Jens Castrop kehrt mit dem 1. FC Nürnberg zum 1. FC Köln zurück. Das Mittelfeld-Talent ziehen zu lassen, hat sich als möglicherweise millionenschwere Fehleinschätzung der Geißböcke entpuppt. Doch immerhin winkt ein Trostpflaster.
Ein weiteres Eigengewächs des 1. FC Köln steht vor seiner Premiere im RheinEnergieStadion – allerdings als Gegner. Jens Castrop, von 2015 bis 2022 am Geißbockheim ausgebildet, gastiert am Sonntagnachmittag mit dem 1. FC Nürnberg in Müngersdorf.
Nach siebeneinhalb Jahren im Kölner Nachwuchs war der gebürtige Düsseldorfer im Januar 2022 zunächst auf Leihbasis zu den Franken gewechselt. Nach halbjähriger Anlaufzeit eroberte sich der Mittelfeld-Allrounder einen Stammplatz, inzwischen ist er sogar in der U21-Nationalmannschaft angekommen.
Kessler: “Hätten ihn zurückkaufen können”
“Für Jens ist die Entwicklung sehr positiv verlaufen”, weiß auch Thomas Kessler. “Mit dem Wechsel zum FCN hat er genau den Standort gefunden, wo er die Spielzeit bekommt, die er bei uns damals noch nicht bekommen hat. Er ist auch in der Persönlichkeit gereift”, soweit die Eindrücke des Kölner Lizenzbereich-Leiters.
Im Sommer 2023 zog der Club seine Kaufoption für Castrop und sicherte sich dessen Dienste für kolportierte 450.000 Euro dauerhaft. Mittlerweile ist klar: Es war ein Schnäppchenpreis. FCN-Sportvorstand Joti Chatzialexiou bestätigte unlängst mehrere Anfragen für den 21-Jährigen, sagte bei Sky: „Bei uns klopfen gerade viele Vereine für unsere Spieler an – auch für Jens, weil er es in den letzten Spielen sehr, sehr gut gemacht und sich stetig weiterentwickelt hat.”
Unter anderem sollen die Bundesligisten Union Berlin und Werder Bremen großes Interesse an Castrop (Vertrag bis 2026) haben. Auf dessen Preisschild stehen mindestens drei Millionen Euro, was für Nürnberg einen satten Gewinn bedeutet. Der FC wiederum hätte sein Eigengewächs im Sommer 2023 für weitaus weniger Geld halten können. Dem Vernehmen nach für 900.000 Euro, also die Verdopplung der Nürnberger Kaufoption.
“Ja, wir hätten den Spieler zurückkaufen können”, bestätigt Kessler diese Option, wobei er ergänzt: “Die Informationen zu den Preisen, die durch die Gazetten gehen, würde ich nicht so ernst nehmen.” Fakt ist hingegen: Ex-Trainer Steffen Baumgart räumte dem U17-Meister von 2019 in Köln keine großen Chancen auf Spielzeit ein, und so nahm man am Geißbockheim lieber die mittlere sechsstellige Ablöse.
Castrop selbst bezeichnet seine Jahre beim FC in einem Interview auf der Vereinshomepage als “sehr prägend”, sagt aber auch: “Am Ende war es ein bisschen unglücklich, weil ich mehr wollte, dann sind wir getrennte Wege gegangen.” Dennoch sei es eine “sehr schöne Zeit” gewesen.
FC besitzt Weiterverkaufsbeteiligung
Wie sich Castrop in Köln entwickelt hätte, steht natürlich in den Sternen. Doch angesichts seines heutigen Marktwertes, der sich nach seinem FC-Abschied von 200.000 auf drei Millionen Euro verfünfzehnfacht hat, liegt der Verdacht nahe, dass die damalige Entscheidung eine millionenschwere Fehleinschätzung der Geißböcke war. Dass im selben Sommer für Castrops Position im zentralen Mittelfeld mit Jacob Christensen ein Spieler verpflichtet wurde, der in der Abstiegssaison kaum eine Rolle spielte, macht die Sache umso bitterer.
“Im Fußball ist es immer so: Man trifft zu einem gewissen Zeitpunkt Entscheidungen”, klingt Kessler, als wisse er, dass der FC damals nicht die beste Lösung gefunden hat. “Ich glaube, für Jens war es die richtige, da über einen längeren Zeitraum das Vertrauen zu spüren”, ergänzt der Ex-Torhüter und verrät: “Wenn Jens vielleicht irgendwann vom 1. FC Nürnberg weg wechselt, ist es nicht so, dass der 1. FC Köln von der Entwicklung nicht profitiert.”
Soll heißen: Die Geißböcke besitzen eine bislang nicht bekannte Weiterverkaufsbeteiligung. Schlägt einer der interessierten Vereine tatsächlich zu, fließt ein Teil der Ablöse an den FC. Doch zunächst mal kehrt Castrop – nach inzwischen 80 Profi-Partien für Nürnberg mit sechs Toren, sechs Vorlagen, 21 Gelben, einer Gelb-Roten sowie zwei glatt Roten Karten – als Kontrahent nach Köln zurück.
Am Geißbockheim wird man hoffen, dass sich der Abgang nicht auch im direkten Duell rächt. Trainer Gerhard Struber warnt: “Das ist ein Spieler, der sich schon sehr interessant zeigt. Wir dürfen ihm nicht zu viel Raum und Zeit geben.” Castrop bringe einiges mit, “wo wir scharf sein müssen”, meint der Österreicher und nennt beispielhaft die Entscheidungsfindung zwischen den Linien und den Tiefgang des Mittelfeld-Talents, das genau wie der FC nächste Saison in der Bundesliga spielen will.
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