Die 1:5-Niederlage des 1. FC Köln gegen RB Leipzig ist von Hass-Gesängen sowie einem Flaschenwurf begleitet worden. FC-Sportchef Christian Keller reagierte mit Unverständnis und klaren Worten.
Am Freitagabend waren es wieder einmal die Momente nach dem Spiel, die für Gänsehaut sorgten. Von RB Leipzig abgeschossen, wurden die Profis des 1. FC Köln von der Südkurve wieder aufgerichtet. Applaus und „En unserem Veedel“ erklangen im RheinEnergieStadion – keinerlei Pfiffe, wie es sie bei anderen Bundesligisten nach nur einem Sieg aus 13 Partien gegeben hätte.
Wieder einmal konnten sich die Spieler und Verantwortlichen nur bedanken für den Support von den Rängen, da bildete Christian Keller keine Ausnahme. “Die Unterstützung der Mannschaft war trotz der Kanter-Niederlage natürlich bemerkenswert gut”, erklärte der Kölner Sport-Geschäftsführer. Er musste allerdings mehr als ein Aber folgen lassen.
“Verstehe nicht, was den Leuten im Kopf vorgeht”
Denn am DFL-Aktionsspieltag für Vielfalt, Respekt und gesellschaftlichen Zusammenhalt waren immer wieder Hassgesänge aus der Sükdurve geschallt, und zwar nicht allein gegen das Konstrukt RB Leipzig. “Wir hassen Ostdeutschland”, hatten Kölner Anhänger in der zweiten Halbzeit mehrfach gepöbelt. “Solche Zwischenrufe gehen natürlich gar nicht”, verurteilte Keller die Hass-Gesänge. Er “verstehe nicht, was den Leuten da im Kopf vorgeht. Wir hatten heute einen DFL-Antidiskriminierungs-Spieltag.”
Mehr als 34 Jahre liegt der Mauerfall inzwischen zurück. “Über so einen Status sollten wir eigentlich hinweg sein”, stellte der FC-Sportchef klar. Es sei zwar “eine klare Minderheit der Menschen im Stadion” gewesen, die für die Parolen verantwortlich war, “aber es ist trotzdem schade, dass es so eine Minderheit im Stadion gibt”.
Wobei dies nicht der einzige Zwischenfall war, der Keller am Freitagabend fassungslos machte. Bereits in der ersten Halbzeit war eine kleine Schnapsflasche aus der Südkurve geflogen, als Leipzigs Xavi Simons gerade zur Ausführung eines Eckballs bereitgestanden hatte. Der Niederländer wurde knapp verfehlt. “Wer auch immer da eine Flasche geworfen hat”, holte der Kölner Geschäftsführer zur Fahndung aus: “Ich hoffe, dass wir ihn auf irgendeinem Video finden und rausziehen können – dann wird er keine mehr werfen.”
RB-Trainer Marco Rose gab sich nach Abpfiff derweil sogar Mühe, den Ost-Hass mit sportlicher Enttäuschung zu erklären. „Ich bin hier, um zu verbinden und nicht um zu spalten. Wir müssen das richtig einordnen. Ich heiße das nicht gut, aber Fußball ist ein emotionales Spiel”, sagte der gebürtige Leipziger, antwortete auf die Gesänge mit einem flammenden Appel: “Die Leute, die das nicht so gut kennen da drüben bei uns, die sollen kommen. Es gibt ganz viele coole Menschen – so wie hier. Es gibt ein paar Idioten – so wie hier. Am Ende ist alles sehr ähnlich. Deswegen haben wir irgendwann die Mauer abgerissen, auch in den Köpfen.” Man solle in die Gesänge “nicht zu viel reininterpretieren”, denn “ganz viele Menschen haben die richtige Einstellung, und an denen sollten wir uns hochziehen“.
Rose verteidigt Xavi, Schultz bedankt sich
Der Flaschenwurf hingegen brachte auch Rose auf die Palme. Nach seinem Treffer zum 0:1 hatte Xavi den Unmut der FC-Fans auf sich gezogen, ausgiebig vor der Südkurve gejubelt. Rose wollte dies allerdings keinesfalls als Provokation verstanden wissen: “Er hat ein Tor geschossen, ungünstigerweise auf der Fan-Seite des 1. FC Köln. Er läuft dann immer zur Eckfahne, er hat immer denselben Ansatz zum Jubel – er hat in die Kameras gejubelt. Xavi hatte überhaupt keine böse Absicht, wollte keinen provozieren. Wenn er das getan hat, tut es ihm sicher leid.”
Dass sich Xavi nach seinem eigentlichen Jubel noch einmal zur Südkurve umgedreht hatte, erwähnte der Leipziger Trainer nicht. Entscheidender war für Rose aber ohnehin das daraus resultierende Wurfgeschoss in Minute 42. “Wenn er einen trifft, egal wen, tut es weh. Daher volle Rückendeckung für Xavi, dem ich zur Pause gesagt habe, dass er sich auf die Leistung konzentrieren soll. Das hat er hervorragend hinbekommen.“
Wenige Meter von Xavis Jubel-Ort entfernt, hatte über die komplette Südkurve gezogen eine – bereits aus anderen Spielen gegen Leipzig bekannte – Botschaft an RB gehangen: „För die eine bes du en Investition met Aussich op Jewinn – för die Andere bes du dat Levve met Sorje, Jlöck un Ping“. Und zwar über die volle Spielzeit. Auf andere Banner oder Fahnen hatte die aktive Fanszene aus Protest gegen den Brause-Club verzichtet.
Für Timo Schultz war es am Ende dieses bitteren Abends nicht die Ablehnung des Gegners, die im Vordergrund stand. „Ich will mich bei den Fans bedanken”, sagte der FC-Trainer ungefragt: “Was hier nach dem Spiel abgegangen ist, war beeindruckend. Sie haben die Mannschaft noch mal aufgebaut, weil sie gesehen haben, dass die Jungs alles auf dem Platz gelassen haben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir mitnehmen können, auch wenn er nichts für die Tabelle gibt. Aber wir als Verein, als Mannschaft mit den Fans, gehen durch diese schwierige Phase gemeinsam durch.“ Eine “Minderheit”, wie Keller es ausdrückte, hatte Hass verbreitet. Doch der Großteil der Fans hatte die eigene Mannschaft auf die entscheidenen Wochen im Abstiegskampf eingestimmt.
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