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NLZ-Chef Berg: “Der Umbruch im Sommer wird größer sein”

Seit vergangenem November leitet Lukas Berg das Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Köln. (Foto: Bucco)
Seit vergangenem November leitet Lukas Berg das Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Köln. (Foto: Bucco)

Der 1. FC Köln glänzt mit der U17 und der U19, hat mit der U21 aber große Probleme. Im GEISSBLOG-Interview spricht der neue NLZ-Chef Lukas Berg über die Nachwuchsarbeit der Geißböcke.

Das Interview führten Daniel Mertens und Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Berg, Ihre ersten Wochen als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums hätten gegensätzlicher kaum sein können. Die U19 spielt um den Titel mit und ist im Pokal schon weit gekommen, die U21 ist aktuell das genaue Gegenstück. Wie war es für Sie, in dieser Situation zu starten?

LUKAS BERG: „Es war ein sehr kurzatmiger und ereignisreicher Start. Das NLZ ist nochmal vielschichtiger als die Profiabteilung. Hier haben wir zwölf Mannschaften, zwölf Trainerteams, einen größeren Staff und 250 Spieler. Dazu kommt eine ganze Reihe an Festangestellten und Nebenberuflichen – das sind über 350 Personen.“

Was waren Ihre ersten Amtshandlungen?

„Ich habe sehr viele Gespräche geführt – die ersten natürlich mit den Cheftrainern, denn sie sind die wichtigsten Mitarbeiter der jeweiligen Mannschaften. Vor Weihnachten habe ich noch viele Spiele geschaut, um dann in der Winterpause in die Analyse zu gehen. Es gab einfache Analysen wie im U17- und U19-Bereich. In der U21 war die Analyse etwas komplizierter.“

Die U21 befindet sich tief im Abstiegskampf. Wie bewerten Sie die Situation?

„Jeder Spieler und jeder Trainer weiß, dass es nur darum gehen kann, die Klasse zu halten. Alle wissen auch, woran es hapert. Wir haben im Winter viel Zeit darauf verwendet, die Erwartungshaltung klarzumachen, an Stellschrauben zu drehen und klar zu kommunizieren: Wer nicht in der Lage ist, diesen Weg mitzugehen, wird nicht mehr Teil dieser Gruppe sein. Es gilt, standhaft zu bleiben, wenn Gegenwind kommt. Unser Ziel ist es, in der Liga zu bleiben. Dafür werden wir um jedes Spiel kämpfen, um am Ende Planungssicherheit für die Regionalliga West zu haben.“

Wir haben den Anspruch, mit der U21 mindestens in der Regionalliga zu spielen

Lukas Berg

Woran hapert es denn?

„Wir haben die Tugenden, die wir auch in der Profimannschaft an den Tag legen, in den Vordergrund gestellt. Das heißt: Intensität im Spiel, eine hohe Lauf- und Zweikampfbereitschaft sowie Mentalität. Wir hatten den Eindruck, dass nicht jeder verstanden hat, was der Klub erwartet. Die Erwartungshaltung ist für alle gleich, egal ob es ein gestandener Spieler ist oder einer, der eigentlich noch bei der U19 spielt. Das war das übergeordnete Thema, bei dem wir gerade auch deutliche Verbesserungen sehen.“

Wenn es im schlimmsten Fall zum Abstieg in die Oberliga käme, würde der FC die U21 aber nicht abmelden, oder? 

„Nein. Die U21 ist für uns eine der wichtigsten Entwicklungsstufen. Man merkt, wenn anderen Vereinen diese Entwicklungsstufe fehlt. Für uns ist es ein elementarer Baustein in der Weiterentwicklung von Spielern, und der wird ligaunabhängig auch weiterbestehen.“

Messen Sie dem Erhalt der Regionalliga mehr Bedeutung zu als einem möglichen Titel in der A-Junioren-Bundesliga? In diesem Fall könnten die Leistungsträger der U19 auch in der U21 aushelfen. 

