Viel mehr Geld und die Aussicht auf Europa statt ein solides Gehalt und biedere Bundesliga: Der 1. FC Köln war Benedict Hollerbach, Faride Alidou und Justin Diehl nicht gut genug. Alidou kommt nun zur Einsicht. Was wird aus Diehl?
Eine kommentierende Analyse von Marc L. Merten
Eigentlich hätte Benedict Hollerbach zum 1. FC Köln wechseln sollen. Spieler und Club waren sich einig – bis der noch schnellere Aufstieg rief. Champions League mit Union, ein deutlich höheres Gehalt, plus Handgeld. Dass die Aussicht auf Spielzeit eher gering war, zählte nicht. Denn der langfristige Vertrag war ja im Sack.
Ein paar Wochen später ist davon nicht viel übrig. Noch kein Einsatz, in der Liga gegen Mainz nicht im Kader, dafür Gerüchte um eine Leihe in die Zweite Liga. Terodde statt Kane, Rostock und Osnabrück statt Madrid oder Manchester – so könnte Hollerbachs Realität in den kommenden Monaten aussehen. Der 1. FC Köln war vor wenigen Wochen nicht mehr gut genug. Nun holte der FC lieber Faride Alidou statt den exzentrischen Lockenkopf.
Mehr Geld und Europa statt FC
Der FC hat sich mit dem geplatzten Hollerbach-Transfer wohl viel Ärger erspart. Denn die Fragen nach den zweifelhaften Social-Media-Aktivitäten und persönlichen Werten des Stürmers wären wohl in der Domstadt deutlich lauter gestellt worden als im beschaulichen Köpenick. Doch auch mit Alidou kommt nun ein Spieler, der seine eigene, Hollerbach-ähnliche Geschichte mit den Geißböcken hat.
Auch Alidou wollten die Kölner einst verpflichten und zogen wegen viel zu hoher Forderungen des Spielers im Frühjahr 2022 zurück. Damals hatte der Flügelspieler gerade erst seine Zweitliga-Karriere begonnen, sah sich aber schon auf europäischem Niveau. Der FC war damals weder gut genug, noch konnte er genug bieten. Die Eintracht dagegen war gerade ins Viertelfinale der Europa League eingezogen, als Alidou der SGE das Ja-Wort gab.
Falsche Entscheidung schadet der Entwicklung
Dass Steffen Baumgart in beiden Fällen ein guter Lehrmeister gewesen wäre, hat der FC-Trainer bereits nachgewiesen. Dass beide Spieler bei den Geißböcken recht schnell auf Einsätze gekommen wären, steht ebenso fest. Hollerbach hätte in diesem Sommer aufgrund der Verletzungen von Thielmann und Maina die Chance gehabt, sofort Stammspieler zu werden. Aber eben nur in der Bundesliga, nicht in der Champions League.
Union zieht nun in der Erwägung, den 22-Jährigen nicht einmal für die Königsklasse zu melden, sofern dieser in Berlin bleiben sollte. Alidou derweil hat den Weg über die Tribüne schon hinter sich. In Frankfurt durfte er zwar 68 Minuten in der Champions League ran, doch 266 Spielminuten in einer ganzen Saison waren eine herbe Enttäuschung für den deutschen U21-Nationalspieler – und schadeten seiner Entwicklung.
Der FC reicht Diehl nicht mehr aus
Diese Entwicklung soll nun beim 1. FC Köln wieder in Schwung kommen. Alidou übernimmt jene Position, die Hollerbach nicht haben wollte – und die auch ein zweiter Spieler nicht haben wollte. Justin Diehl muss beim FC in der Regionalliga ran, ist sichtbar zu gut für die Liga (vier Tore in vier Spielen), hat in Köln aber keine Chance auf die Profis, solange er sich bereits in anderen Sphären sieht und nicht verlängern möchte. Bundesliga beim FC? Das reicht dem 18-Jährigen schon nicht mehr.
Es muss schon jetzt mehr sein. Mit 18 Jahren, mit der geballten Erfahrung von 15 Bundesliga-Minuten. Statt sich seinem Heimatclub weiter zu verschreiben, will Diehl mit seinem Umfeld schon jetzt das ganz große Geld und den Club, der Einsätze in der Champions League verspricht, der dem Talent den roten Teppich ausrollt. Dabei hätte Diehl womöglich schon gegen Osnabrück und in Dortmund weitere Einsatzzeit bekommen können. Und jene Chance nutzen können, die nun Alidou zuteil wird.
Diesen Moment eint Hollerbach, Alidou und Diehl
Dabei sind Hollerbach und Alidou gute Beispiele dafür, dass Geduld statt Geld eigentlich der bessere Ratgeber wäre. Geduld mit der eigenen Entwicklung, dass viele Bundesliga-Einsätze mehr wert sind als die Champions League von der Bank oder Tribüne aus zu verfolgen. Vertrauen in die eigene Stärke, dass ein Zwischenschritt helfen kann sich zu etablieren und für die großen Aufgaben zu empfehlen.
Doch Hollerbach, Alidou und Diehl einte in dem Moment, da sie das erste Mal ins Rampenlicht kamen, die Gier nach dem schnellen Erfolg und dem schnellen Geld. Das kann jungen Menschen wie ihnen passieren, das ist nicht verwerflich. Schwierig wird es, wenn sie von ihrem Umfeld keine Vernunft vorgelebt bekommen oder diese Vernunft ablehnen. Dann ist vorprogrammiert, dass sie eine harte Landung erleben werden.
Diehl müsste einfach nur beim FC bleiben
Alle drei haben unstrittig das Zeug zu Bundesliga-Spielern. Alle drei hätten genau das beim 1. FC Köln werden können. Sie hätten bei den Geißböcken austesten können, ob noch mehr drin sein könnte. Sie entschieden sich anders. Alidou bekommt nun eine zweite Chance beim FC.
Diehl könnte diese noch immer erhalten, sofern er erkennt, welche Chance er bei seinem Heimatclub droht wegzuwerfen. Andernfalls muss er auf das große Angebot hoffen, welches seine Berater ihm versprochen haben – und dann wiederum hoffen, dass er sich dort auch durchsetzt. Denn sonst droht ihm nach einer Enttäuschung ein Umweg – wie nun bei Hollerbach und Alidou zu beobachten. Diesen Umweg könnte sich der 18-Jährige ersparen. Er müsste einfach nur beim FC bleiben.
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