Jonas Urbig ist weg, Anthony Racioppi soll kommen: Und Marvin Schwäbe ist wieder die unumstrittene Nummer eins beim 1. FC Köln. Der 29-Jährige steht sinnbildlich für den Erfolg der Geißböcke in der 2. Bundesliga. In Europa gibt es statistisch gesehen keinen besseren Keeper. Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Jonas Urbigs Transfer zum FC Bayern München macht den Weg für Marvin Schwäbe beim 1. FC Köln frei. Sofern die Geißböcke im Sommer den Aufstieg in die Bundesliga schaffen sollten, steht Schwäbe einer längeren Zukunft als Nummer eins in Köln nichts im Wege. Und tatsächlich hat Schwäbe in dieser Saison praktisch alles richtig gemacht.
Seit der Keeper wieder zwischen den Pfosten steht, hat der FC erst fünf Gegentore kassiert (in elf Pflichtsspielen). Auch gegen Elversberg hielt sich Schwäbe wieder schadlos, zum siebten Mal in elf Partien blieb der 29-Jährige ohne Gegentor. Eine überragende Quote, wenngleich Schwäbe von den sieben Elversberger Schüssen nur einen auf sein Tor bekam.
Europas Top-Wert: 83 Prozent
Dennoch: Insgesamt hat Schwäbe seit seinem Comeback als Nummer eins 83 Prozent aller Schüsse auf sein Tor abgewehrt. Das ist in ganz Europa der Bestwert. Kein anderer Keeper kommt auf eine höhere Prozentzahl. Auf Platz zwei liegt Martin Dubravka von Newcastle United mit 80 Prozent, auf Platz drei Jan Oblak von Atletico Madrid. Zum Vergleich: Bester Torhüter der Bundesliga ist Kevin Trapp mit 77 Prozent, Manuel Neuer liegt mit nur 58 Prozent auf Rang 16 der Bundesliga.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Schwäbe hat in den bisherigen neun Zweitliga-Spielen der Saison, die er seit dem 11. Spieltag bestritten hat, zwar erst vier Gegentore kassiert, aber auch erst 20 Torschüsse halten müssen. Damit steht Schwäbes Zeit im FC-Tor im krassen Gegensatz zu den ersten zehn Saisonspielen mit Jonas Urbig, auf den ungleich mehr Schüsse eingeprasselt waren.
Zum Vergleich: Urbig kassierte zwar 20 Gegentore in zehn Spielen – hielt in dieser Zeit aber auch 24 Schüsse. Das heißt: Urbig bekam in seinen zehn Zweitliga-Spielen insgesamt 44 Schüsse auf sein Tor, Schwäbe in neun Spielen nur 24. Heißt: Die FC-Abwehr hatte in den zehn Spielen mit Urbig einen weitaus schlechteren Job gemacht als mit Schwäbe. Urbig musste viel häufiger eklatante Abwehrfehler ausbügeln – oder ausbaden. Der entscheidende Faktor zum Erfolg war daher nicht Schwäbe, sondern die Umstellung auf die Dreierkette, die erst nach Urbigs Ablösung eingeführt wurde und mit der sich der Youngster nicht hatte beweisen dürfen.
Das zeigt sich auch in einer anderen Statistik: In den zehn Zweitliga-Spielen mit Urbig im Tor gestattete der FC den gegnerischen Mannschaften im Schnitt einen Expected-Goals-Wert von 1,50 Toren pro Spiel. Nur in zwei von zehn Spielen (gegen Braunschweig und gegen zehn Ulmer) lag der xG-Wert der FC-Gegner unter 1. Dafür lag der Wert zwei Mal sogar deutlich über 2 (gegen Elversberg und Darmstadt), zwei weitere Male fast bei 2 (gegen Paderborn mit 1,97 – gegen den HSV mit 1,96).
Das große Aber: FC halbiert gegnerische Torgefahr
Und Schwäbe? Der erlebte dank der Dreierkette deutlich ruhigere Spiele, bekam deutlich weniger Schüsse auf seinen Kasten – und musste so auch nur deutlich weniger Gefahr entschärfen. Bekamen die Gegner zuvor noch Torchancen zu statistisch erwarteten 1,5 Treffern pro Spiel, lag der xG-Wert der FC-Gegner seit der Einführung der Dreierkette nur noch bei 0,77. Der FC verringerte also insgesamt die Qualität der gegnerischen Chancen, noch ehe diese vor Schwäbe auftauchten. Lag der gegnerischen xG-Wert in den ersten zehn Spielen noch acht Mal bei über 1, war das Rückspiel beim HSV das einzige (!) FC-Spiel mit Schwäbe und einem Wert von über 1 (2,51). Ansonsten lag der xG-Wert immer unter 1.
Unter dem Strich also verlieh Schwäbe der Kölner Abwehr zwar durchaus mehr Sicherheit und strahlte Ruhe aus, faktisch aber war es vor allem die Umstellung auf die Dreierkette, die einen Wert von 83 Prozent gehaltener Bälle und sieben weiße Westen ermöglichte. Die Kölner Gegner bekommen seit knapp drei Monaten deutlich weniger Großchancen, Schwäbe wird nur selten zu Glanztaten gezwungen. Der FC steht defensiv sehr viel stabiler als noch im ersten Saisondrittel.
Trainer Gerhard Struber zog also insgesamt die richtigen Schlüsse aus den attraktiven, offensiven, aber defensiv anfälligen System – und vertraute fortan Schwäbe statt Urbig. „Marvin ist ein Tormann mit Erfahrung und einer gewissen Qualität, die er schon eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat“, sagte der Österreicher am Samstag bei Sky. „Wir sind happy, so einen Tormann im Kader zu haben.“ Aktuell der statistisch beste Torhüter Europas.
Hier kannst du über den 1. FC Köln diskutieren und dich mit anderen Usern austauschen. Bitte beachte dabei die Spielregeln in unserer Netiquette! Du findest sie hier und kannst sie jederzeit nachlesen. Viel Spaß!