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Hectors Tribünen-Party, Trippels “Schatulle”: FC feiert emotionales Lebenszeichen

Ekstase auf dem Rasen und den Rängen: Nach Luca Waldschmidts 2:1 lag sich der 1. FC Köln kollektiv in den Armen. (Foto: IMAGO / Nordphoto)
Ekstase auf dem Rasen und den Rängen: Nach Luca Waldschmidts 2:1 lag sich der 1. FC Köln kollektiv in den Armen. (Foto: IMAGO / Nordphoto)

War das die Initialzündung, die der 1. FC Köln im Kampf um den Klassenerhalt benötigt hat? Auf dem Rasen, auf den Rängen, in der Tabelle – so wichtig und emotional war das 2:1 gegen den VfL Bochum.

In 95 Sekunden von “fast weg” zu “voll in der Verlosung”. So beschrieb Sportchef Christian Keller das spektakuläre Comeback des 1. FC Köln, der einen 0:1-Rückstand gegen den VfL Bochum durch einen Doppelschlag in der Nachspielzeit in einen 2:1-Sieg verwandelte. Vier Zähler Rückstand auf den Relegationsrang schmolzen in gut eineinhalb Minuten wieder auf ein Pünktchen. Und sogar Platz 15 ist nur noch vier Punkte entfernt – so nah wie seit zwei Monaten nicht mehr.

Doch diese Zahlen können lediglich andeuten, was für eine “Gefühlsexplosion” (Steffen Tigges) das RheinEnergieStadion am späten Samstagnachmittag, als 17.18 Uhr die Nachspielzeit anbrach, erlebte. Tigges’ 1:1 war zunächst tabellarische Schadensbegrenzung, Luca Waldschmidts 2:1 allerdings führte eine nicht mehr für möglich gehaltene Ekstase herbei.

Waldschmidt: “Dafür spielen wir Fußball”

“Wie laut das Stadion war – das war extrem”, beschrieb Waldschmidt einen der wohl mächtigsten Jubelschreie in der Geschichte Müngersdorfs und ergänzte: “Dafür spielen wir Fußball.” Die FC-Profis, ob gerade noch am Geschehen beteiligt oder von der Bank kommend, lagen sich allesamt auf dem Rasen in den Armen. Das Trainerteam um Timo Schultz rannte ebenfalls kollektiv auf den Platz, schrie seine Erleichterung in den frühsommerlichen Himmel raus. Auch Sportboss Keller hätte gerne mitgemischt, bekannte aber später: “Es war eine Brüstung im Weg.”

Auf den Tribünen flossen derweil erste Freudentränen, ein Fan aus der Nordkurve schaffte es mit seiner Jubelarie in sämtliche Highlight-Clips – ob bei Sky, in der ARD-Sportschau oder dem ZDF-Sportstudio. Der FC hat im Kampf um den Klassenerhalt zwar längst noch nichts gewonnen, bleibt Vorletzter der Tabelle. Aber der FC hat eben auch noch nichts verloren.

Der Jubel auf den Rängen. (Foto: Screenshot ZDF)

“Wir waren im Rückstand und wussten, dass wir unbedingt gewinnen müssen. Das Spiel dann so zu drehen – das sind einfach unglaubliche Emotionen. Wir sind wild herumgelaufen, haben wild herumgeschrien”, beschrieb Kapitän Florian Kainz und versicherte: “Es war echt ein Spiel, das in Erinnerung bleibt.”

Was auch für die Minuten nach dem Abpfiff gelten dürfte. “Sieg, Sieg”, durfte die Südkurve endlich mal wieder skandieren, wollte gar nicht mehr aufhören. Angesichts dieses Spielverlaufs sei “ein tiefer Griff in die Tablettenschatulle” notwendig, verkündete Stadionsprecher Michael Trippel den feiernden Fans. Die Mannschaft drehte im Anschluss an die Party vor der aktiven Szene noch eine Ehrenrunde, und selbst das waren nicht die letzten Gänsehautmomente.

“Wir wollen euch kämpfen sehen” – FC antwortet

Als die Einwechsel- und Ersatzspieler ihre üblichen Läufe absolvierten, vom einen Ende des Platzes zum andern, wurden sie im Süden Mal für Mal mit Applaus empfangen. Die Stadionregie spielte mit AnnenMayKantereits Köln-Hymne “Tommi” den passenden Soundtrack ein. Und diesen genoss auch Jonas Hector, der Ex-Kapitän war singend mit seiner Frau Anika auf den Leinwänden zu sehen – was ebenfalls für Jubel aus allen Himmelsrichtungen sorgte.

Szenen, die offenbarten, wie wichtig und wohltuend diese drei Punkte – nach zuvor sieben sieglosen Spielen – waren. Eine Niederlage gegen Bochum hätte die Aussichten auf den Klassenerhalt dramatisch geschmälert, hätte zudem die Stimmung gänzlich zum Kippen bringen können. “Wir wollen euch kämpfen sehen”, hatte die Südkurve in der Schlussphase kurzzeitig skandiert, vereinzelt waren Pfiffe zu hören gewesen. Das ausgegebene Motto “He weed nit resigniert” wackelte.

In vielen Stadien wäre so ein Finish nicht möglich gewesen. Hier in Köln, mit diesen Fans, geht das.

Timo Schultz

“Wenn du in so einem wichtigen Spiel 0:1 hinten bist, ist es ganz normal, dass Pfiffe kommen”, zeigte Kainz vollstes Verständnis. „Es war für jeden im Stadion eine emotionale Zerreißprobe”, ergänzte Timo Hübers. Sieg-Torschütze Waldschmidt hatte den zwischenzeitlichen Unmut “ehrlich gesagt nicht gehört”, schmunzelte jedoch: “Wir haben es ja dann gemacht.” Was er meinte: Die Mannschaft folgte der Aufforderung, zu kämpfen – demonstrierte somit, dass tatsächlich nicht resigniert wird.

Schultz: “Das Stadion hatte einen Riesenanteil”

“Ganz am Ende hat man gemerkt, wie die Energie vom Platz auf die Tribüne, aber eben auch von der Tribüne auf den Platz ging”, sagte Timo Schultz nach seinem zweiten Sieg als FC-Trainer und war überzeugt: “Das Stadion hatte einen Riesenanteil daran, das Spiel noch mal umzubiegen. Die Fans haben die kleinsten Anlässe genommen, um uns zu supporten und Energie zu geben. In vielen Stadien wäre so ein Finish nicht möglich gewesen. Hier in Köln, mit diesen Fans, geht das.“

Ob dieses emotionale Erlebnis seiner Mannschaft den notwendigen Kick im Kampf um den Klassenerhalt geben könne, lautete eine Frage an den 46-Jährigen. “Auf jeden Fall”, antwortete Schultz wie aus der Pistole geschossen. Der Ex-Profi weiß wohl aus Erfahrung: “In den letzten Spielen wird vieles, vieles im Kopf entschieden, nicht unbedingt nur in den Beinen oder mit dem Ball. Für diese Phase sind wir auf jeden Fall bereit.” Dank des 95-Sekunden-Comebacks ist für den FC weiterhin alles drin.

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