Gerhard Struber hat mit seiner Aufstellung gegen den Hamburger SV ein Ausrufezeichen gesetzt. Der Trainer des 1. FC Köln vertraute nicht nur einer sehr jungen Mannschaft. Die Startelf war auch eine Auszeichnung für das Nachwuchsleistungszentrum.
Viele Fans des 1. FC Köln wünschen sich nicht nur einen erfolgreichen FC, sondern einen FC mit möglichst vielen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs. Die Sehnsucht ist groß, sich mit Talenten aus dem eigenen Stall identifizieren zu können – und zu sehen, dass sich die Spieler ähnlich mit dem Club identifizieren wie die Anhänger.
Am Freitagabend gegen den Hamburger SV erfüllte sich für diese Fans der Wunsch. Mit Jonas Urbig, Julian Pauli, Jan Thielmann, Damion Downs und Tim Lemperle standen gleich fünf Eigengewächse in der Anfangsformation. Mit Marvin Obuz wurde kurz vor Schluss noch ein sechstes Talent aus dem hauseigenen NLZ eingewechselt.
Weitere Eigengewächse saßen auf der Bank
Ein halbes Dutzend Eigengewächse: Es gab Jahre in der jüngeren Vergangenheit, da standen weniger Eigengewächse im gesamten Profi-Kader, geschweige denn in einer FC-Startelf. Letztmals wurden 2017/18 mehrfach zumindest vier Eigengewächse in der Startelf eingesetzt, allerdings nur, weil vom eigentlichen Kader die halbe Mannschaft verletzt gewesen war und Lukas Klünter sogar als Mittelstürmer agieren musste, um überhaupt elf Spieler aufs Feld schicken zu können.
So stellt diese erste Startelf zum Saisonstart 2024/25 einen Paradigmenwechsel bei den Geißböcken dar. Auch dies in Teilen erzwungen, weil man sich durch die Transfersperre die Möglichkeit genommen hatte, beispielsweise in der Innenverteidigung oder im Sturmzentrum externe Verstärkungen zu holen. Andererseits fehlte mit Max Finkgräfe ein weiteres Eigengewächs am Freitag verletzt, welches eigentlich ebenfalls als Stammspieler vorgesehen gewesen wäre. Zudem saßen mit Mathias Olesen und Meiko Wäschenbach zwei weitere Eigengewächse auf der Bank, die nicht eingewechselt wurden.
Parallelen zur 2. Liga 2012 bis 2014
Und so erinnert der Umbruch in diesem Sommer beim FC an jenen Umbruch aus den Saisons 2012/13 – ist allerdings noch stärker auf den eigenen Nachwuchs ausgerichtet. Parallelen gibt es jedoch: Damals übernahm Timo Horn die Nummer eins im Tor, heute Jonas Urbig. Damals verhalf Peter Stöger dem erst 19-jährigen Yannick Gerhardt am ersten Spieltag direkt zum Profi-Debüt, diesmal macht Struber dasselbe mit Pauli. Damals stieß ein gewisser Jonas Hector (wenn auch nicht als klassisches NLZ-Talent) aus der zweiten Mannschaft zu den Profis, heute soll Max Finkgräfe seine guten Ansätze aus der Vorsaison bestätigen und durchstarten.
Der große Unterschied: 2012 holte man mit Anthony Ujah einen noch unerfahrenen 22-Jährigen für den Sturm und stellte ihm 2013 den erfahrenen Rückkehrer Patrick Helmes an die Seite. Dieses Mal können die Torgaranten nicht von extern verpflichtet werden. Stattdessen sollen es auch im Angriff mit Lemperle und Downs zwei Eigengewächse lösen.
Lehre aus desaströser Entwicklung nach dem letzten Abstieg
Für das Kölner NLZ ist diese Entwicklung eine Auszeichnung. Seit Jahren gilt der Nachwuchs als das große Faustpfand der Geißböcke, wurde aber immer wieder ignoriert und nicht ausreichend gewürdigt. Zur Erinnerung: Nach dem Abstieg 2018 sorgten Sportchef Armin Veh und Trainer Markus Anfang dafür, dass in der folgenden Zweitliga-Saison kein einziges (!) Eigengewächs debütierte und Nikolas Nartey der einzige Teenager war, der zum Einsatz kam – ein einziges Mal für eine Minute Spielzeit. Ansonsten wurde beim FC kein einziger Spieler unter 20 Jahren eingesetzt. Nun also die lange angekündigte Kehrtwende – und die Hoffnung, dass dieser Weg auf zum Erfolg führt.
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