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Kessler spricht Klartext: “Das hat uns natürlich nicht gefallen”

Thomas Kessler beim Benefiz-Turnier in Bonn auf der Tribüne. (Foto: IMAGO / Beautiful Sports)
Thomas Kessler beim Benefiz-Turnier in Bonn auf der Tribüne. (Foto: IMAGO / Beautiful Sports)

Thomas Kessler hat sich im Interview mit dem GEISSBLOG zur Situation des 1. FC Köln geäußert. Wie schätzt er die Personalie Marvin Schwäbe ein? Wie lautet das Saisonziel wirklich? Und kann der FC Jonas Urbig halten? (Teil 2 des Interviews erscheint am Dienstag)

Das Interview führten Sonja Gauer, Martin Zenge und Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Kessler, wenn Sie den heutigen Tag mit dem 18. Mai in Heidenheim vergleichen – was ist beim FC heute anders?

THOMAS KESSLER: “Der Status Quo ist, dass wir ordentlich in die Saison gestartet sind, einiges gezeigt haben, was gut war, aber auch einiges, was schlecht war. Wir stecken inmitten der Entwicklung. Der Trend ist positiv. Wir sind im Pokal weitergekommen und haben zwei Spiele in Folge gewonnen.”

Wie ist die Stimmung bei Ihnen persönlich?

“Meine persönliche Stimmung ist gut. Ich sehe unsere Entwicklung positiv und merke, dass unser Trainerteam sehr akribisch weiter daran arbeitet. Daher schaue ich optimistisch auf die kommenden Wochen.”

Hat sich für Sie der Abstieg als Manager anders angefühlt als damals als Spieler?

“Dieser Abstieg war für mich sehr schmerzhaft. Die negativen Emotionen sind aufgrund meiner engen Verbundenheit zum Club und der Stadt Köln nicht so einfach abzuschütteln. Als Spieler hatte ich die Zeit, nach einer Saison im Urlaub den Kopf freizubekommen. Als Funktionär musst du die Emotionen schnellstmöglich abschütteln, die Saison analysieren und sofort die neue Saison vorbereiten.”

Aus der Historie heraus kann man konstatieren, dass ein ständiges Austauschen der handelnden Personen nicht zu Erfolg geführt haben

Thomas Kessler

Der FC hat, anders als in früheren Krisen, an den Verantwortlichen festgehalten.

“Es wurde sehr viel, intern und öffentlich, darüber diskutiert. Der Vorstand und die Geschäftsführung standen hier massiv im Fokus der Öffentlichkeit. In so einer Situation muss der Club entscheiden: Stellen wir uns neu auf oder sehen wir uns trotz der sportlich enttäuschenden Saison auf dem richtigen Weg. Aus der Historie des Clubs heraus kann man konstatieren, dass ein ständiges Austauschen der handelnden Personen nicht zu kontinuierlichem Erfolg geführt haben. Ich habe den persönlichen Eindruck, dass der Sommer dazu geführt hat, dass alle Entscheidungsträger nochmal enger zusammengerückt sind.”

Kann man sagen: Der FC hat strukturell große Fortschritte gemacht, sportlich sind diese aber noch nicht angekommen?

“Wir haben in den letzten drei Jahren eine Menge in Bewegung gesetzt. Es wurde die Organisationsstruktur zeitgemäß angepasst, wir haben sehr viel in den Standort Geißbockheim investiert. Die Lizenzmannschaft hat Bedingungen, für die man sich als Club nicht mehr schämen muss. Jetzt fangen wir an, dies im Nachwuchs- und Frauenfußball anzupassen. Wir haben an vielen Stellschrauben gedreht und werden nicht aufhören, den Status Quo stetig zu verbessern. Wir müssen alles dafür tun, um schnellstmöglich zurück in die Bundesliga zu kommen, das ist unser Ziel.”

Ist es in dieser Phase für Sie etwas Besonderes, wenn der FC jetzt versucht, mit so vielen Eigengewächsen die Wende zu schaffen?

“Wir freuen uns, dass die gute Arbeit in unserem NLZ Früchte trägt. Sowohl unsere finanziell immer noch angespannte Situation gepaart mit der Transfer-Sperre führt zwangsläufig dazu, dass wir junge Spieler bestmöglich betreuen und entwickeln müssen. Es ist sehr schön zu sehen, dass unser Trainerteam den Mut mitbringt, den Spielern zu vertrauen, und darüber hinaus das Vertrauen in die Spieler mit Leistung gerechtfertigt wird. Dies ist allerdings eine Momentaufnahme. Diese Leistungen müssen Woche für Woche bestätigt werden. Für uns ist dieser Weg auch in Zukunft alternativlos.”

Kessler lobt neues Trainerteam

So schädigend die Transfer-Sperre war, so sehr war sie auch eine Chance für die Talente.

“Das ist genau die Botschaft, die wir unseren jungen Spielern vermitteln möchten. Selbst in den optimistischsten Szenarien hätten nicht viele erwartet, in den ersten Saisonspielen bei den Profis zu den Leistungsträgern zu gehören. Wir schaffen bewusst Raum, in dem sich die Spieler weiterentwickeln können. So bedauerlich der Abstieg in die 2. Bundesliga auch war, bietet die Liga und die aktuelle Situation gerade den jungen Talenten eine ausgezeichnete Umgebung für ihre Entwicklung.” 

