Die deutsche Nationalmannschaft wird in den kommenden Länderspielen mehrere Debütanten erleben. Marius Wolf, der ehemalige Rechtsaußen des 1. FC Köln, wurde nebst vier weiteren Neuen erstmals nominiert. Die Kriterien von Bundestrainer Hansi Flick lassen staunen. Ein Kommentar von Marc L. Merten.
Marius Wolf hat sich bei Borussia Dortmund zu einem erstaunlich stabilen Rechtsverteidiger entwickelt. Von der Notlösung, die er noch zu Zeiten beim 1. FC Köln war, hat er sich nun defensiv etabliert, nachdem er eigentlich lange ein offensiver Rechtsaußen gewesen war.
Weil der Deutsche Fußball-Bund seit vielen Jahren hinten rechts eine riesige Baustelle hat, probiert Hansi Flick nun gegen Peru und Belgien gleich zwei neue Rechtsverteidiger aus: Wolf wurde ebenso erstmals nominiert wie Josha Vagnoman vom VfB Stuttgart, wobei man den 22-Jährigen eigentlich eher noch vom HSV kennt.
Fragwürdige Kriterien
Denn beim VfB ist der Rechtsverteidiger gerade Bankdrücker – und ein Paradebeispiel für die fragwürdigen Kriterien, die Flick seinen Nominierungen zugrunde gelegt haben muss. Vagnoman blickt in seiner bisherigen Karriere auf sage und schreibe sieben Bundesliga-Startelfeinsätze zurück und ist bei einem Abstiegskandidaten derzeit Bankdrücker. Ansonsten spielte er bislang nur Zweite Liga. Jonas Hector hatte 2014 wenigstens schon elf Startelfeinsätze auf dem Konto und war Leistungsträger beim 1. FC Köln, ehe er erstmals nominiert wurde.
Auch Felix Nmecha vom VfL Wolfsburg darf sich bereits nach 36 Bundesliga-Spielen und zwei Toren über eine DFB-Nominierung freuen. Dass er kürzlich ein trans-feindliches Video des amerikanischen Rechtspopulisten Matt Walsh (bezeichnet sich selbst als “theokratischer Faschist”) bei Instagram teilte und sich hinterher nur halbherzig davon distanzierte, bereitete Flick und dem DFB offenbar keine Bauchschmerzen. Die One-Love-Binde lässt grüßen.
Der arme Jan Thielmann
Zurück zum Sportlichen: Bei Kevin Schade sind es im Vergleich zu Nmecha sogar nur 29 Bundesliga-Spiele für den SC Freiburg und sieben Premier-League-Spiele (davon sechs als Joker) für den FC Brentford. Man möchte sich nicht ausmalen, wohin es Jan Thielmann schon hätte schaffen können, wäre er in den letzten Monaten nur fit gewesen.
Immerhin: Der ebenfalls erstmals nominierte Mergim Berisha vom FC Augsburg spielt schon seit Jahren auf Erstliga-Niveau im In- und Ausland und hat sich seine erste DFB-Einladung mit acht Toren in 18 Ligaspielen redlich verdient.
Wenigstens freuen sich die U21-Talente des FC
Aber die anderen Neulinge? Flick will offenbar auf Teufel komm raus einen Umbruch beim DFB vorspielen. Tatsächlich demonstriert er mit den Eingeladenen aber nur, wie wenig Optionen er tatsächlich unter Deutschlands besten Fußballern hat. Die Ausbildung der Talente wird seit Jahren bei vielen Klubs verschlafen. Insbesondere jene Top-Klubs, die nach internationaler Wettbewerbsfähigkeit rufen, bringen schon lange keine eigenen Talente mehr heraus, sondern kaufen die französische und englische Zweite Liga leer.
Das gilt auch für Bayer 04 Leverkusen, das sich nun wieder dafür feiern darf, das größte Talent, das in den letzten Jahren in Deutschland entwickelt wurde, in den eigenen Reihen zu haben. Florian Wirtz wurde nach seiner schweren Knieverletzung erstmals wieder nominiert. Immerhin: Der FC konnte sich auch freuen – Eric Martel, Denis Huseinbasic und Noah Katterbach reisen zur U21. Wenn man sich ihre Statistiken anschaut, haben sie eine Nominierung für die A-Nationalmannschaft nur knapp verpasst.
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