[nextpage title=”Köln hat seine Chancen nie nachhaltig genutzt”]
Wenn doch dieses Tagesgeschäft nicht wäre! Die Perspektiven lasen sich so rosig wie nahezu noch nie beim 1. FC Köln. Doch der Klub hat in seiner Historie schon mehrfach bewiesen, aus aussichtsreichen Situationen nichts zu machen. Da würde auch ein Investor nicht helfen.
Köln – Der GEISSBLOG.KOELN präsentiert in dieser Saison die Double-Serie der Saison 1977/78. Genau 40 Jahre ist es her, da spielte der Effzeh ein Jahr wie in Trance. Nach anfänglichen Schwierigkeiten zauberte sich die Elf von Hennes Weisweiler zur Deutschen Meisterschaft und zum Sieg im DFB-Pokal. Der gerade erst erschienene Film zum Double zeigte, dass es der Stadt Köln ähnlich ging. Eine Hochburg der Kunst und Kultur, ein Ort, der international so viel Glamour versprühte wie Paris oder London.
Im Sommer 2017 war der Effzeh wieder wer
Doch nicht nur die Stadt, auch der Effzeh machte damals rein gar nichts aus dieser Chance. Man warf sie weg. Die Geissböcke hatten zusammen mit Borussia Mönchengladbach das beste Team der Bundesliga, den besten Trainer, einen der besten Klubs mit einem schier grenzenlosen Umfeld. Der 1. FC Köln hätte die Liga auf Jahre hinweg beherrschen können. Der Effzeh hatte das Potential zu einem Klub aufzusteigen wie heute der FC Bayern München. Zwei Pokalsiege in Folge, nun auch die Meisterschaft – diesem 1. FC Köln stand eine glorreiche Zukunft bevor. Doch es kam anders.
Im Sommer 2017 herrschte ebenfalls eine große Euphorie. Freilich hatte der Effzeh kein Double gefeiert. Doch der Erfolg von Peter Stöger und seiner Mannschaft fühlte sich an wie ein Titelgewinn. Europa. Nach 25 Jahren. Dazu ein nie da gewesener finanzieller Erfolg. Ein Rekordtransfer mit dem Verkauf von Anthony Modeste. Ein Aufstieg aus der Zweiten Liga bis auf Rang fünf in nur vier Jahren. Wow, die Geissböcke, sie waren wieder da. Wenn sie jetzt die richtigen Entscheidungen trafen, dann konnten sie sich oben in der Bundesliga festsetzen. Nicht ganz oben, aber doch im oberen Mittelfeld. Der Abstieg? In weiter Ferne, eine graue Erinnerung vergessen geglaubter Tage. Die Zukunft, sie versprach Höhen, die Jahrzehnte zurücklagen.
Das Streben nach anderen Sphären
In diesen Aufschwung planten die FC-Bosse Großes: eine Kooperation mit einem chinesischen Erstliga-Klub, dem FC Liaoning, um den Klub im Reich der Mitte besser vermarkten zu können. Über eine Milliarde Menschen – da dürften sich doch auch ein paar Fußballfans finden, die sich für den Effzeh begeistern würden. Und dann war da noch die Aussicht auf ein neues Stadion durch den 2024 endenden Pachtvertrag mit der Stadt und das aus allen Nähten platzende RheinEnergieStadion. Ein neuer Fußballtempel für die aufstrebenden Geissböcke, das wär’s. Und weil der Klub inzwischen wieder etwas wert war als etablierter Bundesligist, wäre ein solches Vorhaben mit einem Investor zu stemmen.
[nextpage title=”Wirft ein Abstieg den FC um ein Jahrzehnt zurück?”]
