Torsten Tschöke und Andreas Mews haben Anträge gestellt, die darauf abzielen, Charta und Ehrenordnung zum Satzungsinhalt zu machen bzw. eine politische Haltung des Vereins zum Kampf gegen Diskriminierungen festzulegen und einen Vereinsausschluss von Mitgliedern zu ermöglichen, die gegen diese Regeln verstoßen.
Ein Gastbeitrag von Jörg Heyer
§ 28.6 – Vorschlag Torsten Tschöke
Der Vorschlag von Torsten Tschöke zielt darauf ab, Charta und Ehrenordnung des 1. FC Köln zu Satzungsbestandteilen zu machen, was sie bisher ausdrücklich nicht sind. Torsten Tschöke begründet seinen Vorschlag mit der Unzufriedenheit über den Umgangston innerhalb des Vereins (ein Beispiel für viele mögen die Äußerungen des damaligen Mitgliederrats-Vorsitzenden über andere Mitglieder sein, die im Herbst 2020 bekannt wurden). Indem Charta und Ehrenordnung zum Satzungsbestandteil werden, sollen nach der Begründung des Vorschlags insbesondere mit Verstößen gegen die Charta begründete Vereinsausschlüsse erleichtert werden.
Das Ziel, Vereinsausschlüsse zu erleichtern, begegnet allerdings Bedenken, nicht notwendigerweise rechtlicher Natur. Offenbar ist beabsichtigt, die Anzahl der Vereinsausschlüsse zu erhöhen. Das dürfte vor allem dann ein legitimes Ziel sein, wenn ein Verein eine nennenswerte Zahl von Mitgliedern hat, die ihm nicht mehr zuzumuten sind, die er aber auf der Grundlage der bestehenden Satzungsregeln nicht ausschließen kann. Ob dies beim 1. FC Köln der Fall ist, liegt noch nicht auf der Hand. Mehr darüber zu erfahren, ob es sich um ein Massenphänomen handelt, das mit den bisherigen Satzungsregeln nicht beherrscht werden kann, wäre sinnvoll. Bis geklärt wurde, ob es in dieser Hinsicht tatsächlich ein Problem gibt, das eine Satzungsänderung erfordert, erscheint es nicht grundsätzlich wünschenswert, den Ausschluss von Mitgliedern zu erleichtern. Wenn das vom Antragsteller mutmaßlich verfolgte Ziel einträte, dass es dann auch zu mehr Vereinsausschlüssen käme, hätte dies wohl auch vermehrt Rechtsstreitigkeiten um die Berechtigung solcher Ausschlüsse zur Folge. Den inkriminierten Äußerungen liegt ja in der Regel (wie auch im oben erwähnten Beispiel) ein vielschichtiges Geschehen zugrunde, das dann jeweils zum Gegenstand einer rechtlichen Auseinandersetzung werden könnte. Es wäre bedauerlich, wenn diese Themen in der öffentlichen Wahrnehmung eine zunehmende Rolle spielen würden. Aus heutiger Sicht gilt deshalb: Mehr Punkte dürften dem Verein mehr helfen als mehr Vereinsausschlüsse.
§§ 2.2, 7.3 b) – Vorschlag Andreas Mews
Der Änderungsvorschlag zu § 2.2 zielt darauf ab, das bisherige Bekenntnis des Vereins, niemanden zu diskriminieren, um die Absichtserklärung zu erweitern, Diskriminierungen aktiv entgegenzutreten. Damit es sich um keine Leerformel handelt, müssen damit Diskriminierungen durch Dritte gemeint sein, denen der Verein nach dem Satzungsänderungsvorschlag entgegentreten soll. Auch soll die „politische“ Neutralität durch die „parteipolitische“ Neutralität ersetzt werden. Es soll also in der Satzung eine bislang eher politisch neutrale, passive, diskriminierungsfreie Haltung durch die Selbstverpflichtung zum aktiven Kampf gegen Diskriminierungshandlungen Dritter ersetzt werden. Der Verein soll politisch (nicht: parteipolitisch) kein Neutralitätsbekenntnis mehr abgeben.
Dass diese im Grundsatz kämpferische Haltung auch von den Mitgliedern verlangt werden soll, macht der Änderungsvorschlag zu § 7 deutlich: danach soll auch aus dem Verein ausgeschlossen werden können, wer eine nicht mit § 2.2 vereinbare Gesinnung offenbart. Das wäre, bei strenger Lesart des Änderungsvorschlags zu § 2.2, schon eine Gesinnung, die nicht den Kampf gegen Diskriminierungshandlungen Dritter aufnimmt. Der dahinterstehende Anspruch, die Mitgliedschaft in einem Fußballverein von der Übereinstimmung mit dessen (dann ausdrücklich nicht mehr neutraler) politischer Haltung abhängig zu machen, greift sehr weit.
Auch aus der Sicht des Verfassers ist es politisch wünschenswert, möglichst weite Teile der Gesellschaft zum aktiven Kampf gegen Diskriminierungen zu bewegen. Ob die Satzung eines großen Fußballvereins der richtige Ort ist, diesen Kampf seinen Mitgliedern aufzugeben, kann und sollte ergebnisoffen diskutiert werden – ohne dabei aus den Augen zu verlieren, dass der Verein sich ja auch schon bisher zu den Grundwerten bekennt, um deren aktive Verteidigung es jetzt gehen soll, und dieses Bekenntnis auch lebt. Es geht also bei der Entscheidung über diesen Satzungsänderungsantrag nicht darum, ob man für oder gegen Diskriminierungen ist, sondern ob qua Satzung die FC-Mitglieder bei Androhung des Vereinsausschlusses zum aktiven Kampf gegen Diskriminierungen verpflichtet werden sollen. Eine rechtliche Empfehlung dazu ist nicht angebracht. Politisch wird das jeder für sich selbst entscheiden müssen.
Zu dem aus der Sicht des Verfassers grundsätzlich zweifelhaften Wunsch, Vereinsausschlüsse zu erleichtern bzw. zusätzliche Gründe für Vereinsausschlüsse zu schaffen, ist bereits im Zusammenhang mit dem Vorschlag von Torsten Tschöke zu § 28.6 Stellung genommen.
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