Fabian Klos (l.), Daniel Didavi (m.) und Guido Burgstaller (r.) stehen mit ihren Vereinen vor einer schwierigen Saison (©️imago images)

Abstiegskampf 2020/21: Es wird eng im Tabellenkeller

[nextpage title=”Nur der Klassenerhalt zählt”]

Das Ziel des 1. FC Köln in der kommenden Saison ist klar formuliert: Nur der Klassenerhalt zählt. Mit dem FC werden sich mehr als ein halbes Dutzend andere Vereine an der unteren Tabellenregion orientieren müssen. Darunter sind unter anderem die beiden Aufsteiger, zwei Vereine, die sich selbst den Stempel des „ewigen Abstiegskandidaten“ verpasst haben und ein Bundesliga-Schwergewicht, das in Schieflage geraten ist.

Von Cedrik Kaiser 

„Es geht in der nächsten Saison nur um den Klassenerhalt. Es geht um nichts anderes. Klappt das, wäre es wieder eine gute Leistung“, hat FC-Geschäftsführer Horst Heldt die Marschrichtung vorgegeben. Auch wegen der unerklärbaren Leistungsschwankungen der Geißböcke während der Saison baute Heldt im Hinblick auf die Saison 20/21 schon einmal vor. Schließlich könnte der Abstiegskampf in der kommenden Spielzeit noch umkämpfter werden als dieses Jahr. Dafür sorgt nicht nur die angespannte finanzielle Lage bei vielen Erstligisten – eingeschlossen den Effzeh–, sondern auch zwei gegensätzliche Aufsteiger.

Bielefeld auf den Spuren von Union Berlin?

Zweitliga-Meister Arminia Bielefeld schloss die Saison mit 68 Punkten ab. Zehn Punkte bzw. vierzehn Punkte Vorsprung hatten die Ostwestfalen am Ende auf die Aufstiegsfavoriten aus Stuttgart und Hamburg. Eine beachtliche Leistung des Teams von Uwe Neuhaus, das vor allem von seiner mannschaftlichen Geschlossenheit lebt. Die Arminia kassierte nur 30 Gegentore, vorne knipste Torjäger Fabian Klos sein Team zum Aufstieg. Ein weiterer wichtiger Spieler war der Ex-Kölner Marcel Hartel, der mit 13 Torvorlagen ebenso einen großen Anteil am Aufstieg hatte. Die Bundesliga ist für die meisten Bielefelder Spieler Neuland. Außer Ersatzstürmer Sven Schipplock (149 BL-Spiele) verfügt kein Akteur über nennenswerte Erstliga-Erfahrung. Deswegen wird es für die Arminia in der kommenden Saison äußerst wichtig werden, sich auf die eigene Stärke in der Defensive zu konzentrieren. Bis auf Flügelstürmer Jonathan Clauss gibt es bislang keinen Abgang eines Stammspielers zu beklagen. Auf der Zugangsseite stehen vorerst eher unbekannte Spieler aus dem Ausland: Nathan de Medina (Royal Mouscron), Christian Gebauer (SCR Altach) und Jacob Barrett Laursen (Odense BK) sollen der Mannschaft mehr Tiefe verleihen. Kann das Team von Uwe Neuhaus ihre Defensivstärke über den langen Sommer konservieren und mit erfahrenen Bundesligaspielern verstärkt werden, wird die Arminia eine ähnlich unangenehme Truppe sein wie Union Berlin in der vergangenen Saison.

Weniger souverän wurschtelte sich der VfB Stuttgart zum Aufstieg. Trotz des ligaweit größten Etats (40 Mio) wirkte das Schwergewicht aus Baden-Württemberg sehr wacklig auf den Beinen. Die Unbeständigkeit kostete Tim Walter den Job an der Seitenlinie, für ihn übernahm Pellegrino Matarazzo in der Winterpause. Schlussendlich fing sich das Team gegen Ende der Saison und machte den Aufstieg perfekt, konnte aber kaum einmal seine individuelle Klasse aufs Feld bringen. Genau so wie der FC im letzten Jahr wird der VfB angesichts seines Potenzials nicht als „normaler“ Aufsteiger gesehen werden. Stuttgart verfügt über einen Mix aus Bundesliga-erfahrenen Spielern wie Gonzalo Castro (34), Daniel Didavi (30) oder Marc-Oliver Kempf (25) und jungen Talenten wie Silas Wamangituka (20), Orel Mangala (22) oder dem argentinischen Nationalspieler Nicolas Gonzalez (22).