„Wir haben den Anspruch, mit der U21 mindestens in der Regionalliga West zu spielen. Das Ziel ist die bestmögliche Entwicklung unserer Top-Talente. Wenn das bedeutet, dass man einem Spieler wie Rijad Smajic den nächsten Entwicklungsschritt ermöglicht, dann werden wir das im Zweifelsfall immer tun. Diese Ausbildungsstufe, frühzeitig vom Junioren- in den Seniorenfußball zu kommen, sich gegen Preußen Münster oder Alemannia Aachen behaupten zu können, ist eine ganz andere Hausnummer. Ich glaube, bei wenigen Bundesligisten ist es so gut möglich, aus dem Junioren- in den Profifußball zu kommen.”

Ist es auch denkbar, mit einer U18 statt einer U19 zu spielen?

„Nein, wir werden weiterhin eine U19 haben, ganz klar. Wenn jemand, der das erste U19-Jahr gespielt hat, die Möglichkeit hat, in der U21 spielen, sollte er auch dort spielen. Natürlich hätten wir dadurch eine Schwächung der U19. Und natürlich wäre es toll, dass wir da ein DFB-Pokal-Halbfinale oder die mögliche Endrunde um die deutsche Meisterschaft bekommen. Das übergeordnete Ziel unseres NLZ muss aber sein, Spieler zu den Profis zu bringen.“

Das Profil der U21 wird sich verjüngen

Lukas Berg

Der U17-Titel von 2019 hat dem FC in der nationalen Wahrnehmung geholfen. Gleiches dürfte nun auch für die möglichen Erfolge in der U19 gelten. 

„Natürlich, wir werden Titel nicht verhindern. Wir sprechen immer über Entwicklung, und natürlich hilft da auch ein K.o.-Spiel, ein Halbfinale oder Finale, weil das nochmal ganz andere Bedingungen sind. Wir werden dem aber nicht alles unterordnen. Wenn wir der Meinung sind, dass ein DFB-Pokal-Halbfinale ein guter Entwicklungsschritt unter extremen Druckverhältnissen ist, dann werden wir schauen, dass wir da die bestmögliche Mannschaft auf den Platz bringen.“

Elias Bakatukanda und Justin Diehl trainieren weiter bei den Profis. Wie sehen ihre Perspektiven aus?

„Sie bleiben im Training bei den Profis und stehen im Kader, falls sie gebraucht werden. Auf der anderen Seite müssen sie Spielpraxis sammeln und kommen deshalb überwiegend bei uns zum Einsatz. Es bringt wenig, wenn wir die Jungs hochjubeln und sie dann auf keine Minuten kommen.“

In der U21 wurden in den letzten Jahren einige externe Spieler geholt, die eine Perspektive von einem, maximal zwei Jahren hatten. Muss es künftig ein Ansatz, verstärkt auf Spieler aus der eigenen U19 zu setzen?

„Wir werden zu einem ganz großen Teil versuchen, Top-Talenten in der U21 die ersten Schritte zu ermöglichen. Das Profil der Mannschaft wird sich verjüngen, im besten Fall werden da Spieler sein, die eine Profiperspektive haben – nicht nur explizit für die Bundesliga, sondern generell für den Profifußball.“

Der Umbruch im Sommer wird also größer sein als in den Jahren zuvor?

„Das wird er tatsächlich. Wir haben ältere Spieler wie Lukas Nottbeck und Thomas Kraus, die ihr Karriereende anstreben, Spieler, die aus der U-Regelung rausfallen und einige, die wir aus der U19 hochschieben. Allein durch die Vertragskonstellation haben wir Spielraum, ein paar Sachen zu verändern.“ 

Was würde ein Abstieg in die Oberliga für den 1. FC Köln bedeuten, gerade mit Blick auf den Profikader und darauf, Talente an diesen heranzuführen?

