Jonas Hector wird von seinen Teamkollegen gefeiert. (Foto: Mika Volkmann)

Das Außergewöhnliche mit dem Grundsätzlichen erreichen

Markus Gisdol reckte die Faust in den dunkel gewordenen Nachmittagshimmel über Köln. Seine Mannschaft hatte mit 3:1 (2:0) gegen den VfL Wolfsburg gewonnen. Wieder ein Sieg. Wieder drei Punkte gegen den Abstieg. Vor allem aber: Wieder ein Erfolg mit einfachen Mitteln. Mit dem eigentlich Erwartbaren. Mit dem, was man in einem Mannschaftssport grundsätzlich voraussetzen kann. Und was der FC nun derart gut betreibt, dass er auch mit Rückschlägen wird umgehen können.

Ein Kommentar von Marc L. Merten

Die Süddeutsche Zeitung erinnerte am Sonntag daran, was damals noch galt, als der FC letztmals in der Bundesliga vier Spiele in Folge gewann: Die Deutschen zahlten im Dezember 2000 noch mit der D-Mark. So lange ist das also schon her. Und so außergewöhnlich für die Geissböcke. Dabei leistet die Mannschaft von Markus Gisdol gerade nichts Außergewöhnliches – zumindest nicht fußballerisch. Technische Brillanz darf man nicht erwarten, auch keine Dominanz, keine genialen Spielzüge, Tricks oder Kabinettstückchen. Viel mehr sieht man die Grundtugenden einer jeden Mannschaftssportart: körperliche Höchstleistung gepaart mit Wille und dem Glauben an die eigene Stärke.

In einer Bundesliga, in der nur zwei, drei Teams so etwas wie eine Aura der weltlichen Überlegenheit ausstrahlen, reichen diese Qualitäten mitunter schon aus, um am Wochenende in regelmäßigen Abständen für Überraschungen sorgen zu können. Wer bereit ist, gegen Mannschaften wie Wolfsburg, Leverkusen, Frankfurt oder Bremen in Sachen Lauf- und Kampfbereitschaft alles aus sich herauszuholen, den erwarten Belohnungen in Form von Punkten. Markus Gisdol wusste das, als er beim FC anfing. Und er arbeitete mit seiner Mannschaft in Ruhe darauf hin. Nun wird geerntet.

Wir sind fitter als andere Mannschaften

Deswegen war es im vergangenen Sommer ja so erstaunlich zu sehen, dass der FC nicht fit in die Saison gegangen war. Dabei ist das körperliche Training doch das Einfachste, ehe mannschaftstaktische Dinge und fußballerisch individuelle Qualitäten oben drauf kommen. Ausdauer, maximale Belastbarkeit, hohe Regenerationsfähigkeit, dazu Robustheit für eine harte Zweikampfführung – all das lässt sich mit Profisportlern, die einem Verein prinzipiell immer zur Verfügung stehen, eigentlich gut trainieren. Man muss es nur wollen. Alle zusammen. Dieser Wille ist nun da. Und er wird vorgelebt. Vom Trainerteam, von einigen Spielern, gerade von den Jüngsten im Team, von Ismail Jakobs, Noah Katterbach, aber auch von Jhon Cordoba oder Sebastiaan Bornauw, zwei Modellathleten.

Vor einigen Wochen gestanden die FC-Profis noch hinter vorgehaltener Hand, sie seien nicht fit genug. Nun sagte Jakobs: “Wir sind fitter als andere Mannschaften.” Besser könnte man den Wandel, den der FC durchgemacht hat, wohl kaum beschreiben. Eine Rolle spielt dabei freilich auch das, was Rafael Czichos unter der Woche betont hatte: “Da spielt der Kopf auch eine Rolle.” Inzwischen sitzt dieser bei allen FC-Spielern wieder an der richtigen Stelle. Gisdol musste ihn bei einigen FC-Profis nach der Pleite gegen Union Berlin zurechtrücken. Seitdem aber funktioniert es. Es läuft. Im wahrsten Sinne.

Das ist deshalb so wichtig, weil es beim FC zumindest in den Ergebnissen der Rückrunde auch mal wieder Rückschläge geben wird. Vier Siege in Folge gelangen zuletzt im Jahr 2000, für fünf Siege muss man schon in die Saison 1984/85 zurückgehen. Damals hatte noch Ex-Vizepräsident Toni Schumacher im Tor gestanden. Ja, so lange ist das schon her. Der 1. FC Köln wird in den kommenden Wochen also auch wieder Spiele nicht gewinnen, er wird auch wieder Spiele verlieren. Das ist durchaus realistisch, zumal es in den kommenden vier Wochen unter anderem gegen Dortmund, Mönchengladbach und die Bayern geht. Doch der FC wird damit, sobald es eben wieder passieren sollte, viel gelassener umgehen können als noch vor einigen Wochen.

Erstens, weil der 1. FC Köln dank der vier Siege tabellarisch nicht direkt wieder darum bangen müsste, abreißen zu lassen. Zweitens, weil die Spieler nun ausgiebig von dem euphorisierenden Gefühl gekostet haben, welches Siege bringen, wenn man sich für einen Aufwand belohnt. Und drittens, weil die Geissböcke nun die körperlichen Voraussetzungen mit sich bringen, um jede Woche gegen fast jeden Gegner auf Augenhöhe agieren zu können. Vielleicht nicht immer fußballerisch, aber athletisch. Und Athletik, das hat der FC auch gegen Wolfsburg wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt, ist in der Bundesliga häufig mehr als die halbe Miete.

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