Jonas Hector enttäuscht nach dem 4:4 gegen Duisburg. (Foto: Imago/MaBoSport)

Zwischen Euphorie und Sorge: Eine unangenehme Wahrheit

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Der 1. FC Köln steht vor der Rückkehr in die Bundesliga. Aber sind die Geissböcke auch schon Bundesliga-tauglich? Wohl kaum, betrachtet man die offenbarten Schwächen aus den Spielen in Duisburg und gegen den HSV. Die unangenehme Wahrheit lautet: Gegen die fünf anderen Teams aus den Top sechs der Zweiten Liga hat Köln nur zehn von möglichen 30 Punkten geholt.

Köln – Zehn Punkte Vorsprung und ein wesentlich besseres Torverhältnis als der drittplatzierte Union Berlin: Wohl nur die größten Pessimisten glauben weiter daran, dass der 1. FC Köln in den verbleibenden fünf Spielen den Aufstieg noch verspielen könnte. Und das, obwohl die Kölner zuletzt mit zwei Unentschieden gegen einen Abstiegskandidaten und den direkten Verfolger zwei Matchbälle haben liegen lassen.

Sorgen statt Euphorie

Trotz des großen Vorsprunges bleibt die Aufstiegseuphorie im Umfeld des Effzeh derzeit aus. Während sich Rafael Czichos nach der Punkteteilung gegen den Hamburger SV noch über die Pfiffe der eigenen Fans nach Spielende wunderte (hier mehr dazu), verärgerte die Anhänger wohl eher die Art und Weise, wie die Kölner in der zweiten Halbzeit aufgetreten waren und die Führung sowie die Vorentscheidung um die Zweitliga-Meisterschaft verspielt hatten. Nach wie vor stehen die Geissböcke souverän an der Tabellenspitze und laufen zumindest im letzten Drittel der Saison keine Gefahr mehr, den Aufstieg noch zu verspielen. Auch Armin Veh bezeichnete seine Mannschaft unlängst als die beste der Liga, und damit sollte der Geschäftsführer wohl auch Recht behalten. Umso größer ist jedoch auch die Erwartungshaltung, mit diesem Kader in einer diese Saison wohl eher schwächeren Zweiten Bundesliga vorne weg zu marschieren.

Dass die wohl stärkste Mannschaft der Zweiten Liga nicht unbedingt eine Tauglichkeit für die Bundesliga besitzt, haben schon viele Aufsteiger vor dem FC erfahren müssen – auch der FC selbst. Aktuell bewegen sich viele FC-Fans daher zwischen der Freude über die bevorstehende Rückkehr in die Bundesliga und der Sorge, im kommenden Jahr nicht mithalten zu können. Diese Sorge speist sich aus den Leistungen der letzten beide Spielen und aus jenen gegen die weiteren Top-Teams der Liga. Die Kölner konnten gegen die fünf Mannschaften, die in der Tabelle direkt hinter dem Effzeh liegen, nur zehn von 30 möglichen Punkten einfahren. In besagten Spielen gegen den HSV, Union Berlin, Paderborn, Kiel und Heidenheim punktete der Effzeh lediglich in der Rückrunde gegen Kiel und Heidenheim dreifach. Gegen Paderborn setzte es zwei Niederlagen, gegen Hamburg und Berlin sprang nach zwei Partien jeweils ein magerer Punkt heraus.

Nicht alle Neuzugänge überzeugen

Armin Veh dürfte inzwischen erkannt haben, dass nicht alle Neuzugänge eingeschlagen sind – was freilich normal ist und zum Geschäft gehört. Aber er dürfte auch erkannt haben, dass der FC bedenkliche Schwächen im Kader aufweist, gerade in der Defensive. Die Spiele gegen Duisburg und Hamburg lieferten dafür besten Anschauungsunterricht. In der Abwehr wiesen die Kölner gegen viele Gegner teils frappante Schnelligkeitsdefizite auf. Nicht immer konnten diese durch gutes Stellungsspiel kompensiert werden. Die einzig beiden überdurchschnittlich schnellen Verteidiger im Kader des Effzeh heißen Matthias Bader und Jannes Horn. Beide jedoch spielen in den Überlegungen der Verantwortlichen keine Rolle. Da Jorge Meré momentan auf die rechte Seite ausweichen muss, zieht mit Marco Höger ein gelernter Sechser die Fäden in der Innenverteidigung. Zwar besticht der gebürtige Kölner mit klugen Pässen im Spielaufbau, doch auch ihm fehlt es gegen schnelle Stürmer an Geschwindigkeit und Wendigkeit. Insbesondere in der Bundesliga legen die Vereine bei ihren Transfers inzwischen enormen Wert auf Spieler, die mit hohem Tempofußball agieren können – auch gegen den Ball.
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Defensive Stabilität leidet unter Offensiv-Power

