Die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln hat einen tiefen Riss zwischen Vorstand und Mitgliederrat offenbart. So ist eine weitere Amtszeit von Werner Wolf, Eckhard Sauren und Carsten Wettich kaum noch vorstellbar.
Nach knapp sechseinhalb Stunden in der Lanxess Arena inklusive eines Denkzettels, wie ihn überhaupt erst ein Vorstand in der Geschichte des 1. FC Köln erhalten hatte, übte sich Eckhard Sauren in Galgenhumor. Er hätte nicht gedacht, dass er mal mehr Lebensjahre ansammeln würde als Prozente bei der Entlastungsfrage, scherzte der Vize-Präsident zum Abschluss einer denkwürdigen Mitgliederversammlung.
Es war inzwischen 0.27 Uhr, als Sauren alle in der Deutzer Halle noch Anwesenden auf ein Kölsch einlud. Schließlich endete die am Dienstag, 18 Uhr, begonnene Veranstaltung am Mittwoch – und damit an seinem 53. Geburtstag. Sauren selbst allerdings dürfte wenig Feierlaune verspürt haben.
Wolf & Co. folgen auf Overath
Gut zwei Stunden zuvor hatten 51,54 Prozent der zu diesem Zeitpunkt anwesenden 1335 Mitglieder gegen eine Entlastung des FC-Vorstands votiert. Präsident Werner Wolf sowie seine Stellvertreter, neben Sauren auch Carsten Wettich, kassierten die Quittung für die Katastrophen-Saison 2023/24, in der auf die Bestätigung der Transfersperre der Abstieg gefolgt war. Ein gewaltiges Misstrauensvotum, wenn auch ohne unmittelbare Konsequenzen.
Vor Dienstagabend hatten die FC-Mitglieder lediglich dem Vorstand um Wolfgang Overath im Jahr 2010 die Entlastung verwehrt. Im Normalfall ist dieser Tagesordnungspunkt lediglich eine Randnotiz. Doch nicht nach dieser alles andere als normalen Abstiegssaison.
Wolf fand zum Ende der Veranstaltung zwar versöhnliche Worte, lobte den “reibungslosen Ablauf” der Versammlung – aber den hatte es höchstens zwischen den Mitgliedern und den Verantwortlichen gegeben, gewiss nicht zwischen den Gremien auf der Bühne.
Mitgliederratschef Ho-Yeon Kim hatte während seines Jahresberichts zwar auch einige lobende Worte für den Vorstand gefunden, vor allem aber Mängel aufgezeigt (der GEISSBLOG berichtete). Ein Beispiel: Die Kritikfähigkeit des Führungstrios habe nachgelassen, ein vorstandskritischer Newsletter des Rates zur Transfersperre sei vorab an Medien weitergereicht worden. „Das erschwert eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir rügen den Vorstand für dieses Vorgehen“, so Kim, der abschließend erklärt hatte: “Wir können der Mitgliederversammlung die Entlastung des Vorstandes heute nicht empfehlen.”
Wolf: “Rücktritt hätte geschadet”
Wolf wollte anschließend “keine Schlammschlacht auf der Bühne beginnen”, sich aber sehr wohl gegen die Vorwürfe wehren (hier seine Aussagen im Ticker nachlesen). In seinem eigenen Jahresbericht hatte sich der 68-Jährige bereits für die Transfersperre und den Abstieg entschuldigt – doch er und sein Vorstand verloren diesen Machtkampf. Entsprechend bedröppelt waren die Mienen nach der Veranstaltung, speziell Wettich stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Da half auch kein Geburtstagskölsch.
Zur Nicht-Entlastung äußern wollte sich kein Vorstandsmitglied. Allerdings kündigte der FC eine Reaktion Wolfs für den Mittwoch an. Zwangsläufig steht die Frage im Raum, ob diese Abstimmung für das aktuelle Präsidium der Anfang vom Ende war.
Einen vorzeitigen Rücktritt hatte Wolf, der mit Sauren und Wettich noch ein Amtsjahr vor sich hat, am Dienstag schon vor der Nicht-Entlastung ausgeschlossen. Plötzliche Brüche hätten in der Vergangenheit nicht zu einer positiven Entwicklung des Vereins beigetragen. “Ein Rücktritt des Vorstands hätte dem FC auch 2024 nachhaltig geschadet”, so Wolf, der ergänzt hatte: “Wir wollen mindestens bis zum Ende dieser Amtszeit weitermachen.”
Hälfte des Mitgliederrats schon zuvor im Gremium
Fakt ist aber: Dieser Abend offenbarte einen tiefen Riss zwischen Vorstand und Mitgliederrat. Letzterer wurde zwar neu gewählt, doch die Hälfte der nun zwölf Mitglieder war schon zuvor Teil des Gremiums gewesen, das sich mehrheitlich dafür entschieden hatte, die Entlastung nicht zu empfehlen. 2025 muss der Mitgliederrat bekanntlich wieder ein Vorstandstrio vorschlagen – dass er sich für ein nicht entlastetes Präsidium entscheidet, ist kaum vorstellbar.
Es passte zu diesem Abend, dass auch der vom Vorstand für den Mitgliederrat vorgeschlagene DEVK-Vorstand Gottfried Rüßmann ein negatives Ergebnis erhielt und nicht in das Gremium einzog. Es wurden stattdessen genau jene zwölf Kandidaten gewählt, für die der Südkurve 1. FC Köln e.V. zuvor eine Empfehlung ausgesprochen hatte.
Overath übrigens hatte 2010 trotz der Nicht-Entlastung noch ein Jahr weitergemacht. Erst im Herbst 2011 waren er und seine beiden Stellvertreter Jürgen Glowacz und Friedrich Neukirch zurückgetreten.
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