Der 1. FC Köln erlebt im zweiten Bundesliga-Spiel der neuen Saison ein Déjà-vû. Erst wird die Führung des Gegners aberkannt. Dann fliegt ein Leistungsträger vom Platz. RB Leipzig schimpft, der FC nutzt die erneute Schwächung des Gegners. Steffen Baumgart hatte eine klare Meinung.
Aus Leipzig berichtet Marc L. Merten
Als Schiedsrichter Benjamin Brands ohne zu zögern die Rote Karte aus der Gesäßtasche fingerte und Dominik Szoboszlai unter die Nase hielt, zog Steffen Baumgart nur die Schultern hoch und hob die Hände. Die Geste schien auszudrücken: Was hätte der Schiedsrichter anders machen sollen? Dann deutete Baumgart die Bewegung des Ellenbogens an, der am Hals von Florian Kainz gelandet war. Für den FC-Trainer eine klare Sache.
Florian Kainz war in der 45. Minute zu Boden gegangen, nachdem Szoboszlai den Österreicher mit dem Ellenbogen getroffen hatte. Der Pfiff war bereits ertönt, der Ungar hatte den Arm anschließend noch einmal bewusst nach oben genommen, um Kainz von sich zu stoßen. Dass der vermeintliche Schlag den FC-Profi unter dem Kinn direkt am Hals traf, machte die Rote Karte unumgänglich. Eine Tätlichkeit, die nach dem Regelwerk keine andere Entscheidung zulässt.
“Ich stehe daneben und will nicht bewerten, ob es ein Schlag war. Aber der Ellenbogen war oben, und man sieht, dass der Hals getroffen wird”, sagte Baumgart hinterher auf der Pressekonferenz und machte klar: “Das muss dann der Schiedsrichter bewerten. Der Ellenbogen hat da oben nichts zu suchen, auch wenn ich mir sicher bin, dass es keine Absicht war. Es war auch keine Schlagbewegung.” Dennoch sieht das Regelwerk, wie auch in der Vorwoche bei Dominick Drexler, den Platzverweis eindeutig vor.
So spielte der 1. FC Köln auch im zweiten Saisonspiel in Überzahl. Und das, nachdem erneut der vermeintliche Führungstreffer des Gegners per VAR aberkannt worden war. David Raum hatte vor dem Tor von Dani Olmo den Ball nach Einschätzung des Schiedsrichter-Gespanns eindeutig aktiv mit der Hand gespielt und sich dadurch einen Vorteil verschafft. Nur so konnte der Linksaußen den Ball an Kingsley Ehizibue vorbeilegen und für Olmo vorbereiten. Und so geriet der FC – wie schon gegen Schalke – eben nicht nach zehn Minuten mit 0:1 in Rückstand, sondern blieb im Spiel.
Zweifelhafte Interpretation des RB-Direktors
Glück für den FC, Pech und Ärger für RB Leipzig. “Er hat es sich nicht noch einmal angeschaut, dann war es ja eine klare Entscheidung”, sagte Domenico Tedesco nur schmallippig zum Platzverweis, weil Benjamin Brands nicht noch einmal die TV-Bilder konsultiert hatte. Der Trainer sprach von “Schicksalsschlägen”, die seine Mannschaft hätte einstecken müssen. RB-Direktor Christopher Vivell ätzte dagegen gegen Kainz. “Im Fußball wird leider belohnt, wenn sich jemand fallen lässt. Das war kein Schlag, dass er blutend ins Krankenhaus muss.”
Zweifelhaft ist, ob ein Spieler erst blutend ins Krankenhaus muss, damit eine Rote Karte berechtigt wäre. Genauso musste Dominick Drexler vor einer Woche mit Rot vom Platz, obwohl Jonas Hectors Wadenbein nicht gebrochen war. Und auch RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff hatte offenbar einiges mit dem Schiedsrichter-Gespann zu diskutieren, ging dieser doch nach dem Spiel von der Tribüne auf den Rasen und verwickelte Brands in eine Diskussion. Allerdings gab Mintzlaff hinterher zu: “Der Platzverweis darf uns nicht passieren. Das hat auch mit Überheblichkeit zu tun.”
Eine weitere Duplizität der Ereignisse
Florian Kainz wollte hinterher nicht bewerten, ob das Foul an ihm eine Rote Karte war. “Ich bekomme den Ellenbogen an den Hals. Da kann ich mir nichts vorwerfen.” Es passte zu dem Verlauf des Spiels, dass RB Leipzig auch das Zustandekommen des Eckballs kritisierte, der zum 2:2-Ausgleich führte. “Die Ecke hätte es nicht geben dürfen”, sagte Tedesco. Auch der FC Schalke 04 hatte die Ecken-Entscheidung vor dem Treffer zum 1:0 der Geißböcke am 1. Spieltag kritisiert. Es war eine weitere Duplizität der Ereignisse – zugunsten des 1. FC Köln.
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