Dass der 1. FC Union Berlin am Ende der Bundesliga-Saison auf dem 11. Platz stand, hätten wohl wenige vor der Spielzeit angenommen. Doch der Aufsteiger präsentierte sich die gesamte Saison als unangenehmer Gegner, der selbst Mannschaften wie Dortmund (3:1) und Gladbach (2:0) zu Hause an der Alten Försterei bezwingen konnte. Die Ruhe, die durch Trainer Urs Fischer in den Verein gebracht wurde, gilt als Schlüssel zum Erfolg. Wie unaufgeregt Union auch in sein zweites Bundesliga-Jahr gehen wird, hängt davon ab, ob Stammspieler wie Rafal Gikiewicz (32, geht nach Augsburg) Keven Schlotterbeck (23, nach Leihe zurück nach Freiburg) oder der stark umworbene Sebastian Andersson ersetzt werden können. Eine Verstärkung wäre Max Kruse für die Köpenicker. Gerüchteweise arbeitet Union an einer Verpflichtung des ehemaligen Nationalspielers (14 Spiele). Allein der Gedankengang sich mit einem solchen Kaliber zu befassen, zeigt, dass Union Berlin nicht unvorbereitet in das viel zitierte „schwere zweite Jahr“ gehen will.

Augsburg als ewiger Abstiegskandidat

Der FC Augsburg feierte nach der Rettung am vorletzten Spieltag sein persönliches „La Decima“. Angelehnt an den zehnten Champions-League-Triumph von Real Madrid im Jahr 2014 freute man sich über die zehnte Bundesliga-Saison in Folge. Dies ist angesichts der bescheidenen Mittel des Vereins aller Ehren wert, veranschaulicht allerdings auch, wie sich der Verein selbst wahrnimmt: als ewiger Abstiegskandidat. Die Fuggerstädter beendeten die Saison auf dem 15. Rang, punktgleich mit dem Effzeh. Manager Stefan Reuter konstatierte nach dem letzten Spieltag: „Wir hatten Phasen, die uns zu denken geben. Es ist anstrengend, wenn du immer bis Saisonende um den Klassenerhalt spielst.“ Um diesem Szenario vorzubeugen, gab der FCA bereits den Transfer-Dreierpack von Rafal Gikiewicz (32), Daniel Caligiuri (32) und Tobias Strobl (30) bekannt. Die Routiniers sollen dem Team von Heiko Herrlich mehr Stabilität verleihen und Stützen im Kampf gegen den Abstieg sein.

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Jetzt muss sich Beierlorzer beweisen

Noch ein Jahr länger als Augsburg ist Mainz 05 Bestandteil der Bundesliga. Auch das Team von Ex-FC-Coach Achim Beierlorzer befand sich bis kurz vor Ende in Abstiegsnöten. Mit neun Punkten aus den letzten fünf Partien legten die Mainzer einen starken Endspurt ein und schlossen die Saison auf dem 13. Tabellenplatz ab. Da sich der Verein in den letzten Jahren als „Durchlauferhitzer“ für talentierte Spieler einen Namen gemacht hat, ist auch in dieser Transferperiode damit zu rechnen, dass viel Arbeit auf Geschäftsführer Rouven Schröder zukommt. Leistungsträger wie Robin Quaison (26), Pierre Kunde Malong (22) oder Jeremiah St. Juste (23) stehen bei vielen Vereinen auf dem Zettel. Durch Corona wird Mainz 05 nicht in der Lage sein, Transfererlöse eins zu eins zu reinvestieren, dies bestätigte Schröder bereits. Freilich betrifft dieser Umstand fast alle Vereine der Bundesliga, doch fußt die Mainzer Vereinsphilosophie der letzten Jahre auf dem Prinzip: Spieler günstig einkaufen, weiterentwickeln und teuer weiterverkaufen. Noch ist nicht abzuschätzen, wie schlagkräftig Mainz in der kommenden Spielzeit aufgestellt sein wird.

