Henriette Reker hält einen Ausbau des Geißbockheims für kaum mehr vorstellbar. Damit hat die Oberbürgermeisterin Kölns eine 180-Grad-Wende in ihrer Politik betrieben. Alexander Wehrle hingegen erklärte, die Frage nach alternativen Orten für ein neues FC-Zuhause stelle sich nicht. Das muss der Geschäftsführer des 1. FC Köln während des noch laufenden Verfahrens auch sagen. Doch für Wehrle und auch für den künftigen FC-Vorstand heißt Rekers Kehrtwende: Die Geissböcke müssen komplett umdenken.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Alles hängt am Geißbockheim-Ausbau. Schon seit Jahren. Auch die Stadion-Frage. Alles hängt an der wackeligen, weil rechtlich schwer prognostizierbaren Vorhersage, ob der FC irgendwann die Zusage für den Ausbau am Geißbockheim bekommen wird – oder nicht. Seit nunmehr vier Jahren durchläuft der Klub ein politisch langwieriges Verfahren, das am Ende noch nicht einmal echte Rechtssicherheit garantieren kann. Nur eine Sicherheit gibt es: Entweder der Ausbau kommt oder der FC ist zu einem Umzug an einen anderen Standort gezwungen.
Es kann keine zwei Meinungen geben: Das Geißbockheim in der heutigen Größe und im heutigen Zustand wird für den 1. FC Köln von Saison zu Saison zu einem immer größeren Wettbewerbsnachteil. Dieser Realität müssen sich alle Beteiligten – von den Verantwortlichen beim FC über die Fans bis hin zur Politik – stellen. Ein Aus des Geißbockheim-Ausbaus müsste daher zwingend auch ein Aus für den Standort Geißbockheim bedeuten – mindestens für entweder den Nachwuchs oder die Profis, wenn nicht gar für beide Abteilungen. Ohne weitere Plätze und ohne ein modernes Leistungszentrum würde der FC in nur wenigen Jahren den Anschluss an die Bundesliga-Elite komplett verlieren. Das ist kein Drohszenario, sondern eine Tatsache, wenn man sieht, unter welchen Top-Bedingungen selbst kleine Klubs wie Paderborn inzwischen trainieren. Der FC hinkt schon jetzt meilenweit zurück.
Zwingt die Politik den FC zum vollständigen Umzug?
Neben dem Geißbockheim-Ausbau geht es dem 1. FC Köln perspektivisch freilich auch noch um ein zweites Infrastruktur-Projekt: das Stadion. Auch, wenn die Pläne für den Geißbockheim-Ausbau und die Stadion-Diskussion um den Standort Müngersdorf auf den ersten Blick nichts direkt miteinander zu tun haben, hängen beide Projekte doch eng zusammen. Denn: Bleibt der FC mit den Profis und dem Nachwuchs am Geißbockheim, gibt es für die Geissböcke überhaupt keinen Grund, sich ernsthaft mit einem Wegzug aus Müngersdorf und einem Stadionneubau zu beschäftigen. Eine Genehmigung des Geißbockheim-Ausbaus käme somit praktisch einer Müngersdorf-Garantie für das Stadion gleich. Denn sollte der Ausbau des Trainingszentrums erfolgen, hätte der FC im Grüngürtel alles, was es für einen professionellen Fußballbetrieb bräuchte, und es würde dem Klub lediglich um die Frage gehen, ob der FC anschließend das RheinEnergieStadion auch noch kaufen und in weiteren Schritten modernisieren und ausbauen könnte.
Sollte der FC aber keine Zusage für den Geißbockheim-Ausbau erhalten, wären die Verantwortlichen zum Umdenken gezwungen. Dann gäbe es aus Sicht des Klubs nur drei Lösungen: Erstens die unpraktische Aufteilung mit dem Verbleib der Profis am Geißbockheim und dem Neubau eines Trainingsgeländes für den Nachwuchs an anderer Stelle. Zweitens der Bau eines komplett neuen Trainings- und Geschäftsgeländes an einem anderen Standort für alle Bereiche – vom Nachwuchs über die Profis bis zum Vereinsheim und der Geschäftsstelle. Das Stadion würde in beiden Fällen in Müngersdorf verbleiben, das Geißbockheim im Grüngürtel hingegen im zweiten Falle aufgegeben. Drittens könnte sich der FC aber auch für das ganz große Rad entscheiden, für den Neubau einer neuen Heimat auf einer freien Fläche am Rande der Stadt Köln – inklusive eines neues Stadions.
Vorstand und Geschäftsführung brauchen einen Plan B
Dies muss zunächst wertfrei betrachtet werden. Wenn sich Politik und Bürger gegen Veränderungen am Geißbockheim und am Stadion aussprechen und im Zweifel alle juristischen Optionen bereit sind auszuschöpfen, um die Vorhaben des FC zu stoppen, so ist dies ihr gutes Recht. Der 1. FC Köln müsste dann aber aus unternehmerischer Pflicht entscheiden, ob sich dadurch die zwingende Notwendigkeit ergeben würde, an einem anderen Platz der Stadt zu bauen. Und wenn ja, in welchem Umfang. Werner Wolf, Jürgen Sieger und Eckhard Sauren, der designierte Vorstand ab dem 8. September, haben sich bekanntermaßen gegen den Neubau eines Stadions an anderer Stelle ausgesprochen und ein solches Projekt für unrealistisch erklärt. Allerdings ging das Trio bislang davon aus, dass ein Geißbockheim-Ausbau realisierbar sei. So wie die beiden Geschäftsführer Alexander Wehrle und Armin Veh. Das Quintett wird sich nach der Wahl im September zusammensetzen und klären müssen, was nun zu tun sein wird. Noch ist der Geißbockheim-Ausbau freilich möglich. Henriette Reker kann das Projekt nicht im Alleingang stoppen. Der FC braucht jedoch zwingend einen Plan B und möglicherweise auch einen Plan C. Denn sicher ist aktuell nur: Bliebe alles beim Alten, bliebe das Geißbockheim so, wie es ist, und bliebe das Stadion so, wie es ist, inklusive der Besitzverhältnisse, dann wäre diese Lösung für den 1. FC Köln kaum zukunftsfähig.
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