Davie Selke wird zum dritten Mal in Folge verletzt ausgewechselt. Der 1. FC Köln hat aktuell keinen Ersatz. Sportchef Christian Keller will in der Offensive keinen weiteren Transfer tätigen. Wie groß sind Kölns Sturm-Sorgen wirklich?
Am Samstag gegen den VfL Wolfsburg war bereits nach 25 Minuten Schluss. Davie Selke zeigte an, dass es nicht weiterging. Steffen Baumgart rieb sich genervt über das Gesicht. Der Trainer des 1. FC Köln musste zum dritten Mal in Folge seinen Mittelstürmer vorzeitig vom Feld nehmen.
Nach der Partie sagte Baumgart, er könne sich die erneute Verletzung nicht erklären. Nichts habe unter der Woche darauf hingedeutet. Weil Steffen Tigges bei der U21 zu seinem ersten Spiel nach über drei Monaten kam, hatte der FC-Trainer keine Alternative auf der Bank. Ein Blick auf die FC-Offensive zeigt, dass viel Potential in ihr steckt, aber auch viel Risiko.
Die Angeschlagenen und Verletzten
Davie Selke: Der Mittelstürmer hatte sich so viel vorgenommen. Eine gute Rückrunde, eine vollständige Vorbereitung ohne Verletzungen. Jetzt sollte es so richtig losgehen für den Angreifer. Stattdessen: Verletzung im DFB-Pokal, Rückschlag in Dortmund, Rückschlag gegen Wolfsburg. Der FC ist ratlos, der Spieler frustriert. Nun soll es eine Zerrung sein, gegen Frankfurt wird Selke fehlen. Alternativen? Aktuell nicht vorhanden, denn:
Steffen Tigges: Der erste Selke-Backup sollte im Sommer nach einem schwierigen ersten Jahr beim FC taktisch und fußballerisch näher an die Bundesliga herangeführt werden. Dann kam seine Schulter-OP im Mai und der Plan war dahin. Tigges verpasste die gesamte Vorbereitung, fiel drei Monate aus und wird nun noch Wochen brauchen, um ein ernsthafter Kandidat für die Startelf zu werden.
Florian Dietz: Seit November fällt Dietz aus. Der inzwischen 25-Jährige kommt einfach nicht auf die Beine. Wie Baumgart zuletzt bestätigte, war neben dem Kreuzbandriss noch mehr kaputt. Hinter dem Stürmer steht daher ein Fragezeichen für die nähere Zukunft in Köln, welches niemand beim FC seriös beantworten kann. Selbst wenn er bald wieder trainieren könnte, wäre er noch meilenweit von einem Einsatz auf Bundesliga-Niveau entfernt.
Mark Uth: Der nächste unfitte Stürmer nach Selke, Tigges und Dietz. Uth wird in dieser Woche im Mannschaftstraining zurückerwartet. Doch die Verletzung im DFB-Pokal hat gezeigt, wie weit Uths Weg noch ist. Er muss mit weiteren Rückschlägen rechnen und damit mit der Joker-Rolle über einen längeren Zeitraum. Die Startelf ist noch Monate entfernt für den 31-Jährigen.
Jan Thielmann: Thielmann wird dem FC noch bis weit in den Herbst hinein fehlen. Mit Glück wird der 21-Jährige im Oktober schrittweise ins Mannschaftstraining zurückkehren können. Einsätze vor November sind unrealistisch, und dann wird er nach über vier Monaten Pause längst keine Startelf-Option sein. Wann er wirklich wieder fit ist, wagt beim FC niemand zu prognostizieren.
Linton Maina: Der schnelle Flügelflitzer, der auch als zweite Spitze agieren kann, feierte gegen Wolfsburg sein Comeback. Doch Maina hat vier Wochen gefehlt, fast die gesamte Vorbereitung und fast alle Testspiele verpasst. Er wird erst nach der Länderspielpause wieder halbwegs in Form sein, um ein Startelf-Kandidat zu werden – und dann für den Flügel und nicht für das Sturmzentrum.
Die Lückenfüller
Sargis Adamyan: Der Angreifer leidet fast wie Selke selbst unter dessen Ausfall. Denn Adamyan muss gerade für Selke spielen statt an dessen Seite. Das war eigentlich der Plan. Adamyan ist kein Mittelstürmer, sondern ein Drumherum-Stürmer, doch weil Selke fehlt, hat der FC keinen Spieler mehr, um den Adamyan herum stürmen könnte. Bei aller Kritik war der Armenier formstark aus der Vorbereitung gekommen. Das Pokal-Tor hatte ihm neues Selbstvertrauen geben sollen. Stattdessen muss er nun eine Lücke stopfen, für die er nicht gemacht ist.
Luca Waldschmidt: In der gesamten Vorbereitung spielte Waldschmidt auf der Zehn oder als zweiter Stürmer, nun kommt er zunächst überraschend über die Außen. Erstens, weil Baumgart dort die Alternativen fehlen. Zweitens, weil der FC-Trainer Kainz auf der Zehn stärker sieht. Waldschmidt sagt offen, außen sei nicht sein Ding. Doch er füllt die Lücke, weil er gebraucht wird. Er macht das Beste daraus, bis alle fit sind. Dass man ihm damit Teile seiner Stärken nimmt, konnte man jedoch bereits beobachten.
Faride Alidou: Niemand weiß, wie weit Alidou schon ist. Körperlich fit ist er, jedoch fehlen ihm Spielpraxis und die Kenntnis des Baumgart-Fußballs. Sein neuer Teamkollege Rasmus Carstensen hat ihm vorgemacht, dass es schnell gehen kann. Es gibt aber auch andere Beispiele, die gezeigt haben, dass sich manche Spieler erst über Monate an Baumgarts Fußball gewöhnen müssen. Wann Alidou eine ernsthafte Option werden wird, ist also ebenfalls offen.
Damion Downs: In der U21 glänzte Downs am Wochenende mit einem Doppelpack gegen Wuppertal. Aber sieht Baumgart ihn schon in der Nähe der Bundesliga? Bei weitem noch nicht. Daher darf nicht damit gerechnet werden, dass Downs in den kommenden Wochen sein Debüt gibt. Außer, die Verletzungssorgen nehmen noch mehr zu.
Fazit
Selke ein Rätsel, Tigges noch nicht Bundesliga-fit, Dietz, Uth und Thielmann noch auf Monate keine Startelf-Option: Die Krankenstation des FC hat gut zu tun – und der FC ein Sturm-Problem. Adamyan und Waldschmidt sind die einzig wirklich fitten Stürmer, die diese Bezeichnung verdienen, Maina und Alidou eigentlich nur Kandidaten über die Außen.
Daher gilt wie auch in der Defensive: Es darf den Stammspielern nichts passieren, denn der FC kann ihre Ausfälle nicht kompensieren. Dieses Problem zu beheben, ist eigentlich Aufgabe der Sportlichen Leitung in einer Transferphase. Doch genau dies soll bis Freitag (1. September) nicht mehr passieren. Die FC-Bosse zocken, hoffen auf Selke und Tigges. Es ist ein Risiko-Spiel mit hohem Einsatz.
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