Der neue Mitgliederrat des 1. FC Köln hat seine Arbeit aufgenommen. Auf drei Jahre sind die 15 Vertreter nun gewählt, ehe 2024 die nächste Wahl des Gremiums ansteht. Dass diese Wahl per Satzung verändert werden muss, hat der Vorstand der Geißböcke längst eingesehen. Doch es braucht eine weiterreichende Satzungsänderung: Denn das aktuelle Wahlverfahren fördert die Spaltung des Klubs.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Werner Wolf hat in den vergangenen zwei Jahren als FC-Präsident immer wieder betont, dass im 1. FC Köln die Menschen miteinander und nicht gegeneinander arbeiten müssten. “Gemeinsam gewinnen alle” war und ist das Motto des amtierenden Vorstands. Doch die Wahl des Mitgliederrates ist ein gewolltes Gegeneinander.
Zur Einordnung: Die Satzung des 1. FC Köln sieht vor, dass die Stimmberechtigten bei der Mitgliederversammlung den Kandidaten für den Mitgliederrat nicht nur ihre Ja-Stimme geben können, sondern auch ihre Nein-Stimmen. Am Ende setzen sich jene Kandidaten mit dem besten Ja-Nein-Stimmenverhältnis durch.
Ein Wahlsystem als Quelle für Spaltung und Anfeindung
Was auf den ersten Blick nach einem normalen demokratischen Prozess aussieht, ist in Wahrheit eine sprudelnde Quelle für Spaltung, Opposition, Grüppchenbildung, Abgrenzung und Anfeindung. Es geht in diesem Wahlsystem nicht nur darum, dass Kandidaten die Mitglieder von sich überzeugen müssen. Es geht gleichzeitig auch darum, andere Kandidaten schlecht zu machen, um ihre Wahl zu verhindern.
“Du musst nicht nur für mich sein, sondern auch gegen andere.” Ein Satz, der als Kernwert die bisherigen Wahlen des Mitgliederrates beschreibt – und nicht ganz zufällig seit Jahren insgeheim das politische Motto innerhalb des 1. FC Köln ist. Der Klub ist geteilt in Pro und Contra, in Schwarz und Weiß. Grauzonen werden kaum zugelassen, es wird sich nur selten wirklich zugehört, selten wirklich ernsthaft Argumente auf fairem Niveau ausgetauscht. Die aktuelle Satzung spiegelt dieses Gegeneinander bei der Wahl des Mitgliederrates wieder.
Welche Art des Wahlkampfs will der 1. FC Köln?
Der Vorstand des 1. FC Köln wollte bei der zurückliegenden MV die Satzung diesbezüglich leicht verändern – ging dabei aber nicht weit genug. Der Antrag scheiterte zwar aus anderen Gründen, doch Wolf und Co. müssen sich für das nächste Jahr fragen, wenn sie ihren Antrag in veränderter Form werden einbringen wollen: Welche Art des Wahlkampfs will der 1. FC Köln? Will der Verein einen positiven Wahlkampf, in dem alle Kandidaten für ihren Weg kämpfen, für sich Argumente vorbringen, für ihre Ideen werben? Oder will der Verein einen negativen Wahlkampf, in dem die Kandidaten nicht nur auf ihr eigenes Ergebnis schauen, sondern im Hintergrund auch Kämpfe laufen, damit andere Kandidaten möglichst viele Nein-Stimmen kassieren?
Die überwältigende Mehrheit der Mitglieder ist klug genug
Nun gibt es fraglos auch unter den fast 115.000 Mitgliedern des 1. FC Köln einige schwarze Schafe, deren politische Meinung kaum bis gar nicht mit der FC-Charta vereinbar ist. Und mancher von ihnen mag künftig anstreben, in den Mitgliederrat einzuziehen. Nun könnte man also argumentieren, genau für solche Leute sei die “Nein”-Stimme wichtig, um ihnen den Einzug in ein Gremium verwehren zu können.
Aber traut der Vorstand der überwältigenden Mehrheit der Mitglieder wirklich nicht zu, diese schwarzen Schafe zu erkennen und schlicht den viel besser geeigneten Kandidaten ihre Stimme zu geben? Die Mitglieder haben sich bei der letzten MV klar positioniert und zwei Anträge mit überwältigender Mehrheit angenommen, in denen es darum ging, für weltoffene Werte einzustehen. Kandidaten, die diese Werte nicht teilen sollten, hätten bei einer Wahl demzufolge ohnehin keine Chance.
Der 1. FC Köln will ein positiver Klub sein, will innerhalb einer großen Mitgliederschaft gemeinsam eine erfolgreiche Zukunft des Zusammenhalts gestalten. Der Vorstand will dies unterstützen und die fortschreitende Spaltung der letzten Jahre innerhalb des Klubs überwinden. Dafür aber muss dieses spaltende Wahlsystem des Mitgliederrates abgeschafft werden.
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