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Keller: “Vielleicht kommt ein Spieler, von dem man sagt…”

Christian Keller (re.) folgte im April 2022 als FC-Geschäftsführer auf Interims-Sportchef Jörg Jakobs. (Foto: Bucco)
Christian Keller (re.) folgte im April 2022 als FC-Geschäftsführer auf Interims-Sportchef Jörg Jakobs. (Foto: Bucco)

Christian Keller spricht im zweiten Teil des großen GEISSBLOG-Interviews über die finanziellen Sorgen beim 1. FC Köln. Muss der FC erneut Spieler verkaufen? Wie hoch wird der Etat sein? Und welche Ziele kann der Klub ausrufen?

Das Interview führte Marc L. Merten

Bleibt es dabei, dass der FC in diesem keine Leistungsträger verkaufen wird?

Wir sind nicht darauf angewiesen, Spieler abzugeben. Das ist anders als im Vorjahr, als es notwendig war, Transfers zu tätigen, um die Lücken im Haushalt zu schließen. Unsere Absicht ist deshalb, in diesem Sommer keine für uns zentralen Spieler abzugeben. Wenn ein Angebot käme und der Spieler darüber nachdenken sollte, würden wir uns offen austauschen – aber nur, sofern wir es sportlich kompensieren könnten.

Gab es schon solch lukrative Anfragen?

Nein.

Wie viel Geld hat der FC denn für Neuzugänge zur Verfügung?

Über unseren Rahmen entscheide ich als Geschäftsführer ja mit. Wir haben die klare Vorgabe, den Klub zu gesunden, ein neues Fundament zu legen und dann wieder in der Lage zu sein, mehr Geld für den Sport auszugeben. Anders wird es nicht möglich sein, langfristig wieder höhere Ambitionen verfolgen zu können. Wir müssen alle mit diesem Weg leben. Jeder weiß, woran er ist. Trotzdem schließt das nicht aus, dass wir auch mal gestandene Spieler holen. Davie Selke war ja ein solcher.

Muss der FC seine Kosten weiter senken oder ist diese Arbeit nach der Saison und durch die zahlreichen Spieler mit hohen Gehältern, die den Klub verlassen, abgeschlossen?

Letzte Saison haben wir den Personaletat im Lizenzbereich um fast 25 Prozent reduziert. Das müssen wir jetzt nicht mehr tun. Wir können den Etat aber auch nicht wieder erhöhen. 

Jonas Hector, Timo Horn, Ellyes Skhiri und Sebastian Andersson gehörten zu den Top-Verdienern. Die sind jetzt weg. Dadurch müsste doch automatisch mehr Geld für Transfers da sein.

Auf den Positionen, auf denen wir suchen, haben wir ja nicht nur Spieler aus der Regionalliga eingeplant. Da taucht vielleicht auch einer auf, den die Leute kennen, ohne ihn googlen zu müssen (lacht). Vielleicht kommt ein Spieler, von denen man dann sagt: Okay, interessant, dass der zum 1. FC Köln wechselt.

Steffen Baumgart hat offensiv kommuniziert, dass er mit dem FC um mehr mitspielen möchte – um Europa und um den DFB-Pokal. Ist das auch eine Forderung an Sie, einen entsprechenden Kader zusammenzustellen?

Wir stimmen uns natürlich ab, bevor jemand etwas zu den Zielen des Klubs sagt. Steffen hat gesagt, wohin er perspektivisch mit dem FC gerne möchte. Das ändert ja nichts daran, dass wir in der neuen Saison realistischerweise erst mal immer wieder auf 40 Punkte kommen wollen. Denn damit haben zwei Drittel der Klubs jedes Jahr genug zu tun. Das ist die Herausforderung in einer sehr ausgeglichenen Bundesliga. Steffen sagt aber richtig: Wenn mehr geht, dann wollen wir auch mehr. Das ist die richtige Haltung. Und für den DFB-Pokal gilt: Warum sollen wir nicht sagen, dass wir das Ding gewinnen wollen? Wir gehen ja nicht in einen Wettbewerb mit sechs Spielen und wollen in der zweiten Runde ausscheiden. Das ist ein K.o.-Wettbewerb. Da will man so weit kommen, wie es geht.

Das entscheidende Thema der letzten Wochen war die FIFA-Sperre. Wie geht es vor dem CAS weiter?

Es wird zu einem noch nicht definierten Zeitpunkt ein CAS-Hearing stattfinden. Danach folgt das Urteil. Wann genau das sein wird, möchte ich nicht spekulieren. Wir haben aus unserer Sicht gute Argumente, weshalb wir davon überzeugt sind, erfolgreich sein zu können. Unser Ziel ist die Aufhebung des FIFA-Urteils. Mehr möchte ich dazu wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen.

