Anthony Modeste bekam nur wenig Unterstützung aus dem Mittelfeld. (Foto: Imago/Dennis Hetzschold)

Dresden-Debakel als deutliche Warnung an Armin Veh

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Mit einer erschreckend schwachen Leistung hat sich der 1. FC Köln in Dresden selbst um eine mögliche Aufstiegsfeier gegen Darmstadt 98 gebracht. Doch weniger die verpasste Vorentscheidung machte am Sonntag Sorgen, als viel mehr die Art und Weise, wie die Kölner aufgetreten waren. Das 0:3 war ein klarer Schuss vor den Bug und eine deutliche Warnung an Armin Veh, dass dieser Kader weit davon entfernt ist, Bundesliga-tauglich zu sein. 

Dresden/Köln – Nach sechs Siegen in Folge schien alles nur noch eine Frage der Zeit zu sein, ehe die Kölner den Aufstieg perfekt machen würden. Doch schon die zwei Unentschieden gegen den MSV Duisburg und den Hamburger SV legten einen ersten Schleier über die zaghaft aufkommende Aufstiegsstimmung. Die Leistungsverweigerung in Dresden wischte diese dann gänzlich vom Tisch. Die Vorstellung in Dresden war im Zustandekommen wie auch im Ergebnis ein klarer Fingerzeig, dass im Sommer auf fast allen Positionen nachgebessert werden muss.

Defensive nicht Bundesliga-tauglich

Dynamo Dresden demonstrierte am Ostersonntag, wie man diesen Effzeh knacken kann – und wo die größten Baustellen im Kölner Kader liegen. Die FC-Defensive wurde unzählige Male mit einfachen Bällen überspielt. Den schnellen Berko und Duljevic konnten Meré, Czichos, Höger und Geis meist nur hinterher schauen. Die Gegentore zum 0:1 und 0:2 waren beispielhaft für das, was der FC schon gegen den MSV Duisburg erlebt hatte: Zwei lange Bälle aus der eigenen Hälfte heraus, einfache Zweikampfgewinne im Mittelfeld und schon waren die Schwarz-Gelben auf und davon in Richtung Timo Horn.

Markus Anfang sprach in dieser Saison immer wieder davon, wie stark die Zweite Liga sei. Doch zur Erinnerung: Am Sonntag in Dresden liefen die Topstürmer der Liga nicht beim Gegner auf, sondern beim FC. Mit Erich Berko schoss ein Spieler gegen Köln zwei Tore, der in 24 Einsätzen zuvor gerade einmal vier Treffer erzielt und eines vorbereitet hatte. Haris Duljevic hatte in 20 Spielen zuvor gar noch überhaupt nicht getroffen, machte dann aber mit der Kölner Abwehr, was er wollte. Ganz so, als sei er der 28-Tore-Stürmer, den man eigentlich in den Reihen des FC vermutet hatte. Und der MSV zehn Tage zuvor war sogar die schlechteste Offensive der Liga gewesen und hatte trotzdem viermal getroffen. Wenn es schon unterdurchschnittlichen Zweitliga-Mannschaften wie Dresden (mit Atik, Berko und Duljevic) oder Duisburg (mit Stoppelkamp, Souza und Iljutcenko) gelingt, drei respektive vier Tore gegen den Tabellenführer zu erzielen, schwant einem Böses, wenn man auf die Offensivkräfte der besten Bundesliga-Mannschaften schaut. Nicht auszudenken, was die Angriffsreihen des FC Bayern oder Borussia Dortmund am Sonntag mit den Geissböcken angerichtet hätten.

Fast auf allen Positionen Handlungsbedarf

Für die Bundesliga jedenfalls hat der 1. FC Köln in der Defensive auf allen Positionen großen Handlungsbedarf. Benno Schmitz und Matthias Bader spielen schon seit Monaten keine Rolle mehr. Frederik Sörensen wurde vom Verein abgeschrieben, obwohl er neben Jorge Meré der einzige Verteidiger im Kader ist, der seine Bundesliga-Tauglichkeit schon nachgewiesen hat. Rafael Czichos und Lasse Sobiech können dies noch nicht von sich behaupten und bekamen zuletzt in der Zweiten Liga ernsthafte bis besorgniserregende Probleme mit schnellen Gegenspielern. Jonas Hectors Klasse ist unbestritten, allerdings gibt es seine beste Position als Linksverteidiger aktuell nicht. Und für Jannes Horn gilt, was für Schmitz und Bader ebenso gilt.

Dazu kommt das große Loch, das sich im defensiven Mittelfeld auftut. Marco Höger ist ohnehin dort und nicht auf der Vier zuhause, doch auf beiden Positionen schon in der Zweiten Liga läuferisch ebenso unterlegen wie Johannes Geis. Höger zumindest gilt jedoch als wichtiger Routinier im Kölner Kader, der zudem noch über einen Vertrag bis 2021 verfügt. Der Vertrag von Matthias Lehmann hingegen wird nicht verlängert werden, und auch Salih Özcan steht wohl vor dem Absprung, nachdem er es erneut nicht in den Kader geschafft hatte. Zudem bestätigte Geis am Sonntag in Dresden die Zweifler, die ihm keinen neuen Vertrag geben würden. Armin Veh muss sich gut überlegen, ob er mit dem ehemaligen Schalker verlängern will. Für die Bundesliga braucht es auf dieser Position Zweikampfstärke und Schnelligkeit. Die alleinige Fähigkeit, gute Standards zu schießen und in unbedingten Momente geniale Pässe zu spielen, darf kein ausreichender Grund für einen neuen Kontrakt sein.

