Gerhard Struber will nach dem verdienten Sieg bei Hertha BSC nichts davon wissen, dass er in dieser Woche seinen Job retten musste – er spüre “richtig viel Vertrauen”. Geht der Trainer des 1. FC Köln gestärkt aus der Krise hervor?
Die Siegesfeier des 1. FC Köln nahm ein anderes Ausmaß an, als man nach einem 1:0 am elften Spieltag der 2. Bundesliga erwarten würde. Noch dazu bei eisigen Temperaturen an einem Novemberabend. Die Szenen vor der Gästekurve des Olympiastadions, gefüllt mit bis zu 20.000 FC-Fans, sprachen zweifellos dafür, dass die Geißböcke hier gerade einen alles andere als alltäglichen Erfolg gelandet hatten.
Das lag zum einen natürlich am schier unglaublichen Auswärtssupport in der mit insgesamt 68.763 Zuschauern so gut wie selten gefüllten Berliner Betonschüssel. Das Duell der beiden Traditionsvereine am Samstagabend zog mehr Menschen an als die drei Bundesliga-Partien in Wolfsburg, Hoffenheim und Kiel am Nachmittag zusammen. Nicht wirklich überraschend, aber dennoch beachtlich.
Struber: “Sehr guter Austausch im Management”
Und gewiss trug auch eine immense Erleichterung, die jedem FC-Protagonisten anzusehen war, einen entscheidenden Teil zum Kölner Freudentaumel in der Hauptstadt bei. Nach den Niederlagen gegen Darmstadt (1:5) und Paderborn (1:2) war der Druck riesig gewesen, war alles und jeder hinterfragt worden. Die Siege im DFB-Pokal gegen Holstein Kiel (3:0) und Hertha BSC (1:0) lassen Trainer Gerhard Struber, Sportchef Christian Keller sowie die Spieler nun aufatmen.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass weitere sportliche Tiefschläge in dieser Woche zu personellen Konsequenzen am Geißbockheim geführt hätten. Allerdings ist es Struber mit dem Rücken zur Wand gelungen, seine Mannschaft zu stabilisieren und die Forderungen nach Rauswürfen vorerst verstummen zu lassen – zumindest, sie deutlich abzuschwächen.
Wobei der Österreicher nach dem 1:0 bei der Hertha nicht davon sprechen wollte, dass er hier gerade seinen Job gerettet hatte. “Ich kann das nur von meinem Standpunkt aus sagen: Ich spüre richtig viel Vertrauen”, antwortete Struber auf eine entsprechende Frage und vermittelte zumindest nach außen hin den Eindruck, als habe er gar nicht um seinen Posten bangen müssen. “Wir haben einen sehr, sehr guten Austausch im Management”, versicherte er stattdessen.
Als zweiter von Keller geholter Trainer muss der 47-Jährige Erfolg haben, um den nicht erst seit diesem Herbst in der Kritik stehenden Sportchef zu entlasten. Natürlich seien die letzten Tage “ein Stück weit emotionaler” gewesen und man sei auch “nicht naiv”, gab Struber in Berlin zu, denn: “Der Anspruch des FC ist, ins Punkten zu kommen, das ist klar. Dass wir nicht zufrieden waren mit dieser Tabellensituation, ist auch klar.”
Struber: “Können aufeinander bauen”
Doch nun will der in dieser Endspiel-Woche nicht gestürzte Trainer gestärkt aus der Krise hervorgehen – als Einheit mit den Spielern und allen Verantwortlichen: “Ich finde, wir haben jetzt – speziell in so einer Phase – unter Beweis gestellt, dass wir mit der Mannschaft, dass wir im Management sehr eng verbunden sind und aufeinander bauen können. Uns hat ausgezeichnet, dass man beieinander und sachlich bleibt, stark in den Inhalten ist und nicht Passagier der Emotionen wird. Das haben wir gemeinsam gut gemeistert.”
In der Tabelle trennen den nun elfplatzierten FC noch fünf Punkte von den Aufstiegsrängen. Diese Zahlen entsprechen zwar weiterhin nicht den Ansprüchen der Geißböcke, doch das zurückliegende Wochenende könnte durchaus der Beginn einer Aufholjagd gewesen sein.
Was bei aller Erleichterung ebenfalls klar sein dürfte: Die zuletzt auch in den Gremien immer stärker zutage getretenen Zweifel an der sportlichen Leitung lassen sich durch zwei Siege nicht einfach wieder wegwischen.
Nicht ohne Grund hatte Sportboss Keller in Berlin bereits vor Anpfiff für einen unaufgeregteren Umgang mit der aktuellen Situation geworben, am Sky-Mikrofon erklärt: “Wenn man es nüchtern betrachtet, haben wir zwei Spiele verloren. Nicht mehr und nicht weniger. Umso mehr du draus machst, desto mehr Hypothek gibt es mit.“ Es sei ja “nicht so, dass bisher in der Saison alles schlecht war”. Im Gegenteil: „Ich habe mehr gute Sachen gesehen als schlechte.”
Es darf bezweifelt werden, dass letztere Aussage ausschließlich Fürsprecher findet. Intern wie extern. Ein Punkteschnitt von 1,36 nach immerhin schon einem Drittel der Saison liegt nicht ansatzweise im Bereich des Angestrebten. “Wir haben jetzt mal zwei ordentliche Spiele gemacht gegen sehr gute Gegner. Jetzt gilt es, das mitzunehmen in ein schweres Spiel gegen Greuther Fürth”, betonte Trainer Struber noch im Olympiastadion, dass weitere Siege folgen müssen. Maximal der Anfang ist gemacht.
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