Ab sofort ist Davie Selke auch offiziell kein Spieler des 1. FC Köln mehr. Der Abschied des besten Torjägers und potenziellen Nummer-eins-Stürmers wird zur Chance für die Talente sowie die bislang glücklosen Angreifer der Geißböcke. Wer füllt die Lücke?
Die Verantwortlichen des 1. FC Köln dürften einigermaßen verwundert reagiert haben, sollten sie die Meldung, die Sky-Reporter Florian Plettenberg am Freitagnachmittag bezüglich Davie Selke abgesetzt hat, vernommen haben. Nicht aufgrund der Bestätigung, dass der Angreifer die Geißböcke definitiv verlassen werde, sondern wegen der Erklärung, dass finanzielle Gründe hierfür „nicht ausschlaggebend“ gewesen seien.
Der FC hätte Selke, dessen bisheriger Vertrag keine Gültigkeit für die 2. Bundesliga besaß, bekanntlich gerne behalten und hatte ihm ein Angebot für ein neues Arbeitspapier unterbreitet. Trotz seiner Verletzungsanfälligkeit hätte der 29-Jährige ein für Kölner Zweitliga-Verhältnisse absolutes Spitzengehalt bekommen.
Struber hat großes Vertrauen in die Offensive
Doch die Spielerseite gab den FC-Verantwortlichen nach GEISSBLOG-Informationen klar zu verstehen, dass Selke zu diesen Bezügen nicht bleiben wird. Der Angreifer und der Club, der nicht bereit war, sein gerade bereinigtes Gehaltsgefüge wieder zu erschüttern, lagen in ihren Vorstellungen meilenweit auseinander.
Und so geht man nach eineinhalb Jahren mit elf Toren sowie vielen verletzungsbedingten Ausfällen Selkes wieder getrennte Wege – sollte kein Wunder geschehen. Seit dem heutigen Tag, dem 1. Juli, ist der FC offiziell kein Bundesligist mehr und der Stürmer damit ein ablösefreier Ex-Kölner.
Am Geißbockheim richtet man den Blick nach vorne, Trainer Gerhard Struber hatte schon bei seiner Vorstellung vor einer Woche gesagt: “Wir haben sehr interessante Jungs im offensiven Bereich zur Verfügung. Mein Vertrauen ist groß, da eine gewisse Schlagkraft zu entwickeln, um Tore zu machen.”
Nach Selkes Abgang ist die neue Sturm-Hierarchie völlig offen. Sollte Struber wie zuletzt in Salzburg vornehmlich auf zwei Angreifer setzen, wäre wohl Luca Waldschmidt die erste Option als variable, quirlige Komponente dieser Doppelspitze – falls der Ex-Wolfsburger nicht auf der Zehn benötigt wird. Der 28-Jährige soll die FC-Offensive anführen und damit jene Rolle übernehmen, die man ihm bereits letzte Saison zugedacht hatte. Doch wer füllt die Lücke, die Selke als hochgewachsener Zielspieler hinterlässt?
Downs’ große Chance, Tigges’ erste Vorbereitung
Damion Downs ist fraglos der Favorit vieler Fans. Mit dem Derby-Ausgleich in Mönchengladbach sowie dem emotionsgeladenen Siegtor gegen Union Berlin war er in der Abstiegssaison für zwei der wenigen schönen Momente verantwortlich. Wann sollte man auf ein Sturm-Talent setzen, wenn nicht jetzt? Für etwas Ungewissheit sorgt der Umstand, dass der 1,92 Meter große Deutsch-Amerikaner den Zweitliga-Start aufgrund von Olympia verpassen könnte. Die Vorrunde findet vom 24 bis 30. Juli statt, das Viertelfinale am 2. August – wenn auch die Saison im deutschen Unterhaus beginnt. Anfang Juli wird der Kader des US-Teams nominiert.
Steffen Tigges musste in der abgelaufenen Saison bis zum 28. Spieltag auf sein erstes Tor warten und folglich viel Kritik über sich ergehen lassen. An den finalen sieben Bundesliga-Spieltagen war er dann für drei der sieben FC-Treffer zuständig, brauchte dabei nur 94 Einsatzminuten pro Tor. Am Geißbockheim traut man dem 1.94-Meter-Stürmer durchaus zu, eine gute Rolle in der 2. Liga zu spielen – auch, weil Tigges zum ersten Mal überhaupt seit seinem FC-Wechsel eine Saisonvorbereitung bestreiten kann. In den vergangenen beiden Sommern war er jeweils verletzungsbedingt deutlich verspätet eingestiegen.
