Brisante Aussagen: Schwäbe widerspricht dem FC

Erst die Degradierung, dann der Wechselwunsch? Marvin Schwäbe hat sich zum Transfersommer sowie zu seiner Nummer-zwei-Rolle geäußert. Er schildert den Ablauf in der Torwartfrage beim 1. FC Köln anders als der Club.

Wenn die Verantwortlichen des 1. FC Köln in den vergangenen Wochen und Monaten über die Torwartsituation sprachen, fiel stets der folgende Satz: “Marvin Schwäbe hat uns frühzeitig mitgeteilt, dass er den Club verlassen möchte.” Lizenzbereich-Leiter Thomas Kessler bekräftigte dies erst am vergangenen Freitag, dem sogenannten Deadline Day, noch einmal.

Das Wechselvorhaben des 29-Jährigen habe sich allerdings “schwieriger dargestellt, als er sich das wahrscheinlich selbst vorgestellt hat”. So die Ergänzung von Kessler kurz vor dem Ende der Sommer-Transferphase in der Bundesliga und allen weiteren großen Ligen.

“Das war für mich natürlich extrem bitter”

Schwäbe, der im November 2021 Timo Horn als Nummer eins abgelöst und anschließend zweieinhalb Jahre mit überwiegend guten Leistungen das FC-Tor gehütet hatte, wollte sich den ganzen Sommer über nicht zu seiner komplizierten Lage äußern, blockte sämtliche Interviewanfragen ab.

Am Montagnachmittag allerdings brach der gebürtige Hesse sein Schweigen. Erst wurde sein Beraterwechsel – von Christian Nerlinger zurück zu Jörg Neblung, der ihn bereits von 2014 bis 2018 betreut hatte – durch eine Meldung des Sport-Informations-Dienstes verbreitet. Angereichert mit fünf Sätzen von Schwäbe zu seiner aktuellen Situation, die “keine leichte” sei.

Und kurz darauf veröffentlichte der Kicker ein Interview mit dem Torhüter, in dem dieser anklingen lässt, dass er den Ablauf der vergangenen Monate durchaus anders als sein Club sieht. Auf seinen laut FC frühzeitig hinterlegten Wechselwunsch angesprochen, entgegnet Schwäbe etwas kryptisch: “Vor dieser Saison habe ich von verschiedenen Seiten erfahren, dass ich ins zweite Glied rücken soll und Jonas Urbig die Nummer eins wird. Das war für mich natürlich extrem bitter, gerade wenn man ans Leistungsprinzip glaubt.”

Er ergänzt: “Nachdem klar war, wie die Situation ist, habe ich verständlicherweise Alternativen eruiert. Ich will ja spielen. Ich weiß natürlich auch, was ich am 1. FC Köln habe und dass ich hier zum Bundesligaspieler gereift bin. Dementsprechend war klar für mich, dass ich nicht einfach sage: Ich gehe definitiv. So, wie es jetzt ist, ist es natürlich nicht zufriedenstellend.”

“Sporadische Gespräche” mit anderen Clubs

Schwäbes Variante lautet also: Erst nachdem ihm die Nummer-zwei-Rolle mitgeteilt wurde, hat er andere Optionen “eruiert”. Keinesfalls hat er den FC ohne Wenn und Aber verlassen wollen.

Offen bleibt dabei, ob diese Erzählweise lediglich eine Reaktion auf die erfolglose Vereinssuche ist oder etwa eine Misskommunikation mit dem FC stattgefunden hat. Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Rolle sein Ex-Berater Christian Nerlinger in diesem Vorgang gespielt hat – fühlte sich Schwäbe vom früheren Bayern-Sportdirektor nicht nur bei der Fahndung nach einem neuen Arbeitgeber, sondern auch im Austausch mit den Geißböcken nicht gut vertreten?

Das Resultat des Sommers aus Sicht des Torhüters: “Natürlich ist die Situation nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe.” Zwar habe es Kontakt “mit dem ein oder anderen Verein” gegeben und auch “sporadische Gespräche”, verrät Schwäbe im Kicker-Interview, doch: “Am Ende ist es nicht zu einem Wechsel gekommen. Das hatte verschiedene Gründe. Unter anderem deshalb habe ich mich in gewissen Bereichen neu aufgestellt – etwa meine Beratersituation verändert.”

Von Neblung, der unter anderem Stefan Ortega zu Manchester City transferiert hat, erhoffe er sich “neue Impulse”, um “die richtigen nächsten Schritte machen zu können”. Aktuell aber “tut es natürlich weh, das ganze Geschehen auf dem Platz von der Bank aus zu begutachten”, beschreibt Schwäbe seine Gefühlswelt.

Schwäbe: “Zufrieden mit meinen Leistungen”

Unabhängig von seinen weiteren Aussagen bewertet er Urbigs Beförderung zur Nummer eins als “eine Entscheidung, die ich respektieren muss”. Wobei er die Wahl rein sportlich wohl nicht nachvollziehen kann: “Von meiner Seite aus kann ich sagen, dass ich mir in den vergangenen zwei, drei Jahren nichts zu Schulden kommen gelassen und meine Leistung gebracht habe. Auch vergangenes Jahr war ich zufrieden mit meinen Leistungen – bis auf die Tatsache, dass wir abgestiegen sind.”

Dabei hatte Schwäbe offenbar eine höhere Meinung von seinen Auftritten als so manch anderer Bundesliga-Akteur. “Welcher Torhüter hat Sie sportlich am meisten enttäuscht?”, hatte der Kicker die Erstliga-Profis nach Saisonabschluss gefragt – der Kölner erhielt die viertmeisten Stimmen. Die FC-Verantwortlichen bewerteten seine Saison zwar als ordentlich, aber keinesfalls als überragend – und sahen wohl auch unabhängig von einem etwaigen Wechselwunsch den Zeitpunkt gekommen, Urbig das Vertrauen zu schenken.

Die ehemalige Nummer eins beschreibt sein Verhältnis zum talentierten Eigengewächs übrigens so knapp es geht mit: “Professionell”. Nicht mehr und nicht weniger. Ob die Kölner Bosse um Christian Keller dieses Wort ebenfalls gebrauchen werden, wenn sie zu Schwäbes Aussagen befragt werden? Das dürfte sich bereits am Dienstagabend beim Mitgliederstammtisch zeigen.