Sollte die Strafe bestätigt werden, könnten Sie im Winter 2023/24 und Sommer 2024 keine Transfers tätigen. Wie gehen Sie mit diesem Szenario um?

Das Szenario bedeutet nicht, dass wir in diesem Sommer einfach fünf Spieler mehr holen und den Kader aufblähen werden, damit wir für die nächsten Transferperioden auf der sicheren Seite sind.

Das Eine bedeutet ja nicht immer zwingend das andere. Sie haben in den letzten Monaten ja gelernt, wie wichtig im Falle einer Transfer-Sperre Leihgeschäfte in beide Richtungen sind. Sie könnten Spieler verleihen, damit diese Spieler sich weiterentwickeln, und gleichzeitig andere Spieler auf Leihbasis verpflichten, die Ihnen weiterhelfen – und die Sie im Falle eines Bestehens der Transfer-Sperre nächsten Sommer trotzdem fest verpflichten könnten.

Ich fand Leihgeschäfte schon immer gut.

Das hat man letzten Sommer aber nicht gesehen. Da haben Sie kein einziges Leihgeschäft gemacht, obwohl der FC nur geringe Mittel zur Verfügung hatte.

Weil die Mittel, die da waren, ausgereicht haben, um Spieler fest zu verpflichten (lacht). Wir hatten am Ende ja trotzdem eine deutlich positive Transferbilanz.

Wird der FC also in diesem Sommer auch auf Leihgeschäfte setzen?

Ich kann der Tatsache viel abgewinnen, wenn man einen Spieler auf Leihbasis bekommen kann, den man sonst eigentlich nicht kriegen würde. Genau dann, wenn ein Spieler bei seinem Stammklub ins Hintertreffen gerät, aber eigentlich nur noch spielen möchte, und der Stammklub merkt, dass der Spieler seinen Marktwert verliert, wenn er nicht mehr spielt. Also kann ein Klub wie der FC diesen Spieler leihen und im Idealfall noch eine Kaufoption erhalten. Dann kann man nicht viel falsch machen. Da unsere Mittel begrenzt sind, können wir nicht im höchsten Regal einkaufen. Am liebsten hätten wir natürlich nur gestandene Bundesliga-Spieler, die möglichst wenig Gehalt verdienen, Fünf-Jahres-Verträge unterschreiben und irgendwann einen riesigen Marktwert generieren (lacht).

Dann wäre die Sanierung ein Kinderspiel, ist sie aber nicht. Sie sprechen von drei bis fünf Jahren, in denen der Klub den Gürtel enger schnallen muss.

Was aber nicht heißt, dass wir alles zusammenzusparen. Wir wollen die Mittel so einsetzen, dass eine Weiterentwicklung des FC einsetzt. Die getroffenen Maßnahmen sieht man aber nicht immer sofort auf dem Platz. Sie sind aber die Voraussetzung, dass sich der FC langfristig auch auf dem Platz entwickeln kann. Nehmen wir mal die beiden Rasenplätze am Geißbockheim, die wir aktuell komplett sanieren bzw. neu anlegen. Wenn diese Plätze fertiggestellt sind, können wir auf ihnen das ganze Jahr über trainieren. Das war bislang nicht möglich. Wir werden auch die sonstige Infrastruktur  weiter modernisieren und zum Beispiel diesen Sommer aus unserer Fußballhalle eine richtige Athletikhalle machen, nutzbar nicht nur für die Lizenzmannschaft, sondern auch für die Frauen und den Nachwuchs. Das kostet natürlich alles Geld, das auch in Spieler fließen könnte, macht den FC aber ganzheitlich besser. Wir brauchen für die Zukunft eine gesündere, bessere Balance zwischen der langfristigen Weiterentwicklung des FC und der Aufrechterhaltung der kurzfristigen sportlichen Wettbewerbsfähigkeit.

Bei all dem, was in den letzten Jahrzehnten falsch gemacht wurde, klingt das nach etwas, was viele Jahre dauern wird.

Das ist unser Auftrag. Wir wollen das riesige Potenzial, das der FC hat, langfristig wieder heben. Es darf nicht der Anspruch sein, in 30 Jahren sechs Mal abzusteigen oder in der Bundesliga mit Ach und Krach den Klassenerhalt zu schaffen. Köln ist der viertgrößte Standort in Deutschland. Dafür tragen wir eine Verantwortung, auch für unsere Vereinshistorie. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Dafür haben wir zu viel Anschluss verloren.

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