Nach einem Jahr steht Mark Uth beim 1. FC Köln vor seinem Comeback. Im Interview mit dem GEISSBLOG spricht der Offensivspieler unter anderem über seine Leidenszeit, die Hintergründe seiner Verletzung und seine Rolle in der veränderten Kabine.
Das Interview führten Sonja Gauer und Marc L. Merten
GEISSBLOG: Herr Uth, die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Ihnen?
MARK UTH: „Mir geht es endlich wieder gut, danke. Ich bin natürlich ein bisschen platt aktuell, muss ab und zu noch etwas piano machen, weil ich ein Jahr lang überhaupt nicht mehr belasten konnte. Deswegen trete ich hin und wieder noch etwas kürzer.“
Merken Sie den Rückstand nur körperlich, oder muss man sich nach einem Jahr auch erstmal wieder an den Ball gewöhnen?
Das erste Training mit Ball war tatsächlich nicht so gut von mir (lacht). Aber die letzten Trainingseinheiten waren echt okay, das geht eigentlich schnell. Nur der Körper braucht eben ein bisschen.
In der letzten Sommer-Vorbereitung wirkten Sie topfit…
Ja, auf jeden Fall. Aber anscheinend nicht fit gut. Ich hatte mich super gefühlt, die Vorbereitung war auch gut. Und dann ist gegen Regensburg im Pokal die Verletzung passiert.
Wie ist die Verletzung denn eigentlich passiert? Gab es im Spiel einen bestimmten Auslöser wie einen falschen Schritt oder ein Foul?
Nein, das nicht. Ich habe es im Laufe des Spiels langsam gemerkt und nach ein paar Schüssen und Flanken war es plötzlich richtig schlimm. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es bei einer bestimmten Aktion passiert ist. Auf dem MRT-Bild war auch nicht viel zu sehen.
Hätte man die Verletzung in irgendeiner Form verhindern können? Zum Beispiel, wenn Sie nach einer Stunde ausgewechselt worden wären?
Das weiß ich nicht. Sich darüber Gedanken zu machen ist auch müßig. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Vielleicht wäre es sonst zwei Tage später im Training passiert.
Seit wann fühlen Sie sich nun wieder vollständig fit?
Ich habe schon einen Monat vor dem Trainingsstart angefangen zu trainieren und auch in der Reha viel Krafttraining und einige Läufe gemacht. Zwei Wochen bevor es losging, bin ich dann auf den Platz gegangen und konnte schon einiges machen. Deswegen glaube ich, dass ich jetzt auch keinen allzu großen Rückstand habe. Wobei Mannschaftstraining natürlich etwas völlig anderes ist.
Wenn man als Profi-Sportler plötzlich ein Jahr lang komplett ausgebremst wird, ist es schwierig, sein Gewicht zu halten?
Bei mir hat sich das im Bereich von drei oder vier Kilogramm bewegt. Seit ich aus dem Urlaub wiedergekommen bin, habe ich auch wieder vollständig auf meine Ernährung geachtet. Innerhalb von wenigen Wochen waren die Kilos dann auch schon wieder runter (lacht).
Sind Sie denn jetzt gänzlich schmerzfrei?
Eigentlich schon. Hier und da merke ich ein Zwicken. Die Sehne wurde komplett abgeschnitten und wieder dran gemacht. Da dauert es einfach, bis sich die Sehne wieder daran gewöhnt, zu arbeiten. Meine Adduktoren habe ich ein Jahr lang praktisch überhaupt nicht belastet. Aber ich kann wieder komplett schmerzfrei schießen und das ist ja eigentlich das Wichtigste, weil dabei die Beanspruchung der Sehne am größten ist.
Vorher konnten Sie nicht einmal schmerzfrei einen Pass spielen.
Da war an Fußballsport nicht zu denken. Im Herbst war ich ja zwischenzeitlich nochmal dabei, aber da hat man mir meine Schmerzen in jedem Training angemerkt. Ich habe alles nur mit meinem rechten Fuß gemacht. Da wusste jeder sofort, dass da etwas nicht stimmen kann.
Was war die Hoffnung dahinter, als Sie trotz Schmerzen wieder ins Training eingestiegen sind und zwischenzeitlich sogar wieder Spiele absolviert haben?