Welche Rolle bekommt Lemperle?
Sargis Adamyan blieb auch in seiner zweiten FC-Saison weit hinter den Erwartungen zurück, traf wie ein seinem Premieren-Jahr nur ein einziges Mal. Dabei spielte der 31-Jährige zwar zeitweise als alleinige Spitze und erwies sich vereinzelt als überraschend robust – ein wirklicher Zielspieler ist Adamyan mit seinen 1,84 Metern aber nicht. Eher dürfte er probieren, als Alternative für die zweite Spitze auf sich aufmerksam zu machen. Struber ist der dritte FC-Trainer, der versucht, den Ex-Hoffenheimer aus dem Leistungsloch zu holen.
Tim Lemperle bringt als Leih-Rückkehrer frischen Wind in den Kölner Angriff. In Fürth gelangen ihm sechs Treffer (plus vier Vorlagen) in 32 Zweitliga-Spielen. Das ist sicherlich nicht die Bilanz eines Top-Torjägers, allerdings verschaffte der 1,87 Meter große Lemperle seinem Nebenmann in der Fürther Doppelspitze – dem wuseligen Armindo Sieb, der doppelt so häufig traf – viele Räume. Ob Struber sich solch eine Variante mit Lemperle und Waldschmidt vorstellen kann, bleibt abzuwarten. Der schnelle 22-Jährige ist auch eine Option für die Außenbahn.
Die Wackelkandidaten
Jaka Cuber Potocnik soll früher oder später zu einem Leistungsträger im FC-Angriff werden und sportlich für Schlagzeilen sorgen. Aktuell geht es für den 19-Jährigen erst einmal darum, einen dauerhaften Platz im Profi-Kader zu ergattern. Ansonsten würde er zunächst weiterhin in der Regionalliga Spielpraxis sammeln. Seine ersten Auftritte im Herrenbereich, nach abgesessener Fifa-Sperre, waren vielversprechend – der Slowene traf sechsmal in elf Einsätzen für die U21. Schon Steffen Baumgart hatte dem 1,89 Meter großen Angreifer Kopfballqualitäten bescheinigt, die man bei manch einem Profi vergeblich sucht.
Maximilian Schmid legte bei seiner Leihe zum niederländischen Zweitligisten Roda Kerkrade einen durchaus starken Start hin, erzielte bis zum siebten Spieltag drei Tore. An den verbleibenden 31 folgten allerdings nur noch drei weitere. Es würde verwundern, sollte Schmid nach seiner Rückkehr zum FC eine große Rolle spielen. Doch auch der 21-Jährige, der gegen Rheingold Poll über den Flügel stürmte, hat die Chance, sich Struber zu empfehlen. Sollte dies nicht gelingen, könnte Schmid in die U21 versetzt werden oder einen Abgang anstreben.
Florian Dietz kam in der Abstiegssaison zu lediglich fünf Joker-Einsätzen. Auch jetzt hat er nur Außenseiterchancen, zählt ebenfalls zu den Wackelkandidaten im Kader. Seinen Torinstinkt bewies der 25-Jährige bislang vornehmlich in der Regionalliga West (21 Tore in 40 Spielen), für die Bundesliga (ein Tor in 16 Spielen) fehlte dem 1,90-Meter-Stürmer die Qualität. Die kommenden Wochen werden offenbaren, ob Struber ihm die 2. Liga zutraut.
Erfolgreichster Torjäger beim Testspiel-Auftakt gegen Rheingold Poll war Downs mit vier Treffern. Waldschmidt traf dreifach, Tigges doppelt. Die Erkenntnisse aus diesem 18:0 gegen einen Kreisligisten hielten sich gewiss in Grenzen, jedoch erreichte Dietz dahingehend ein ernüchterndes Signal, dass er genau wie Youngster Potocnik erst in der 76. Minute eingewechselt wurde.
Am Freitagnachmittag (16 Uhr) wartet mit den Sportfreunden Siegen immerhin ein Oberligist auf den FC – dann wird die Verteilung der Tore und der Spielzeiten bereits eine höhere Aussagekraft haben.
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