Markus Anfang ist seit neun Monaten Trainer des 1. FC Köln. Der 44-Jährige spricht seit dem ersten Tag von einem Lernprozess, den seine Spieler durchlaufen müssten und in dem man sich immer weiterentwickle. Das Problem der letzten Wochen aber ist: Zwar stimmen seit zwei Spielen die Ergebnisse wieder. In seiner Spielweise entwickelt sich der Effzeh aber zurück. Ein Lernprozess ist, zumindest auf dem Rasen, nicht mehr zu sehen.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Ein Rückblick: vierter Spieltag, der FC auswärts auf St. Pauli, Köln noch in einer 4-1-4-1-Grundordnung. Obwohl die Saison noch jung ist, begeistern die Geissböcke mit gnadenlosem Offensivfußball. Ja, Pauli geht mit zwei Toren in Führung. Doch das Gefühl lässt den Betrachter nicht los, dass nur eine Mannschaft dieses Spiel gewinnen kann: der 1. FC Köln. Weil der FC fast im Minutentakt Chancen herausspielt, weil Pauli gegen die Abläufe der Geissböcke keine Mittel findet, weil die offensiven Automatismen bereits überzeugend gut funktionieren, weil nicht nur Simon Terodde trifft, sondern weil die gesamte Mannschaft (bis auf die Verteidigung der Konter) zu wissen scheint, was sie zu tun hat.
Ein halbes Jahr später ist den Spielern dieses Wissen offensichtlich abhanden gekommen. Ein Lernprozess sieht zwar durchaus vor, dass man manchmal einen Schritt zurück machen muss, um anschließend zwei voranzukommen. Doch die Rückentwicklung der spielerischen Abläufe beim Effzeh ist unübersehbar. Der 1. FC Köln gewinnt seine Spiele nicht mehr wegen taktischer oder spielerischer Überlegenheit, sondern wegen der individuellen Klasse einiger weniger Spieler. Die offensiven Abläufe in der 3-5-2-Grundordnung schlummern irgendwo in den Hinterköpfen der Spieler, abrufen können sie diese aktuell kaum mehr. Einstudierte und wiederkehrende Muster finden sich kaum noch. Ob gegen Sandhausen oder gegen Aue, selbst gegen diese Gegner fand der FC nicht zu der Spielkultur, die nötig wäre, um als Favorit in der Zweiten Liga souverän aufzutreten.
Wieder einmal fast das frühe Gegentor
Frappant ist aber nicht nur der Einbruch der kollektiven Qualität. Beunruhigend kommt daher, dass eine hochkarätig besetzte Mannschaft wie der 1. FC Köln seit Wochen fast in jedem Spiel zu Beginn die Abwehrarbeit verweigert. Nach den frühen Gegentoren gegen Bochum und Berlin hatten Markus Anfang und Armin Veh an die Mannschaft appelliert, endlich wieder hellwach in die Partien zu starten. Gegen Sandhausen fiel daraufhin direkt wieder ein frühes Gegentor. Und hätte Timo Horn in Aue keinen guten Tag erwischt, hätte der FC Erzgebirge in den ersten vier Minuten gleich zwei Treffer erzielen können. Lernprozess? Fehlanzeige!
Markus Anfang weist in solchen Momenten gerne darauf hin, dass auch der FC früh im Spiel sich Chancen erarbeitet habe – gegen Sandhausen (Cordoba) wie auch in Aue (Terodde). Doch das darf man, bei allem Respekt vor den Gegnern, vom 1. FC Köln in der Zweiten Liga ebenso erwarten wie eine konzentrierte Abwehrleistung. Die Ergebnisse stimmen seit zwei Spielen wieder. Ob diese unschönen 180 Minuten aber der eine Schritt zurück waren, um als nächstes zwei nach vorne zu machen und wieder ansehnlichen Fußball zu bieten, steht zumindest in Zweifel. Denn schon in den letzten Monaten halfen positive Ergebnisse den Spielern nicht, ihr Niveau über eine längere Phase zu stabilisieren. Mit Blick auf das nackte Ergebnis heiligte der Zweck zuletzt zwar die Mittel. Doch die kurzfristige Erfolgsnot als Ausrede für die spielerische Armut zu suchen, wäre auf längere Sicht scheinheilig.
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