In manchen Fällen musst du über einen gewissen Schmerzpunkt gehen. Das war jetzt auch der Fall, weil sich wie gesagt die Sehne wieder an die Belastung gewöhnen muss. Das kann dann auch mal weh tun. Damals dachten wir das auch und haben gehofft, dass es durch die Belastung besser wird. Leider war das nicht der Fall.
So erklärt Mark Uth die Eingriffe
Warum war es so schwierig, die richtige Diagnose zu finden?
Das MRT hatte damals nur eine kleine Reizung gezeigt. Ein kleines Stück der Sehne war wohl schon ab, aber das war auf den Bildern nicht genau zu erkennen. Danach hatten die Ärzte vermutet, dass es das Kräftsyndrom ist. Dabei wurde mir in den Knochen gebohrt, damit zwischen die Sehne und den Knochen Flüssigkeit läuft, um die entstandene Lücke zu schließen. Das hat nicht geholfen. Nach zwölf Wochen haben wir noch ein MRT gemacht, in dem dann klar zu sehen war, dass sich die Sehne gelöst hatte. In der letzten OP wurde sie abgeschnitten und neu drangemacht.
Haben Sie Angst vor einem Rückfall?
Nein, weil die Sehne jetzt fast stärker ist als vorher. Die Sehne ist mit einem Anker am Knochen angewachsen. Daher ist alles sehr stabil und ich habe keine Angst, dass irgendetwas passiert.
Als Profi-Sportler ist es mitunter normal, nach der aktiven Karriere körperlich das ein oder andere Problem zu haben. Machen Sie sich Sorgen, dass diese schwierige Verletzung Sie noch in einigen Jahren beschäftigt?
Das glaube ich nicht. Die Operationen, die ich bislang hatte, konnten alle vollständig ausheilen. Das ist anders als beispielsweise bei einem Kreuzbandriss. Da sind die Bewegungen später schwierig und Dinge, wie beispielsweise Tennis spielen, werden fast unmöglich. Das heilt vollständig wieder aus.
War es für Sie das härteste Jahr, das Sie bislang erlebt haben?
Auf jeden Fall. Wenn du lange nicht spielen kannst und jeden Morgen beim Aufstehen merkst, dass die Schmerzen noch da sind, ist das scheiße.
Haben Sie sich in irgendeiner Form Hilfe organisiert, zum Beispiel psychologischer Natur?
Nein, dafür bin ich nicht der Typ. Natürlich war ich einige Tage schlecht gelaunt. Diese Tage waren dann schwierig. Vielleicht hätte es mir geholfen, so richtig habe ich gar nicht darüber nachgedacht.
Haben Sie jemals an das Karriereende gedacht?
Zu keinem Zeitpunkt. Ich hatte ja keine Verletzung, bei der man zunächst abwarten musste, wie gut verheilt. Die ersten beiden Operationen haben einfach nicht funktioniert, die dritte schon.
Haben Sie in der Zeit etwas Neues ausprobiert, wofür Sie ansonsten keine Zeit finden?
Ja, mit meinem Bruder zusammen habe ich die Zeit ein bisschen anderweitig genutzt. Ansonsten wäre mir auch langweilig geworden. Wir haben eine gute Idee für eine Website, aber dazu irgendwann später mehr (lacht).
Ein Zukunftsplan für nach der Karriere?
Wir müssen natürlich schauen, wie es einschlägt und ob es funktioniert. Aber es sind ja hoffentlich noch zwei, vielleicht auch drei Jahre, bis meine Karriere zu Ende sein wird. Mal schauen, was bis dahin noch passiert.
Wie ist während so einer langen Verletzungspause der Kontakt zur Kabine?
Ich habe meistens trainiert, wenn die Jungs draußen auf dem Platz waren. Am Anfang konnte ich überhaupt nichts machen. Deswegen bin ich froh, dass ich jetzt auch wieder die ganzen lustigen Dinge mitbekomme.
Jetzt sind Sie wieder dabei, aber Jonas Hector, Timo Horn und Ellyes Skhiri sind nicht mehr da.
