Beim 1. FC Köln, so heißt es dieser Tage, steigen aus den drei höchsten Nachwuchsmannschaften so viele vielversprechende Talente auf wie seit vielen Jahren nicht mehr. Diese Entwicklung ist für den Effzeh aber auch eine Verantwortung. Insbesondere die U21 muss endlich stabil aufgestellt werden, um den Talenten Raum und Zeit für ihre Entwicklung zu geben. Sonst droht der Erfolg im Nachwuchs zu verpuffen.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Die U19 des 1. FC Köln ist in dieser Saison einfach nicht klein zu kriegen. Trotz eines 0:2-Rückstands gegen Borussia Dortmund holten die Jung-Geissböcke am Samstag noch einen Punkt und verteidigten mit dem 2:2 die Tabellenführung vor dem BVB (einen Punkt Vorsprung) und dem FC Schalke 04 (drei Punkte). Der Einzug in die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft ruft – genauso wie bei der U17, die mit 6:0 bei Rot-Weiß Essen gewann und mit vier Punkten Vorsprung auf den dritten Platz als Zweiter ebenfalls beste Chancen auf die Endrunde besitzt.
Derweil siegt sich die U21 aus dem Tabellenkeller und feierte am Freitag nach den Erfolgen über Borussia Mönchengladbach II und Borussia Dortmund II einen verdienten Derbysieg bei Viktoria Köln. Die Mannschaft von André Pawlak ist im Vergleich zur Hinrunde nicht mehr wiederzuerkennen, und man bekam am Freitagabend in Höhenberg eine ungefähre Vorstellung davon, wie wertvoll die U21 für den Effzeh sein könnte für die Entwicklung von Talenten, wenn das Team nicht jedes Jahr aufs Neue gegen den Abstieg spielen würde. Aus Misserfolgen mag man zwar lernen, was durchaus wichtig für Fußballer sein kann. Im Alter zwischen 18 und 21 jedoch kann der Druck im Abstiegskampf auch schon mal Karrieren verhindern. Und so ist der FC gefordert, in den kommenden Wochen endlich aus den jahrelangen Fehlern zu lernen und den Talenten ein tragfähiges Gerüst aus erfahrenen Spielern für die Regionalliga zu geben.
Beispiel Ciftci: Vertrag läuft aus – und nun?
Denn das braucht der FC, wie ein Blick in die Kader der Jugendmannschaften zeigt. Alleine in der U16, U17 und U19 tummeln sich bei den Geissböcken aktuell über ein Dutzend Junioren-Nationalspieler aus Deutschland und aller Welt. Mit Darko Churlinov hat es ein U19-Talent gar schon in die A-Auswahl seines Landes geschafft. Von Churlinov über Noah Katterbach bis zu den diversen Nachwuchs-Nationaltorhütern in den eigenen Reihen ergibt sich, so heißt es beim FC, auf die nächsten drei Jahre ein Schub an lange nicht mehr da gewesenen Talenten. Alle können es freilich nicht zu den Profis schaffen, doch für sie alle muss der FC eine Lösung finden, um sich über die U19 und U21 kontinuierlich aufzubauen.
Ein Beispiel ist Hikmet Ciftci. Der Deutsch-Türke hätte eigentlich im Sommer 2018 mit den Profis trainieren und zum Sprung nach oben ansetzen sollen, hatte dann aber lange mit Verletzungen zu kämpfen. Erst seit Mitte Oktober ist er wieder fit. Doch seitdem hat der 21-Jährige eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht, ist als ball- und passsicherer Sechser im System von Pawlak einer der Schlüsselspieler. Zuletzt wurde er für seine guten Leistungen belohnt und in die türkische U21-Nationalmannschaft berufen. Sein Vertrag beim FC aber läuft im Sommer aus. Bislang folgte man bei den Geissböcken der Devise, dass jeder Spieler aus dem Nachwuchs zwei Jahre Zeit bei der U21 bekommen sollte. Die wären für Ciftci nun vorbei. Doch gerade die Entwicklung des Mittelfeldspielers und das sichtbare Potential müssten eigentlich dazu führen, dass der FC dem 21-Jährigen einen neuen Vertrag gibt. Für die U21 wäre er in der kommenden Saison ein wichtiger Teil des Gerüsts. Für die Profis könnte sich in ihm noch ein spannender Spieler entwickeln, sollte er gesund bleiben. Das Risiko für den Klub wäre gering, die Chance für beide Seiten hoch. Doch wollen die Verantwortlichen das wirklich?
Talente brauchen eine Perspektive
Wie ernst sie es mit dem Neuaufbau im Nachwuchs meinen, wird unter anderem die Personalie Ciftci zeigen. Darüber hinaus gibt es weitere Beispiele, anhand derer man im Sommer wird ablesen können, wohin es mit dem FC-Nachwuchs gehen soll. Noch zögern diverse U19-Talente, ob sie wirklich im Sommer in der U21 spielen wollen. Das liegt einmal mehr am Absturz, den die Regionalliga-Mannschaft in dieser Saison hingelegt hatte. Nur ein schlüssiges Konzept für eine bessere Zukunft der U21 unter André Pawlak würde die besten Talente überzeugen, dass die zweite Mannschaft des FC wirklich zum Sprungbrett zu den Profis dienen könnte. Spieler wie Tomas Ostrak und Nikolas Nartey beispielsweise, auf deren Positionen die Profis zahlreich besetzt sind, brauchen eine Perspektive, die über den Abstiegskampf in Liga vier hinaus geht.
Ein gutes Zeichen ist bereits, dass Sportchef Armin Veh einigen Spielern aus der U19 die Tür zu den Profis direkt öffnet. So sollen Nartey, Katterbach und Churlinov ab dem Sommer fester Bestandteil der ersten Mannschaft werden. Die drei Talente haben es dem Sport-Geschäftsführer angetan. Über Katterbach schwärmte Veh im GBK-Interview: “Ich halte von Noah sehr viel. Ich plane ihn für die nächste Saison fest im Profikader ein, weil ich davon überzeugt bin, dass er es früh bei uns schaffen kann. Noah ist ein Talent, das ein Gesamtpaket mitbringt, um es in der Bundesliga zu schaffen”, sagte Veh, fügte jedoch hinzu: “Aber es macht immer nur dann Sinn, Talente fest einzuplanen, wenn sie auch die Chance haben zu spielen.” Andernfalls muss der FC ihnen andere Optionen bieten. Daran arbeitet man am Geißbockheim offenbar. Bei dem Erfolg im Nachwuchs und den vielen aufstrebenden Talenten ist das auch dringend nötig.
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