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Klare Botschaft an den Geschäftsführer

Auch die Kölner Offensive stand Dynamo Dresden am Sonntag gekonnt aus dem Spiel zu nehmen. Dominick Drexler und Louis Schaub wurden zugestellt, so dass kaum Bälle bei Simon Terodde und Anthony Modeste ankommen konnten. Über die Außen fehlte es dem FC zudem an Durchschlagskraft und Tempo. Und da es auf allen Positionen an Laufbereitschaft fehlte, konnten keine freien Räume geschaffen werden. Das gesamte FC-Team bekam von den Dresdenern nicht nur die eigenen Schwachstellen aufgezeigt, sondern auch eine Demonstration in Sachen Leidenschaft und Mentalität. Während Dynamo alles in die Waagschale warf, um die noch verbleibenden Punkte bis zum Klassenerhalt einzufahren, vermisste man bei den Kölnern jegliches Aufbäumen gegen die Niederlage. Dabei hätte ein Punkt genügt, um mit einem Sieg gegen Darmstadt gemeinsam mit den Fans den Aufstieg feiern zu können. Doch auch das schien an diesem Tag nicht Ansporn genug zu sein.

Für Sportchef Armin Veh sollte die Leistung der Kölner am Sonntag eine klare Botschaft gewesen sein, um vier Spieltage vor dem Ende der Zweitligasaison die künftige Ausrichtung für die Bundesliga noch einmal zu hinterfragen. Personell genauso wie strukturell, auch mit Blick auf die geplante Grundordnung auf dem Rasen. Wollen die Kölner auch in der Ersten Liga offensiv ausgerichtet und mit einer Dreierkette agieren, würde sich dies selbstredend auch auf die Kaderplanung und Transferpolitik im Sommer auswirken. Verzichtet man beispielsweise weiter auf eine Viererkette, wäre es nicht zwangsläufig notwendig, sich nach einem neuen Rechtsverteidiger umzusehen, da es diesen in dieser Formation ohnehin nicht gibt. Darüber hinaus wird sich der Sport-Geschäftsführer wohl noch einmal die Frage beantworten müssen, ob er Markus Anfang, Tom Cichon und Florian Junge als Trainerteam in dieser Besetzung die Bundesliga zutraut.

Warnung zum richtigen Zeitpunkt

Äußern wollte sich Armin Veh nach dem Debakel in Dresden nicht. Für den Geschäftsführer dürfte es allerdings nun nochmal an der Zeit sein, zumindest intern für ein Donnerwetter zu sorgen wie nach den Pleiten beim HSV in der Hinrunde und dem 2:3 in Paderborn. Denn auch, wenn die Kölner am Ende der Saison aller Voraussicht nach ihr Ziel souverän erreichen werden, darf der Aufstieg nicht über die offensichtlichen Probleme im Kader hinwegtäuschen. Zwar hatte der Effzeh in dieser Saison schon vor der Pleite in Dresden sechs Spiele verloren. In keiner anderen Partie leistete sich die Mannschaft jedoch einen solchen Offenbarungseid wie am Sonntag an der Elbe.

Im März 2001 sagte Franz Beckenbauer nach einem 0:3 des FC Bayern München in der Champions League bei Olympique Lyon auf dem anschließenden Festbankett: „Das war eine Uwe-Seeler-Traditionself, das war reiner Altherren-Fußball. Wir haben Fußball wie vor 30 Jahren gespielt.“ Über die 90 Minuten in Dresden an Ostersonntag fühlte man sich an Beckenbauers Worte von vor 18 Jahren erinnert. Ähnlich leblos und lethargisch agierten die Kölner an diesem Tag gegen Dynamo Dresden. Eine Leistung, die Konsequenzen nach sich ziehen muss, wenn nicht unmittelbar, dann aber perspektivisch. Insofern kam sie womöglich genau richtigen Zeitpunkt. Denn wäre der Aufstieg womöglich schon gegen Dresden oder spätestens gegen Darmstadt realisiert worden, hätte ein solcher Auftritt in den dann folgenden Spielen nicht mehr mit der gleichen Konsequenz beurteilt werden können wie zu einem Zeitpunkt, in dem es für den Effzeh noch um das Erreichen des Saisonzieles geht. Armin Veh stehen jedenfalls arbeitsreiche und intensive Wochen bevor, in denen er sich genau überlegen muss, wie er sein persönliches Ziel erreichen kann: nach dem Aufstieg den Kölner Fahrstuhl zu stoppen, ehe er wieder nach unten führen kann.

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