Das fühlt sich schon merkwürdig an. Ich hatte schon direkt bei der Verkündung gesagt, dass es sehr traurig ist, dass ich nie wieder mit den dreien auf dem Platz stehen kann. Ich habe mir in den Arsch gebissen, dass ich nicht dabei war, als Jonas seinen Abschied in Hoffenheim verkündet hat. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich mitgefahren. Aber er hatte es mir vorher nicht gesagt.
Haben Sie es aus den Medien erfahren?
Ja, das wurde ja recht schnell öffentlich. Da war ich zuhause und habe nur in der WhatsApp-Gruppe gelesen, dass wir heute Abend noch ins Heising & Adelmann gehen. Eigentlich wollten meine Frau und ich um 23 Uhr ins Bett gehen. Aber da musste ich dann nochmal los (lacht).
Wie ist Ihr erster Eindruck von der Kabine ohne Jonas und Timo?
Direkt mit Beginn des Trainingslagers habe ich schon zu den Jungs gesagt, dass Jonas und Timo irgendwie fehlen. Vor allem den Sarkasmus von Timo vermisse ich (lacht). Aber wir haben gute Jungs dazubekommen. Noch sind sie alle ein bisschen scheu.
Wie sehen Sie Ihre Rolle jetzt innerhalb der Mannschaft?
Ich bin jetzt tatsächlich der Älteste, das ist doch Wahnsinn! Das fühlt sich komisch an. Aber klar, ich versuche jetzt noch mehr Verantwortung zu übernehmen, als ich es ohnehin schon getan habe.
Was sind für die kommende Saison Ihre Erwartungen an sich selbst?
Erstmal muss ich so fit werden, um wieder komplett in den Kreis der Mannschaft einsteigen zu können. Ich weiß nach einem Jahr Ausfallzeit nicht, wie schnell ich wieder zurückkommen kann. Man sagt ja, dass man nach einer Verletzung ungefähr die Hälfte der Zeit benötigt, die man verletzt war. So viel Zeit habe ich nicht. Ob ich vielleicht schon ein Thema im Pokalspiel bin, bleibt abzuwarten. Ich kann es wirklich nicht einschätzen.
Mit Luca Waldschmidt haben Sie einen neuen Konkurrenten auf Ihrer Position bekommen. Zudem hat es Florian Kainz auf der Zehn gut gemacht.
Es ist wichtig für den FC, sich breiter aufzustellen. Das hat man in der letzten Saison gesehen, als ich dann plötzlich ausgefallen bin und auch Dejan Ljubicic lange gefehlt hat. Da hatten wir richtig Probleme in der Offensive. Deswegen ist so ein Transfer gut für den Club. Und wenn ich wieder bei hundert Prozent bin, bin ich davon überzeugt, dass ich spiele.
Haben Sie in den ersten Einheiten das Gefühl gehabt, schnell wieder in die Abläufe reinzukommen?
Das Gute ist, dass ich Steffen Baumgart schon zwei Jahre lang als Trainer kenne. Deswegen weiß ich, was kommt. Die Übersicht fehlt nach so einer langen Zeit ein bisschen. Aber auch das Vororientieren wird in den letzten Tagen schon wieder besser. Ich bin mir sicher, dass ich die Qualität, die ich vorher hatte, wiedererlangen werde.
Sehen wir Sie am Freitag im Testspiel gegen Mallorca das erste Mal wieder auf dem Platz?
Wir müssen mal gucken, wie die nächsten Tage laufen. Natürlich hätte ich Lust, aber wir wollen nichts überstürzen. Ich habe noch nicht so viele Tage ungesteuert mit der Mannschaft trainiert. Vielleicht wäre es also ein bisschen früh. Für das Spiel gegen Fortuna Köln nächste Woche Freitag bin ich aber fest eingeplant.
Sehen wir Sie dann womöglich auch mal mit der Kapitänsbinde? Könnten Sie sich vorstellen, Nachfolger von Jonas Hector zu werden?
Das ist schwer zu sagen nach so einem Jahr. Jonas ist nicht zu ersetzen, weder menschlich noch fußballerisch oder als Kapitän. Ich glaube, dass wir das auf mehrere Schultern verteilen müssen, was er für den Verein geleistet hat. Es wäre natürlich eine riesige Ehre für mich, aber der Trainer hat sich noch nicht dazu geäußert. Ich bin mir aber sicher, dass er einen guten Ersatz für Jonas finden wird.
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