Der 1. FC Köln versucht im Nachwuchs einen anderen Weg als die rheinische Konkurrenz zu gehen. Sportchef Christian Keller spricht über die finanziellen Unterschiede im Kampf um die größten Talente.
Die Einen verpflichten Talente aus Unterrath, die Anderen von Real Madrid. Während der 1. FC Köln im Nachwuchs vornehmlich im Rheinland scoutet, zudem eine gute Beziehung zu Eintracht Trier pflegt und nur in Ausnahmefällen national oder gar international tätig wird, geht beispielsweise Bayer Leverkusen einen anderen Weg.
Der rheinische Rivale steht vor der Verpflichtung von Melvin Ukpeigbe, einem 16-jährigen Rechtsverteidiger. Das Talent kommt von Real Madrid und soll zunächst in der U17 und U19 zum Einsatz kommen. Ob er nach der Leihe fest verpflichtet und für die Profis vorgesehen ist, steht noch nicht fest. Doch klar ist: Einen solchen Transfer würde Bayer nie ohne den Blick auf die Bundesliga-Mannschaft tätigen.
Beispiele Joao Pinto und Melvin Ukpeigbe
Das war beim FC auch so, als die Geißböcke im Sommer mit Joao Pinto vom VfL Wolfsburg einen Stürmer für die U21 verpflichteten. Der Angreifer wurde nach GEISSBLOG-Information in enger Abstimmung mit der Lizenzspieler-Abteilung geholt und soll über die Regionalliga an den Profikader herangeführt werden.
Allerdings unterscheiden sich die Wege, die der FC und die Konkurrenz gehen. Während Bayer seit Jahren wegen einer schwachen Jugendarbeit die größten Talente aus dem Ausland verpflichten muss, konzentriert sich der FC in solchen Fällen auf Spieler, deren Wege bei ihren bisherigen Clubs zu Ende gehen – wie in Wolfsburg bei Joao Pinto, weil der VfL keine U21 anbietet und der direkte Weg zu den Wölfe-Profis zu groß war.
Damit verbunden, das betonte nun auch Sportchef Christian Keller, sind gewaltige finanzielle Unterschiede. Bayer könnte ein Talent von Real Madrid nicht für die U17 verpflichten, wenn der Werksclub nicht bereits verhältnismäßig tief in die Tasche greifen würde. Für die Geißböcke hingegen sind Monatsgehälter für Junioren-Spieler im hohen einstelligen Tausenderbereich nicht darstellbar.
“Wir haben für uns eine klare Haltung. Wir gehen bei den Gehältern nicht die Summen mit, die teils im Nachwuchs schon gezahlt werden”, sagte Keller am Mittwochabend beim “Rheinischen Bundesliga-Gipfel” der Rheinischen Post. “Bei uns kriegen die Jungs bis zur U19 nur ein Taschengeld. Manche ein kleines, manche ein besseres, aber es bleibt beim Taschengeld. Leben kann keiner davon.”
Diehl nur indirekt ein Thema
Das Problem sieht man dann allerdings bei Top-Talenten wie Justin Diehl. Zwar kam es dem Vernehmen nach nie zu finanziellen Verhandlungen zwischen dem FC und dem Youngster, der den FC verlassen will. Doch die Berater des Talents wissen um die Kölner Devise und darum, dass die Spielerseite beim ersten Profivertrag für Diehl nicht sofort Millionen herausholen könnten. Und so empfahlen die Berater dem Spieler, gar nicht erst mit den Geißböcken zu verhandeln.
Keller nahm am Mittwochabend den Namen Justin Diehl nicht in den Mund, allerdings machte der Sportchef keinen Hehl aus seinem Ärger im Wettbieten um Teenager im Fußball. “Mich nervt diese Wechselei im Jugendfußball kolossal”, sagte der 44-Jährige. “Wir sehen das an den Dropout-Quoten, an einem 13-jährigen vermeintlichen Supertalent, das schon einen Club-Wechsel hinlegt, was mit viel Geld verbunden ist, am Ende aber nicht auf höchstem Niveau ankommt.”
Darin sieht Keller das größte Problem
Keller betonte, dass man diesem Problem wohl nicht mehr Herr werden könne. Der FC könne lediglich bei sich selbst anfangen und versuchen, einen Weg zu gehen, den alle Seiten unabhängig vom Geld zu schätzen wüssten. “Ein großes Problem im deutschen Fußball ist nicht nur, dass wir uns gegenseitig Spieler zum falschen Zeitpunkt abwerben, sondern dass wir den Übergangsbereich falsch gestalten”, sagte Keller. Die entscheidende Frage sei: “Was passiert in den ersten Jahren, wenn die Spieler die U19 verlassen?”
Dafür stärkt der FC seine U21 und baut sie um. So sieht man auch bei anderen Club wie Eintracht Frankfurt, dass sie wieder zweite Mannschaften einführen. Gleichzeitig will man bei den Geißböcken die größten Talente früher aus den Jahrgängen in höhere Mannschaften überführen – insbesondere aus der U17 in die U19 und aus der U19 in die U21 oder direkt zu den Profis.
Transfer-Agreement kein Thema mehr
Bemerkenswert während dieser Diskussion am Mittwochabend war, dass ein Thema weder Keller noch von den weiteren anwesenden Sportchefs von Bayer Leverkusen (Simon Rolfes), Fortuna Düsseldorf (Klaus Allofs) und Borussia Mönchengladbach (Roland Virkus) beim “Rheinischen Bundesliga-Gipfel” mehr bestätigt wurde: die Vereinbarung, sich die größten Talente nicht untereinander abzuwerben. Den dieses Agreement ist bekanntlich seit dem Transfer von Florian Wirtz zu Bayer Leverkusen aufgekündigt.
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