Der 1. FC Köln dämpft die Erwartungen der Fans auf weitere Transfers. Stattdessen fahren die Verantwortlichen den Ton herunter. Angeblich sei kaum Geld vorhanden, und geplant sei ohnehin nicht mehr viel. Beginnt gerade der große Poker?
Christian Keller sprach am Montag zum Trainingsauftakt des 1. FC Köln von zwei “Muss”-Transfers. Der Eine ist der zweite Torhüter, in der Regel keine Position, auf der eine Meisterschaft entschieden wird. Der Zweite ist der Rechtsverteidiger, der als Herausforderer für Benno Schmitz ins Rennen gehen soll. Auch dieser “Muss”-Transfer, so klang Keller, soll eher für mehr Breite denn Spitze im Kader sorgen.
Auf dem offensiven Flügel, wo nach dem geplatzten Hollerbach-Transfer und der Thielmann-Verletzung eigentlich der Schuh drückt, sprach Keller dagegen nur noch von einem “Muss-nicht”-Transfer. Und überhaupt: “Nach meinem Kenntnisstand ist nicht so viel Geld übrig, wie öffentlich kolportiert wird.”
Kein Geld? Was dagegen spricht
Was danach klang, als könne der FC auf dem Transfermarkt nur noch das Nötigste machen – und dies mit einem überaus kleinen Geldbeutel -, dürfte viel eher der Beginn des großen Transferpokers im Sommer 2023 sein. Denn bei aller finanzieller Not, die tatsächlich in den letzten Jahren herrschte, hat der FC in diesem Sommer bislang sehr zurückhaltend gewirtschaftet.
Zwar fehlen dem FC im Vergleich zur letzten Saison die Europacup-Einnahmen sowie die zehn Millionen Euro, die man durch die Modeste- und Özcan-Verkäufe eingenommen hatte. Jedoch spart der FC durch die diversen Abgänge (Hector, Horn, Skhiri, Andersson, Duda, Schindler) auf einen Schlag so viel Gehalt wie noch nie zuvor in der Vereinsgeschichte. Ein Sondereffekt, der die Größenordnung der Modeste- und Özcan-Verkäufe hat.
Dazu kommen mehrere kleinere Einnahmen, die sich summieren: durch den Duda- sowie durch den Castrop-Verkauf sowie durch die bevorstehende Beteiligung vom Bisseck-Transfer zu Inter. Hinzu kommt die beträchtliche Erhöhung der Eintrittspreise. Fakt ist: Stand jetzt hat der FC ein Transferplus erwirtschaftet. Chabot und Waldschmidt kosteten Ablöse respektive Leihgebühr, doch diese Summen liegen unter dem, was der FC aus den Verkäufen und Beteiligungen erhält.
Hübers vor Verlängerung – Lücken größer als 2022
Keller betonte zwar am Montag, dass sich manche Gehälter auch erhöht hätten. Dazu dürften nicht nur die Vertragsverlängerungen von Jeff Chabot, Florian Kainz, Marvin Schwäbe und Davie Selke zählen, sondern auch jene von Timo Hübers. Der Express berichtete am Dienstag, der Innenverteidiger habe bereits bis 2026 unterschrieben. Eine Bestätigung steht noch aus.
Doch insgesamt würde es überraschen, sollte der FC finanziell tatsächlich bereits am Ende seiner Möglichkeiten auf dem Transfermarkt angekommen sein. In 2022 hatte man noch deutlich mehr in den Kader investiert, trotz der deutlich schlechteren Finanzlage. Dieses Jahr ist wieder etwas mehr Geld da, und der FC muss mit den Abgängen von Hector und Skhiri noch größere Lücken schließen als 2022 nach Modeste und Özcan.
Kellers unterschiedliche Aussagen
Das hat Keller übrigens selbst eingestanden – allerdings Ende Mai, als der Sportchef zu Beginn der Sommerpause noch offen über die Baustellen im Kader gesprochen hatte. Nun, zu Beginn der Vorbereitung, hat sich der Ton verändert. Wohl aber nicht, weil die Baustellen alle behoben sind, sondern weil nun das Taktieren auf dem Transfermarkt beginnt.
Dazu gehört, dass der Kader und die Spieler von nun an stark geredet werden. Nur wenige Trainer oder Verantwortliche sprechen während der Vorbereitung von großen Problemen im Kader. Vielmehr ist in der Regel meist alles super, niemand habe Bauchschmerzen “mit diesem Kader in die Saison zu gehen”. Obwohl alle wissen, dass sich praktisch immer noch so einiges verändert.
Zum anderen kommt nun die Zeit, in der auch die Spieler genau hinschauen und überlegen. Was wurde mir vor der Vorbereitung versprechen? Was tritt wirklich ein? Wie viel Spielzeit bekomme ich? So wird wohl noch der eine oder andere Spieler den FC verlassen und Kaderplätze frei machen. Zum andern werden Spieler anderer Vereine auf den Markt kommen, zu denen aktuell noch die Tür geschlossen ist. Und womöglich werden die FC-Bosse auch feststellen, dass der Kader nicht so gut besetzt ist, wie man öffentlich anmerkt.
Klar ist: Kellers Aussagen vom Montag wichen weit von dem ab, was der Sportchef noch Ende Mai erklärt hatte. Der Sechser mit sofortigem Bundesliga-Niveau wurde ebenso nicht verpflichtet wie der offensive Flügelspieler mit Tiefgang und Tempo. Die Ankündigung aus der Winterpause, definitiv im Sommer etwas in der Innenverteidigung zu machen, wurde ebenso noch nicht umgesetzt wie die Ergänzung des Kaders mit mehr Tempo auf der defensiven Außenbahn. Zum Glück hat die Vorbereitung gerade erst begonnen. Und damit der Poker auf dem Transfermarkt.
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