Tabellenplatz zwei, seit zehn (!) Pflichtspielen ungeschlagen, der beste Saisonstart seit 1989 und so weiter und so fort. Der 1. FC Köln scheint sich aktuell in Sphären zu bewegen, die vor einigen Monaten kaum vorstellbar waren. Zeit für einen Realitäts-Check.
Köln – Peter Stöger versucht einen Balanceakt. Die Euphorie im Umfeld lässt auch den äußerlich ruhigen Österreicher nicht kalt. Andererseits erinnert der FC-Coach – wenngleich etwas fatalistisch – an den SC Paderborn, der vor zwei Jahren nach einem furiosen Saisonstart inklusive Tabellenführung trotzdem abstieg. Allerdings ist sich der 50-Jährige auch bewusst: “In den letzten zwei Jahren sind wir auch mit sieben Punkten gestartet, dann hat uns am vierten Spieltag die Realität eingeholt. Dieses Mal haben wir noch einen drauf gesetzt.”
Die Frage lautet nun also: Wann holt die Realität den Effzeh diesmal ein? Oder befindet sich der 1. FC Köln bereits in der Realität, nur in einer anderen, die der Klub vor der Saison für undenkbar gehalten hatte? Noch sind erst vier Spieltage gespielt, noch hat sich die Liga nicht völlig sortiert. Doch ein Blick auf die Tabelle und die bislang absolvierten Spiele verrät bereits erste Tendenzen.
1. Der Effzeh kann einen Lauf durchziehen
Der 1. FC Köln, den die Fans aus den letzten zwei Jahrzehnten kannten, war dafür bekannt, Chancen liegen zu lassen. Nicht die Torchancen im Spiel, sondern jene, die einen Sprung in der Bundesliga bedeutet hätten. Eine Serie starten, die Tabellenführung für eine Nacht übernehmen, noch mal einen drauf setzen, wenn es ohnehin gerade gut läuft. Bestes Beispiel: Als Köln unter Frank Schaefer in der Saison 2010/11 sieben Heimspiele in Serie gewann, schafften es die Geissböcke in der gleichen Phase, kein einziges der zweiwöchentlich stattfindenden Auswärtsspiele zu gewinnen. Einem Sieg zuhause folgte eine Niederlage auswärts. Wie gewonnen, so zerronnen. Und diesmal? Als die Tabellenführung greifbar war, machte der Effzeh mit Freiburg kurzen Prozess. Dann legte Köln auf Schalke nach, allen Gesetzen endender Serien zum Trotz. “Wenn man so einen Lauf hat und auch mal den Faktor Glück auskosten kann, muss man versuchen, das am köcheln zu halten”, sagt Stöger. “Wir wollen den Lauf durchziehen, solange es geht.”
2. Der Effzeh nimmt das neues Selbstverständnis an
Zu diesem Willen, einen Lauf durchziehen zu wollen, gehört auch das Wissen, es zu können – egal, wie der Gegner heißt. Jörg Schmadtke forderte nach dem 0:0 in Wolfsburg, die Spieler müssten in die Köpfe bekommen: “Ja, das ist der VfL Wolfsburg. Aber wir sind der 1. FC Köln, und wir können hier gewinnen.” Der Effzeh will sich nicht mehr kleiner machen, als er ist. Aufsteiger und Underdog war gestern. “Wir machen uns nicht klein”, sagt auch Stöger. “Wir wollen die Euphorie mitnehmen und uns auf unser eigenes Spiel konzentrieren.” Egal, ob gegen Darmstadt, Schalke oder nun RB Leipzig – die viel zitierte breite Brust soll den Geissböcken das nötige Selbstbewusstsein verleihen, jedem Gegner Probleme bereiten zu können – vielleicht ja sogar dem FC Bayern, gegen den man in der letzten Rückrunde nur unglücklich zuhause mit 0:1 verlor. Was aber neben Selbstbewusst ebenso dazu nötig ist? Ein klarer Kopf. “In Köln gibt es viele Menschen, die Gefahr laufen, abzuheben”, sagt Stöger. “Die 25 Jungs in der Kabine gehören nicht dazu.”
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