Kann der 1. FC Köln in der Frauen-Bundesliga noch Tore schießen? Das Team von Sascha Glass wartet seit 639 Minuten auf einen Treffer. Mit Selina Cerci kommt zwar eine Offensiv-Hoffnung hinzu. Doch am kommenden Sonntag muss die Torlos- und Sieglos-Serie endlich reißen. Andernfalls wird sich Glass unangenehme Fragen stellen müssen.
Als Zuschauer des Rhein-Derbys hatte man am Sonntagnachmittag das Gefühl, die Kölnerinnen hätten noch bis Mitternacht weiterspielen können, ohne ein Tor zu erzielen. Den FC-Frauen fehlen seit Monaten Kreativität, Tempo und Mut, um zielstrebig den Weg vor das gegnerische Tor zu suchen. Und wenn es dann doch einmal gefährlich wird, werden die Möglichkeiten fahrlässig vergeben.
639 Minuten ohne eigenen Treffer stehen nun in der Statistik. Das sind mehr als zehneinhalb Stunden. Zur Einordnung: Die gesamte Saison umfasst mit ihren 22 Spielen exakt 33 Stunden. Die FC-Frauen sind nun also seit nahezu einem Saisondrittel ohne einen Treffer. Das ist längst nicht mehr nur mit Pech im Abschluss zu erklären.
Glass mit Durchhalteparolen
Immerhin: Mit Selina Cerci haben die Kölnerinnen nun ein neues Ass im Ärmel. Der Sommer-Neuzugang feierte nach überstandenem Kreuzbandriss gegen Leverkusen die Premiere im FC-Trikot. Cerci soll der Offensive neuen Schwung verleihen. Es wäre jedoch gewagt, die Hoffnungen alleine auf den Schultern der 22-Jährigen abzuladen, die erst einmal wieder in Form kommen muss. „Mit Selina Cerci bekommen wir eine Alternative“, ließ Sascha Glass am Sonntag seine Hoffnung durchblicken.
Die weiteren Aussagen des Trainers klangen nach dem siebten Liga-Spiel in Folge (!) ohne eigenen Treffer allerdings eher ratlos und nach Durchhalteparolen: „Wir hatten die eine oder andere Möglichkeit, die wir zwingender hätten nutzen können. Im Moment läuft es nicht von selbst, wir müssen es uns erzwingen.“ Tief blicken ließ zudem Glass’ Aussage: „Wir haben nichts verändert im Training. Ich glaube, dass es kaum eine Mannschaft gibt, die so viel Offensive trainiert und Abschlüsse hat wie wir.“
Trotz acht Ligaspielen in Folge ohne Sieg (nur ein Punkt) und keinen Verbesserungen auf dem Rasen forderte Glass: „Man muss jetzt geduldig sein.“ Doch wie viel Geduld muss und kann man nach 639 Minuten ohne Tor und nur einem Punkt Vorsprung auf einen Abstiegsplatz noch aufbringen?
Eines der Kernprobleme nannte der Übungsleiter mit Blick auf das Derby. „Das Schlimmste wäre gewesen, wenn du alles aufmachst, dann hinten einen kriegst und das Spiel wieder 0:1 verlierst.“ Genau diese Angst vorm Scheitern schien die Kölnerinnen auf dem Rasen zu lähmen, der Fokus lag auf dem Verhindern von Gegentoren – zulasten der offensiven Qualität und Kreativität.
Der Trainer flüchtete sich in Zweckoptimismus und redete die jüngsten Torlos-Auftritte schön: „Mit den Auftritten als Team gegen Wolfsburg und heute können wir zufrieden sein. Ich bin mir sicher, dass irgendwann der Knoten platzt, dann wird es auch wieder etwas einfacher von der Hand gehen. Wir müssen uns weiter Chancen erspielen, heute hatten wir auch gute Balleroberungen im vorderen Drittel.“
Gegen Leverkusen hatte die Verletzung von Adriana Achcinska die Kölnerinnen zurückgeworfen: „Das hat uns sehr wehgetan“, gab Glass zu. „Da haben wir einen kleinen Bruch reinbekommen, uns hat danach Präsenz gefehlt.“ Ob und wie lange die polnische Auswahlspielerin ausfallen wird, war am Sonntag noch nicht absehbar.
Ein Lebenszeichen muss her
Zweifellos stehen die Kölnerinnen am kommenden Wochenende aber unter immensem Druck: In Potsdam beim abgeschlagenen Tabellenletzten muss am Sonntag ein Sieg her, alles andere wäre nicht nur enttäuschend, sondern eine Blamage. Sollte jedoch am Wochenende das neunte Sieglos-Spiel folgen, dann muss sich auch Trainer Sascha Glass allmählich unangenehme Fragen gefallen lassen.
Intern dürfte der Trainer, der beim FC einen langfristigen Vertrag bis 2025 besitzt, noch fest im Sattel sitzen. Sollte jedoch auch beim designierten Absteiger kein Dreier gelingen, muss die Frage erlaubt sein, gegen welchen Gegner die Kölnerinnen dann die notwendigen Siege einfahren wollen, um die Klasse zu halten. Es ist überhaupt schon eine herbe Enttäuschung, dass der mit A-Nationalspielerinnen gespickte Kader so tief im Abstiegskampf steckt. Der personelle Umbruch des vergangenen Sommers darf da keine Ausrede sein. Es wird also eine Woche der Wahrheit für die FC-Frauen. Ein Lebenszeichen im Abstiegskampf muss dringend her.
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