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Anderssons stille Qualität im Schatten des FC-Erfolgs

Steffen Baumgart auf der FC-Bank mit Sebastian Andersson. (Foto: Bucco)
Steffen Baumgart spricht nach der Auswechslung von Sebastian Andersson gegen Stuttgart mit dem Schweden auf der FC-Bank. (Foto: Bucco)

Der 1. FC Köln feiert nach dem 1:0-Heimsieg gegen den VfB Stuttgart den Abschluss einer erfolgreichen Hinrunde. Anthony Modeste wird gefeiert, sodass die Wirkung seines Nebenmanns im Angriff untergeht. Diese lässt sich an einer einfachen Zahl ablesen. Am Ende des Jahres freut sich der FC über das perfekte Ende einer Halbserie, dessen Ausgang für vieles steht, was die Geißböcke unter Steffen Baumgart ausmacht. 

Aus Müngersdorf berichten Sonja Eich und Marc L. Merten

Geschichte des Spiels: Wer hätte es noch vor wenigen Monaten für möglich gehalten, dass Kingsley Schindler im Dezember 2021 die letzten drei FC-Tore des Jahres vorbereiten und jeweils zu zwei Last-Minute-Siegen entscheidend beitragen würden? Der “King” jedoch lieferte erst in Wolfsburg und nun gegen Stuttgart ab, brachte die Flanken an den Mann, oder besser, an den Modeste. Und der Franzose machte, was er halt so macht – unnachahmlich einköpfen.

Der Unauffällige: Es wäre einfach, nun noch viele weitere Geschichten zu Anthony Modeste zu erzählen. Viel auffälliger jedoch ist die Geschichte des unauffälligeren Mittelstürmers. Sebastian Andersson schoss gegen Stuttgart NICHT aufs Tor, er bereitete auch KEINEN einzigen Torschuss vor. Und doch: Der Schwede ist für den FC Gold wert. Glaubt Ihr nicht? Wie wäre es dann mit dieser Statistik? In acht Bundesliga-Spielen stand Andersson in dieser Saison in der Startelf – der FC holte 14 Punkte. In den neun anderen Bundesliga-Spielen ohne Andersson in der Startelf gab es nur 11 Punkte. Mit dem 30-jährigen von Beginn an holt der FC also im Schnitt 1,75 Punkte pro Spiel, ohne ihn nur 1,22 Punkte.

Das Sturm-Duo: Die Andersson-Statistik ist umso bemerkenswerter, als dass sein Sturmpartner Modeste MIT Andersson neben sich seltener trifft (4 Tore in 8 Spielen) als OHNE den Schweden (7 Tore in 9 Spielen). Mehr Modeste-Tore also ohne Andersson, dafür weniger Punkte – eine kuriose Statistik. Klar scheint aber: Alleine die Präsenz beider Mittelstürmer auf dem Platz verändert die Balance des gesamten Spiels – auch die des Gegners – zugunsten der Geißböcke. Und so wunderte es nicht, dass nach dem Schlusspfiff alle über die Umarmung Baumgarts mit Modeste sprechen, aber nicht über Baumgart, der sich noch während des Spiels nach Anderssons Auswechslung zu dem Schweden auf die Bank gesetzt und dem Angreifer gut zugeredet hatte.

Die Tabelle: Nach 17 Spieltagen liegt der 1. FC Köln nicht nur mit 25 Punkten auf Rang acht. Der FC auch sechs Punkte Vorsprung auf Borussia Mönchengladbach, fünf auf Wolfsburg und drei auf Leipzig. Vor der Saison so etwas zu behaupten, hätte zu der Erklärung geführt: Dann muss der 1. FC Köln ja auf einem Champions-League-Rang liegen. Nein, das tut er nicht. Doch die acht Punkte Vorsprung auf Rang 16 und neun Zähler Vorsprung auf Rang 17 geben ein gutes Gefühl für die Rückrunde. Vom Rückstand auf die Europa-Ränge hingegen wollen wir nicht sprechen.

Pfiff des Spiels: Vor nur noch 15.000 Zuschauern waren sie immer wieder zu hören. Die Pfiffe von Steffen Baumgart. Ein schrilles Geräusch von der Seitenlinie – entweder begleitet von einem anfeuernden Klatschen oder von einer Handbewegung. Diese Pfiffe signalisieren in der Regel zwei Dinge: Entweder will der FC-Trainer einem Spieler für nach einer gelungenen Aktion, die aber keinen Erfolg hatte, weiter Mut zusprechen. Oder er will aktiv in den Spielaufbau eingreifen. Der Pfiff mit Handbewegung ertönt in der Regel, wenn Baumgart eine Seitenverlagerung will. Häufig von einem Innenverteidiger diagonal auf die entgegen gesetzte Außenbahn. Weniger Zuschauer bedeuten, dass die Spieler diese Kommandos wieder besser hören.

Zitat des Tages: “In dem Siegtor steckte unglaublich viel drin, was uns in dieser Saison charakterisiert. Wir haben unheimlichen Druck gemacht, wollten das Tor mit aller Macht und haben es am Ende auch herausgespielt. Das ist ein Abschluss der Hinrunde, wie man ihn sich malt.” (Interims-Sportchef Jörg Jakobs)

Zahl des Tages: Dann doch noch mal Anthony Modeste. In seinem 140. Pflichtspiel für die Geißböcke traf der 33-jährige zum 69. Mal. Eine Trefferquote von fast genau 50 Prozent. Wahnsinn, dieser Stürmer!

Erkenntnis des Spiels: Wochenlang hatte Steffen Baumgart daran geglaubt, dass sich irgendwann das Glück auf die Seite der Kölner verlagern würde, dass aus Niederlagen Unentschieden und aus Unentschieden Siege werden würden. In Bielefeld hatte es schon eher nach einer Niederlage ausgesehen, es wurde ein Punkt. In Wolfsburg hätte das Pendel in beide Richtungen ausschlagen können, doch es wurden drei Zähler. Und nun das Spiel gegen Stuttgart – ein völlig verdienter, am Ende aber glücklicher Sieg. Doch egal – der 1. FC Köln spielte eben bis zum Schluss auf die drei Punkte und belohnte sich für diesen Mut. Einen besseren Abschluss der Hinrunde hätte es daher nicht geben können.

Die unerzählte Geschichte: Es drohen nun erst einmal wieder Geisterspiele. Die Politik will für alle größeren Sportveranstaltungen die Zuschauer ausschließen. Der FC gewann das letzte ausverkaufte Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach und nun das wohl vorerst letzte Heimspiel vor Zuschauern. Im Januar gegen den FC Bayern und im DFB-Pokal gegen den Hamburger SV könnte es dagegen wieder sehr still werden in Müngersdorf. Das soll dem FC-Erfolg jedoch keinen Abbruch tun. Denn an der Seitenlinie, so viel ist sicher, wird es nicht ruhiger werden. Unmöglich.

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