube an die eigene Stärke. “Wir hatten einen Rückstand im Pokal, als wir gegen einen Underdog zurücklagen und haben es trotzdem konsequent zu Ende gespielt”, resümierte Anfang nach der Partie. “Hier lagen wir auch aus dem Nichts zurück und haben es trotzdem sauber gespielt. Das sagt viel aus.” In der Tat wackelten die Geissböcke zwar bedenklich Mitte der ersten Hälfte. Doch dann legte der FC den Schalter wieder um und fand zum kontrollierten, dominanten Offensivstil zurück. Dieser dürfte der Schlüssel für die kommenden Monate sein, in denen der FC wohl noch häufiger versuchen wird, einfach mehr Tore zu schießen als man kassiert.

[nextpage title=”Der Kontrollverlust und seine Ursachen”]

Das war schlecht

Mehr Tore schießen als man kassiert, besagt aber auch, dass der FC in der Defensive teils zu leichtfertig agiert. In den bisherigen fünf Pflichtspielen stand nur in der ersten Partie hinten die Null. Zwar schoss der FC gleichzeitig auch 20 Tore (neun davon im DFB-Pokal). Doch diese Rechnung muss nicht immer aufgehen. Daher sollte Markus Anfang die Länderspielpause nutzen, um über diverse Fehler zu reden. Nicht nur über individuelle Aussetzer wie den von Marcel Risse vor dem 0:1, der jedem Spieler mal unterlaufen kann.

Es ging um den kurzen Kontrollverlust nach der Anfangsphase, ausgelöst über verlorene Zweikämpfe im Mittelfeld und auf den Außenpositionen. Ob Jannes Horn, Serhou Guirassy, Risse oder Christian Clemens, ob zwischenzeitlich auch Lasse Sobiech oder Rafael Czichos – der FC war im Duell Mann gegen Mann nicht konsequent genug, um sich Paulis Aggressivität zu erwehren. So mussten sich die Geissböcke bei Timo Horn und der mangelnden Chancenverwertung der Gastgeber bedanken, dass das Spiel vor dem Anschlusstor durch Clemens nicht schon entschieden war. Der FC hatte vorne die ersten Gelegenheiten liegen gelassen und war hinten inkonsequent geworden. Das darf den Kölnern in den kommenden Monaten nicht mehr allzu häufig passieren.

Und schließlich dürfte auch die Schlussphase eine kleine Warnung an Anfangs Mannschaft sein. Pauli war in der Lage, dem FC das eigene Spiel aufzuzwingen. Durch Standards, aber auch durch hohes Pressing und ein großes Risiko. Köln war kaum einmal mehr in der Liga sich länger zu befreien. Außer Kontern blieb dem FC nichts anderes übrig als mit Mann und Maus die knappe Führung zu verteidigen. Die Dominanz, die Anfang eigentlich sehen will, war zu diesem Zeitpunkt dahin. Am Ende ging es gut, über den 4:4-Ausgleich hätten sich die Geissböcke aber auch nicht beschweren können. Es bleibt die Lehre aus dem Spiel, dass die Defensive anfällig ist. Und das nicht nur, weil Köln in dieser Saison sehr offensiv denkt.

So geht es weiter

Weiter geht es erst wieder nach der Länderspielpause am 16. September mit dem Heimspiel gegen Aufsteiger Paderborn. Der Sport-Club liegt mit fünf Punkten auf Rang zehn, hat nur eines seiner ersten vier Spiele verloren und kommt mit der Empfehlung von 90 (!) erzielten Toren aus der vergangenen Drittliga-Saison nach Köln. Die Geissböcke werden also keinen gewöhnlichen Aufsteiger im RheinEnergieStadion empfangen, sondern das Team eines offensiv denkenden Trainers Steffen Baumgart, seines Zeichens einstiger Bundesliga-Stürmer.

Bis dahin werden Markus Anfang und seine Spieler an den Stärken und Schwächen der letzten Wochen arbeiten. Insbesondere sollen sich am Donnerstagabend im Testspiel beim SV Wehen Wiesbaden jene Spieler empfehlen, die bislang noch keine große Rolle spielen konnten. Simon Zoller trainierte dafür beispielsweise am Montag bereits individuell am Geißbockheim und übte an seinem Torabschluss. Aber auch andere Spieler wie Jhon Cordoba, Vincent Koziello oder die beiden Rechtsverteidiger Benno Schmitz und Matthias Bader werden froh sein, sich im Wettkampf beweisen zu können.

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