Sie wollen ja „schnellstmöglich“ aufsteigen. Streng genommen bedeutet das: am Ende dieser Saison. Wollen Sie trotzdem mit dieser Formulierung Druck rausnehmen?

“Wir dürfen nicht im Ansatz das Gefühl haben, dass uns in der 2. Bundesliga etwas leichter fällt, nur weil wir der 1. FC Köln sind. Überall, wo wir auftreten, treffen wir auf Mannschaften, die uns beweisen wollen, dass der FC nichts geschenkt bekommt. Wir benötigen Top-Leistungen, um uns in Richtung der Spitzengruppe zu etablieren. Das erfordert Demut und einen absoluten Fokus. Ein Aufstieg gelingt nicht durch Worte, sondern durch kontinuierliche Weiterentwicklung. Wir in der sportlichen Leitung werden das genau beobachten und im Winter schauen, welche Anpassungen wir vornehmen müssen, um das Ganze in die richtige Richtung voranzutreiben.”

Für diese Entwicklung haben Sie das Trainerteam komplett neu zusammengestellt. Nach zwei Monaten: Wie fällt Ihr erstes Fazit aus?

“Ich arbeite sehr eng mit dem Trainerteam zusammen. Gerhard Struber und Bernd Eibler kennen sich schon länger und ergänzen sich in meinen Augen sehr gut. Mit Thomas Hickersberger haben wir einen Co-Trainer ausgewählt, der sich mit seiner Erfahrung sehr stark mit dem Positionsspiel und unseren Standards auseinandersetzt. Zudem haben wir mit Peter Greiber einen erfahrenen Torwarttrainer geholt, der den Club kennt, der über Jahre in Bochum eine bemerkenswert gute Arbeit gemacht hat. Mit seiner Expertise werden sich auch unsere Torhüter kontinuierlich in die richtige Richtung entwickeln.”

Wir bleiben bei unseren Aussagen, da sie der Realität entsprechen

Thomas Kessler über Marvin Schwäbe

Da Sie die Torhüter angesprochen haben: Marvin Schwäbe hat sich in einem Interview geäußert und dabei auch Ihren Aussagen der letzten Monate in Teilen widersprochen. Wie denken Sie darüber?

“Selbstverständlich hat uns das nicht gefallen, insbesondere weil es in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde. Aus diesem Grund werde ich dies nicht weiter kommentieren. Intern haben wir die Angelegenheit ausführlich und klar besprochen, und damit ist das Thema für uns abgeschlossen.”

Hat es Sie denn überrascht, dass Marvin Schwäbe im Sommer keinen neuen Club gefunden hat?

“Der Torwartmarkt ist bekannterweise sehr speziell. Warum es final keine attraktive Option für Marvin gab, kann ich nicht beurteilen. Ich freue mich darüber, dass wir in unserem Torwartteam auch in Zukunft über eine hohe individuelle Qualität verfügen.”

Sie bleiben aber bei Ihrer Darstellung, dass der Wechselwunsch des Spielers im Abstiegsfall vorhanden war?

“Ja, wir bleiben bei unseren Aussagen, da sie der Realität entsprechen.”

Wie wirkt sich dieser Trubel auf Jonas Urbig aus?

“Ich sehe keine Situation, die Jonas tangieren sollte. Ich finde es ausgesprochen positiv, wie er mit seinem ersten Spiel der Saison umgegangen ist. Man stelle sich vor: Der Junge arbeitet die gesamte Jugend darauf hin, irgendwann  im RheinEnergieStadion vor 50.000 Fans zu spielen, und der erste Schuss, den er auf sein Tor bekommt, rutscht ihm durch die Hände. Bitterer kann es eigentlich nicht laufen. Aber bei Torhütern ist es am wichtigsten, wie sie damit umgehen. Und Jonas hat sich danach bemerkenswert präsentiert. Seine Ausstrahlung und seine Leistungen sowohl im täglichen Training als auch in den Spielen gefallen mir sehr gut.”

Obwohl Marvin Schwäbe nun angedeutet hat, dass aus seiner Sicht das Leistungsprinzip außer Kraft gesetzt wurde?

“Das Leistungsprinzip wurde nicht außer Kraft gesetzt. Jonas Urbig hat zum aktuellen Zeitpunkt die Nase vorn und genießt zurecht unser Vertrauen.”

Wie kann der FC einen solchen Torhüter wie Jonas Urbig langfristig halten?

“Das Gesamtpaket, das Jonas Urbig mitbringt, ist natürlich auch außerhalb von Köln bekannt. Für uns ist es von großer Bedeutung, dass Jonas bei uns unter Vertrag steht, und wir werden alles daransetzen, seine Entwicklung bestmöglich zu fördern. Jedes Spiel ist dabei ein wertvoller Schritt für ihn. Unser Ziel ist es, langfristig mit Jonas zusammenzuarbeiten und ihn auf seinem weiteren Karriereweg optimal zu begleiten. Ich bin sehr gespannt, wie seine Karriere verlaufen wird.”

Sucht der FC denn schon frühzeitig das Gespräch?

“Jonas hat über den kommenden Sommer heraus Vertrag und wir sind mit ihm, wie mit allen Spielern, die für uns wichtig sind, kontinuierlich im Austausch.”

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