„Uns würde extrem viel verloren gehen. Ich habe mich, ehrlich gesagt, mit dem Szenario noch nicht im Detail beschäftigt, weil ich aufgrund der Qualität des Trainerteams und der Mannschaft davon überzeugt bin, dass wir die Klasse halten. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es passieren würde, hätten wir bei Spielern, die aus dem U19-Bereich rauskommen, Redebedarf, um sie von diesem Weg zu überzeugen. Das wäre ungleich schwerer.“

Internationale Transfers werden die absolute Ausnahme bleiben

Lukas Berg

In Freiburg sieht man gerade das gegenteilige Konzept, mit der zweiten Mannschaft, die in der Dritte Liga oben mitspielt. Streben Sie das Freiburger Modell auch mittelfristig für den FC an?

„Freiburg hatte einen sehr guten Jahrgang, der den Aufstieg in die Dritte Liga ermöglicht hat. Wenn wir einen Sensationsjahrgang haben, der durch die Regionalliga galoppiert, werden wir den natürlich auch durchlaufen lassen. Das Konzept, das Freiburg hat, ist sehr passend für die Interpretation einer zweiten Mannschaft. Das ist sehr stark darauf ausgelegt, eigenen Nachwuchsspielern den nötigen Schliff zu verpassen oder externe junge Spieler mit dazu zu nehmen. Borussia Dortmund zum Beispiel verfolgt eher ein anderes Konzept. Da ist es eher eine eigenständige Mannschaft. Das würde zu uns nicht passen.“

Nach vielen Jahren der Doppelspitze werden sie die Funktion als NLZ-Chef allein ausfüllen. Haben Sie für sich persönlich schon einen Anspruch formuliert?

„Wir sind grundsätzlich von Doppelspitzen weggegangen, sowohl bei Thomas Kessler und mir im Profibereich als auch jetzt im Nachwuchs. Für mich war es wichtig, eine passfähige Organisationsstruktur innerhalb des NLZs zu schaffen. Wir haben über alle Altersbereiche hinweg gute Cheftrainer. Die brauchen als wichtigste Mitarbeiter des Klubs den Freiraum, Entscheidungen zu treffen. Wenn ich Fußballlehrern tagtäglich erzählen würde, wie sie ihr Training zu gestalten haben, wäre ich falsch an der Position. Die Erwartungshaltung des Klubs an mich ist, diesen großen Bereich zu gestalten und dafür zu arbeiten, das Ganze auf das nächste Level zu heben.“

Wird sich auch das Scouting verändern?

„Gerade national funktioniert unser Scouting sehr gut. Internationale Transfers werden weiterhin die absolute Ausnahme bleiben. Unser Alleinstellungsmerkmal muss sein, frühzeitig Talente aus der Region zu finden, an unseren Klub zu binden und bestmöglich zu entwickeln. Wir müssen kreativ sein, mit Qualität und Trainingsleistung überzeugen und Spieler in den kleineren NLZ finden. Was unsere Scoutingabteilung sehr gut macht, ist, dass sie Jungs wie Tim Lemperle, Jan Thielmann, Mathias Olesen oder Denis Huseinbasic findet, die das Potential haben, sich in der Bundesliga zu etablieren, wenn sie richtig gefördert werden und das Vertrauen bekommen.“

Haben Sie sich beim Thema Trainerentwicklung Ziele gesetzt, wie Sie das angehen wollen?

„Trainer zu entwickeln und zu fordern, muss für uns als FC das Entscheidende sein. Das Ziel muss sein, für zu besetzende Stellen immer aus dem eigenen Nachwuchs zu rekrutieren. Klar, an der Spitze ist es immer eng, da gibt es nicht so viele Plätze. Aber die Qualität, die wir hier an Trainern haben, müssen wir weiter fördern. Diesen Anspruch habe ich auch an mich und versuche, mich extern weiterzubilden. Trainer sind die wichtigsten Personen, nicht nur bei den Profis. Sie haben den engsten Kontakt zu den Spielern, sind die größten Imageträger und Werteüberbringer, weil sie tagtäglich mit dem FC-Logo auf dem Platz stehen. Da muss die Qualität rein – nur dann kann die Ausbildung von jungen Talenten erfolgreich sein.“

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