Ein Stürmer-Abgang mit reichlich Theater: Davie Selkes Abschied weckt Erinnerungen an Anthony Modeste. Tatsächlich gibt es Parallelen, aber auch einen entscheidenden Unterschied.
Die Nummer 27 des 1. FC Köln garantiert Tore. Das hat Davie Selke, wenn er denn fit war, durchaus bewiesen. Noch weitaus mehr Treffer waren natürlich seinem Trikot-Vorgänger, Anthony Modeste, gelungen. Doch die 27 der Geißböcke steht zweifelsohne auch für Drama.
Der Blick aufs Handy am Dienstagmorgen dürfte sich für nicht wenige FC-Anhänger wie ein Déjà-vu angefühlt haben. Der beste Torjäger verabschiedet sich – via Instagram, ergänzt seine Dankesworte an die Fans um Vorwürfe gegen die Verantwortlichen. Mal wieder ein Stürmer-Abgang mit Theater. Selkes kryptische Botschaft sorgte in den sozialen Netzwerken wenig überraschend prompt für Vergleiche mit Modeste.
Tatsächlich sind, über die Trikotnummer hinaus, einige Parallelen nicht zu verhehlen. Selke und sein gewählter Abschied wirken in mehrerlei Hinsicht wie die Lightversion Modestes. Zwar war der 29-Jährige wie der Franzose der Stürmer Nummer eins, aber gewiss kam seine sportliche Bedeutung (elf Tore in 38 Pflichtspielen) längst nicht an jene von Modeste heran, der den FC als erfolgreichster Angreifer der jüngeren Vereinsgeschichte zweimal nach Europa geschossen hatte (79 Tore in 157 Spielen).
FC knickt auch bei Selke nicht ein
Modeste hatte seinerzeit mehr als 3,5 Millionen Euro pro Saison verdient und sich damit in einer anderen Sphäre bewegt als zuletzt Selke. Doch beide haben gemeinsam, dass sie in den Verhandlungen mit Sportchef Christian Keller gänzlich andere Vorstellungen als der Verein kundtaten. Routinier Modeste hatte sich 2022 eine langfristige Verlängerung gewünscht, für die dem FC zu diesem Zeitpunkt das Geld fehlte.
Selke wiederum wurde nun das für Kölner Zweitliga-Verhältnisse Top-Gehalt geboten, obwohl der Ex-Herthaner in seinen eineinhalb Jahren beim FC insgesamt 17 Bundesliga-Partien verletzt oder angeschlagen verpasst hat. Der inzwischen Ex-Kölner forderte trotzdem noch mehr.
Nach ihren Abschieden konnten sich Modeste und Selke jeweils Spitzen gegen die FC-Verantwortlichen nicht verkneifen. Modeste hatte schon 2017 – nach seinem ersten Abgang nach China – erklärt, dass er überhaupt nicht hatte wechseln wollen. 2022 hatte er sich dann über fehlende Wertschätzung beklagt, unter anderem weil Selke seine Nummer 27 erhielt.
Hat sich Selke einfach verpokert?
Dieser wiederum schrieb nun, die Chance zu einem Verbleib sei ihm „final genommen“ worden, obwohl er selbst die Frist des FC-Angebots zur Vertragsverlängerung verstreichen ließ. Die Verantwortlichen erfuhren übrigens aus den Medien von Selkes Post, reagierten demnach überrascht – aber dennoch völlig entspannt. Unterstützt wird der Angreifer von seiner Frau Evelyn, die unter dem Abschiedsbeitrag auf Instagram bekräftigt: “Ja, so ist es.” Auch diese Episode erinnert an Modeste, dessen Frau Maeva in den sozialen Netzwerken einst gegen den FC geschossen hatte.
Der entscheidende Unterschied der beiden Personalien: Die Geißböcke dürften für die Zukunft ohne Selke weitaus besser gewappnet sein als sie es nach den beiden Modeste-Abgängen waren. 2017 und 2022 hatte man einen 20-Tore-Stürmer ersetzen müssen, jeweils in Europapokal-Saisons. Jetzt geht es für den FC in der 2. Bundesliga um den Wiederaufstieg. Und hierfür stehen speziell mit Tim Lemperle und Damion Downs hoffnungsvolle Talente in den Startlöchern.
Selke, so erweckt es den Anschein, könnte sich schlicht und ergreifend verpokert haben. Die Spielerseite setzte offenbar vollends darauf, dass der FC aufgrund seiner Transfersperre einknicken und auf den Torjäger zugehen wird. Wie Modeste hat man die Rechnung nicht mit Kellers Prinzipientreue gemacht.
Der Franzose war 2022 bekanntlich zu Borussia Dortmund, einem Champions-League-Teilnehmer, gewechselt. Ob Selke einen Verein findet, der sportlich und finanziell attraktiver als der FC ist, darf bezweifelt werden. Der Hamburger SV, mit dem nun verhandelt wird, kann das Kölner Angebot wohl kaum merklich toppen.
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