Die schlimmste Version eines Alptraums
In Steine investieren, nicht nur in Beine – so sollte das Motto lauten des 1. FC Köln in den kommenden Jahren. Mit einer stabilen Führung, einer stabilen sportliche Leistung in der Bundesliga und einer vielversprechenden Zukunft im Milliardengeschäft Bundesliga – national und international. Auf Investoren aus China, Russland oder den arabischen Staaten, verkündete die FC-Führung, wolle man verzichten. Es gehe, wenn überhaupt, um strategische Partner, mit denen man schon lange zusammenarbeite. Die REWE zum Beispiel, Ford oder die RheinEnergie.
Doch was nun? Die Realität sieht ein halbes Jahr später aus wie die schlimmste Version eines Alptraums. Trainer und Sportchef sind weg, das Präsidium angeschlagen und bei Teilen der Mitglieder und Fans unten durch – eine stabile Führung sieht anders aus. Vom sportlichen Erfolg der letzten Jahre ist nur noch eine Ruine übrig geblieben. Die Zweite Liga ruft, und sie wäre nicht nur sportlich, sondern auch finanziell ein Schlag ins Kontor, der den Klub um mehrere Jahre – mancher spricht hinter vorgehaltener Hand von einem ganzen Jahrzehnt – zurückwerfen würde.
Schon reicht Müngersdorf wieder völlig aus
Das Stadion war vor Weihnachten so leer wie seit 2013 nicht mehr. Sandhausen hieß damals der Gegner, nicht der FC Arsenal. Plötzlich scheint Müngersdorf wieder vollkommen ausreichend zu sein für die Geissböcke. Der chinesische Partnerklub, der FC Liaoning, ist inzwischen in die zweite chinesischen Liga abgestiegen. Anders ausgedrückt: in die Bedeutungslosigkeit eines in der Fußballwelt ohnehin bedeutungslosen sportlichen Umfeldes. Finanziell mag China mit voller Wucht in den letzten Jahren die europäischen Transfermärkte durcheinander gebracht haben. Aber sportlich? Weder interessiert sich in Köln jemand für Liaoning, noch würde sich in der nächsten Saison jemand in Liaoning für einen deutschen Zweitligisten interessieren, sollte es zum Abstieg des FC kommen.
Der vergangene Sommer hat bewiesen, dass der 1. FC Köln aktuell keinen Investor braucht. Weder, um sportlichen Erfolg zu haben. Denn noch nie durften Verantwortliche beim FC mit so viel Geld hantieren und machten dabei so viele Fehler. Es wäre nicht noch mehr Geld nötig gewesen, sondern es hätte bessere Entscheidungen gebraucht – dann hätte auch weniger Geld ausgereicht, um sportlichen Erfolg zu haben. Und dann wäre da noch die Frage nach strategischen Partnern zur Finanzierung eines neuen Stadions.
Der Klub scheint nicht gemacht für Kontinuität
Doch der 1. FC Köln hat nach dem Double 1978 ebenso wie nach den beiden deutschen Vize-Meisterschaften unter Christoph Daum 1988/89 und 89/90 bewiesen: Erfolg scheint in diesem Klub nicht von langer Dauer sein zu können. Der Effzeh lebt seit vier Jahrzehnten nur noch in Zyklen, in Aufschwüngen und Abschwüngen, zwischen großen Erfolgen und tiefen Abstürzen. Ein Investor würde dem Effzeh zwar ein neues Stadion garantieren. Darüber hinaus aber müsste der Klub erst einmal wieder beweisen, kontinuierlichen Erfolg zu haben, der den Bau einer solchen Arena rechtfertigen würde. Einst hielt sich der Klub 35 Jahre am Stück in der Bundesliga. Das war Kontinuität. Doch die gibt es nicht mehr. Und nicht wenige sagen, dass diese Kontinuität schon Anfang der 80er Jahre zu bröckeln begann. Seitdem gibt es den 1. FC Köln, den wir heute kennen. Die FC-Bosse betonten in den letzten Jahren stets, dass der Verbleib in der Bundesliga über allem stünde. Doch genau dies scheint in dieser Saison selbst mit den größten finanziellen Mitteln in der Vereinsgeschichte nicht zu gelingen.
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