Zwar ist es mitunter normal, dass die defensive Stabilität unter einer großen Offensivkraft leidet, dennoch sind 36 Gegentreffer für einen Spitzenreiter der Zweiten Liga kein geringer Wert. Dies liegt insbesondere auch daran, dass im derzeitigen 3-5-2-System die beiden Flügelspieler eher offensiv als defensiv ausgerichtet sind. Mit Marcel Risse hätte der Effzeh eigentlich einen prädestinierten Kandidaten für die rechte Seite im Kader, der 29-Jährige kommt nach seinen zahlreichen Knieverletzungen jedoch nicht mehr richtig in Tritt. Auch er hat seine einstige Schnelligkeit verloren. Auf der linken Seite wiederum konnte Winter-Neuzugang Florian Kainz zwar bislang gute Ansätze zeigen, aber noch wenig Ertrag aus seinem Aufwand schlagen. Zudem präsentierte sich der ehemalige Bremer defensiv nicht besonders stabil, wie beim frühen 0:1-Gegentor beim MSV Duisburg, als er Stoppelkamp nur begleitete anstatt ihn beim Abschluss zu stören. Auch hier wäre mit Jonas Hector auf links eine mehr als taugliche und defensiver denkende Alternative im Kader, doch zieht es Anfang derzeit vor, den ehemaligen Nationalspieler neben Dominick Drexler im zentralen Mittelfeld auflaufen zu lassen. Abzuwarten bleibt auf der linken Seite dabei, inwieweit Noah Katterbach für die kommende Saison im Profibereich bereits eingeplant ist und ob der ebenfalls defensiver denkende und schnelle Tim Handwerker von seiner Leihe aus Groningen zurückkehrt.

Frühe Planungssicherheit bringt Vorteile

Zwar betonte Armin Veh bereits, dass er letztjährige Sommer-Neuzugänge wie Lasse Sobiech, Rafael Czichos, Benno Schmitz und Matthias Bader auch für die Bundesliga geholt hätte. Nach den wackligen Auftritten mit vier Gegentoren gegen das Tabellenschlusslicht sowie acht Gegentreffern in zwei Spielen gegen Paderborn, dürfte der Geschäftsführer seine Überlegungen für die kommende Saison jedoch noch einmal überdenken. Zuletzt hatte er im Interview mit dem GEISSBLOG.KOELN bereits angedeutet, dass man im Laufe einer Saison neue Bewertungen vornehmen müsse (mehr dazu hier).

Das dürfte auch das defensive Mittelfeld betreffen. Zwar wusste Johannes Geis bislang durchaus zu gefallen. Doch auch er weist ähnliche Defizite im Läuferischen auf wie Höger. Ein schneller und zweikampfstarker Abräumer vor der Abwehr würde dem Spiel des Effzeh durchaus guttun und wird eigentlich schon seit mehreren Jahren gesucht. Insgesamt können die Kölner mit dem bisherigen Saisonverlauf eigentlich überaus zufrieden sein. Die Dominanz der letzten Wochen hat jenes Loch zur Konkurrenz reißen lassen, das sich alle erhofft hatten. Nicht umsonst betonte Markus Anfang nach dem 1:1 gegen Hamburg, dass wohl jeder FC-Fan vor der Saison einen Zehn-Punkte-Vorsprung auf Rang drei fünf Spieltage vor Schluss mit Handkuss genommen hätte. Dennoch ist in dieser Saison deutlich geworden, dass der Kader für die Bundesliga noch einige Schwachstellen aufweist. Ein zweiter Umbruch im Sommer wird sich wohl kaum vermeiden lassen. Durchaus vorteilhaft ist, dass Armin Veh mit den Personalplanungen für die kommende Bundesliga-Saison längst beginnen konnte.

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