Tönnies hinterlässt gespaltenes Schalke 04

Wenn es einen Verein gab, der dem 1. FC Köln in Sachen sportlichen Misserfolg nach Corona in nichts nachstand, war das der FC Schalke 04. Doch die Offenbarungseide des Teams von Trainer David Wagner wurden sogar noch durch die nicht enden wollenden vereinsinternen Querelen in den Schatten gestellt. Am Ende der Saison 19/20 stand nicht nur ein gigantischer Schuldenberg von über 190 Millionen Euro, sondern auch das Ende der Ära Clemens Tönnies. Der Wurstfabrikant hatte 19 Jahre lang den Vorsitz im Aufsichtsrat von Schalke 04 inne. Zum Ende seiner Amtszeit hinterlässt er einen gespaltenen Verein. Auf der einen Seite rechnen ihm viele Mitglieder sein finanzielles Investment und Engagement hoch an, auf der anderen Seite stehen ebenso viele Anhänger, die ihm Verrat an den Werten des Malocherklubs vorwerfen. Tönnies hatte sich im vergangenen Sommer rassistisch gegenüber Afrikanern geäußert, der Corona-Skandal in seiner Schlachterei in Gütersloh warf außerdem ein schlechtes Licht auf ihn. Nun haben die neuen Verantwortlichen um Alexander Jobst und Jochen Schneider die Aufgabe, die Scherben zusammenzukehren. Erste Ideen wurden bereits vorgestellt, so soll es ab sofort eine Gehaltsobergrenze (2,5 Mio. pro Jahr) für Neuzugänge geben. Im Hinblick auf die kommende Spielzeit ist zu erwarten, dass sich die Blau-Weißen von Leistungsträgern trennen müssen, um Transferüberschüsse zu generieren. Solange keine Ruhe in den Verein einkehrt, wird Schalke in 20/21 häufiger den Blick in den Rückspiegel werfen müssen.

Eigentlich hat der SC Freiburg nach der vergangenen Saison in dieser Liste nichts zu suchen. Zu souverän, gefestigt und erfolgreich agierten die Breisgauer während der gesamten Spielzeit. Da aber Trainer Christian Streich nie müde wird, sein Credo des Underdogs aus der Schwarzwaldregion gebetsmühlenartig runterzubeten, wird wohl auch in der kommenden Saison das Saisonziel Klassenerhalt ausgerufen. Sicher ist, dass die Freiburger ab Herbst in einer neuen Arena spielen werden. Unsicher bleibt, inwieweit die Atmosphäre aus dem kompakten Schwarzwaldstadion in das größere SC-Stadion übertragen werden kann. Ob Leistungsträger wie Alexander Schwolow (28), Nationalspieler Robin Koch (23) oder Luca Waldschmidt (24) bei der Stadioneinweihung noch dabei sein werden, ist offen. Der Torhüter steht vor einem Wechsel nach Schalke. Trotz der erwartbaren Verkäufe sollte die Mannschaft breit genug aufgestellt sein, um die Klasse zu halten.

Bremen muss Bundesliga-Tauglichkeit beweisen

Normalerweise hätte der SV Werder Bremen nach der vergangenen Saison kein Erstligist mehr sein dürfen. Zu viele Faktoren deuteten auf einen Abstieg hin. Vor der Saison konnte Topspieler Max Kruse nicht ersetzt werden. Große Verletzungssorgen kamen im Saisonverlauf hinzu, die Mannschaft wirkte nach mehreren Sieglos-Serien desillusioniert, potenzielle Leistungsträger kamen kaum einmal an ihr eigentliches Niveau heran. Letztendlich rettete sich die Mannschaft von Florian Kohfeldt – dank großer Mithilfe des 1. FC Köln – glücklich über die Relegation. Nun stellt sich die Frage an der Weser, ob dieses Jahr nur ein Ausrutscher war oder das Team wirklich nicht so stark ist. Dass Werder über reichlich Qualität im Kader verfügen sollte, ist angesichts von Spielern wie Milot Rashica (24), Davy Klassen (27) oder Maximilian Eggestein (23) unbestritten. Den Kader für die nächste Saison zu verstärken, könnte sich allerdings als schwierig erweisen. So griffen bereits die vereinbarten Kaufpflichten bei den beiden Leihspielern Leonardo Bittencourt (7 Mio) und Ömer Toprak (5 Mio). Dem gegenüber steht seit längere Zeit ein Verkauf von Flügelstürmer Rashica (kolportierte Ablöse bei 15-25 Mio) im Raum. Eines ist klar: Werder muss in der neuen Saison zeigen, dass sie zurecht in der Bundesliga spielen.

Bis zum Saisonauftakt wird noch einige Zeit vergehen. Das Transferfenster bleibt in diesem Jahr bis Anfang Oktober geöffnet. Eins ist sicher: Es wird spannend im Tabellenkeller. Wie schon die vergangenen Spielzeiten gezeigt haben, ist der Großteil der unteren Tabellenhälfte direkt oder indirekt in den Abstiegskampf involviert.

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