[nextpage title=”Talente als Spekulationsobjekte – auch beim FC?”]
Ihr kennt Pietro Pellegri nicht? Dabei ist er der teuerste 16-Jährige, der je im Fußball den Verein gewechselt hat – vom FC Genoa zum AS Monaco. Für 25 Millionen Euro. Verrückt? Irgendwie schon. Aber nur die Konsequenz aus dem Transfer-Wahnsinn der letzten Jahre. Für den 1. FC Köln stellt sich die Frage, wie man da mithalten kann.
Köln – Im Januar 2017 vollzog der 1. FC Köln einen für den Klub bemerkenswerten Wechsel. Der 16-jährige Nikolas Nartey kam vom FC Kopenhagen für rund eine halbe Million Euro nach Köln. Ein Mittelfeld-Juwel, das in Dänemark hoch gehandelt wurde, entschied sich für die Geissböcke. So viel Geld hatte der Effzeh noch nie für einen 16-Jährigen ausgegeben.
Fußball-Talente als Spekulationsobjekte
Ein Jahr später holte Köln nun den US-Boy Nebiyou Perry, einen schnellen Außenbahnspieler, 18 Jahre alt, aus Schweden. Außer einer Ausbildungsentschädigung fiel für den vielversprechenden Offensivspieler keine Ablöse an, da sein Vertrag bereits ausgelaufen war. Auch bei Nartey hatte der FC davon profitiert, dass der Vertrag kurz vor dem Ende stand. So war der Däne für verhältnismäßig kleines Geld zu haben. Und ja, im Vergleich zu Pietro Pellegri oder anderen Talenten, die im Winter für viele Millionen Euro wechselten, war die halbe Million fast ein Schnäppchen.
RB Leipzig beispielsweise wollte Úmaro Embaló für rund 16 Millionen Euro verpflichten. Der ebenfalls 16-Jährige spielt bei Benfica Lissabon. Borussia Dortmund holte derweil Sergio Gomez vom FC Barcelona für drei Millionen Euro – ein 17-Jähriger. Warum geben die Klubs so viel Geld für Teenager aus, von denen sie nicht einmal wissen, ob sie den Sprung zu den Profis tatsächlich einmal schaffen werden? Die Antwort ist relativ einfach: als Vorgriff auf Zeiten, in denen solche Spieler mit Anfang 20 noch viel teurer wären. Fußballer als Spekulationsobjekte, als Aktien, als Geldanlage.
Wir haben ein Netzwerk an Informanten im Ausland
Auch der 1. FC Köln stellt sich inzwischen in Sachen Talentsuche deutlich internationaler auf. Lange Jahre lebte der Klub von der Suche nach vielversprechendem Nachwuchs aus der Region. Das ist zwar nicht vorbei, aber längst nicht mehr das einzige, was der FC machen muss. “Wir müssen uns den Entwicklungen stellen”, sagt Daniel Meyer, Leiter des Kölner Nachwuchsleistungszentrums (NLZ). Der GEISSBLOG.KOELN sprach mit dem Nachwuchskoordinator, der aktuell gleichzeitig die U19 trainiert. “Unser Kerngeschäft bleibt zwar unser Regionalscouting. Aber wir besetzen jetzt immer mehr internationale Turniere, haben ein Netzwerk an Informanten im Ausland.”
[nextpage title=”Wie viel zahlt der FC künftig für große Talente?”]
Profiabteilung bei allen Transfers ab der U17 beteiligt
Der Effzeh stellt sich also der Herausforderung, sucht immer häufiger international die Talente schon im U17-Bereich. Dort, wo Fußballer potentiell noch bezahlbar sind. Dort, wo man unter Umständen auch mal ein echtes Schnäppchen machen kann. Ab der U17, macht Daniel Meyer klar, hängt bei jedem Transfer in der Nachwuchsabteilung auch die Lizenzspielerabteilung mit drin. Die Verantwortlichen der Profis sollen beurteilen, “ob das mit der längerfristigen Kaderplanung der Profis Sinn macht”, sagt Meyer.
Die Realisierung dieser Transfers lag zuletzt in den Händen von Jörg Jakobs. Der Sportdirektor ist seit dem 1. Februar nicht mehr am Geißbockheim beschäftigt. Jakobs kümmerte sich um die internationalen Wechsel, um die Organisation des Scoutings von Turnieren im Ausland. Nun müssen Meyer, Sportchef Armin Veh und dessen rechte Hand Frank Aehlig festlegen, wer die Verantwortung für diesen Bereich künftig übernimmt. Klar ist aber schon jetzt: Der FC muss sich darauf einstellen, in einen Wettbewerb einzutreten, in dem weiche Argumente wie eine schöne Stadt oder tolle Fans schon bei 16-Jährigen nicht mehr zählen. Es geht ums Geld.
Bisher waren wir weit, weit von Millionentransfers in diesem Altersbereich entfernt
“Wenn man sich die Ablösesummen bei den Erwachsenen ansieht, versucht inzwischen jeder, Vorgriffe zu tätigen, ehe diese Spieler nicht mehr bezahlbar sind”, weiß Meyer. “Ich finde es schwer, bei einem 16-Jährigen voraussagen zu können, ob er in vier, fünf oder zehn Jahren noch funktioniert.” Dennoch wird auch der FC wohl in den kommenden Jahren immer mehr dazu übergehen, schon im Segment der 16- bis 18-Jährigen nach Talenten überall auf der Welt zu suchen, die das Potential haben könnten, künftig in der Bundesliga für Furore zu sorgen. Wobei dann noch immer das Problem der Ablöse bliebe. “Die Ablösesumme macht ja nicht nur etwas mit dem Spieler, sondern auch mit den Mitspielern, mit denen er zusammenspielen soll.”
Was wird der FC also künftig bereit sein für Nachwuchsspieler zu bezahlen? Fällt bald die Millionengrenze für ein großes Talent aus der U17? “Bisher waren wir weit, weit von Millionentransfers in diesem Altersbereich entfernt”, sagte Meyer. “Wir werden auch in der nächsten Zeit nicht diejenigen sein, die den dicksten Scheck ausstellen.” Der FC wolle weiter versuchen, die Spieler mit einem mehrteiligen Plan aus Fußball, schulischer Ausbildung, psychologischer Betreuung und Atmosphäre zu überzeugen. Doch auch damit werden die Geissböcke nicht alleine auf dem Markt sein. Am Ende, das hat der Fall des 16-jährigen Pietro Pellegri gezeigt, geht es schon in diesem Alter wohl nur noch ums Geld.
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