Für Timo Schultz beginnt am Samstag im Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim seine Mission zur Rettung des 1. FC Köln. Doch wer ist der Mensch hinter dem Trainer?
Er steht möglicherweise vor der größten Herausforderung in der Bundesliga. Timo Schultz soll den 1. FC Köln vor dem siebten Abstieg der Vereinsgeschichte bewahren. Die Voraussetzungen sind dabei wahrlich kompliziert: Ohne Neuzugänge, die schwächste Offensive der Bundesliga und als Nachfolger von Publikumsliebling Steffen Baumgart. Doch wer ist Schultz – genannt “Schulle” – abseits des Trainingsplatzes?
Schultz wurde in Wittmund in Ostfriesland geboren und spielte zunächst für seinen Heimatverein TuS Esens. Als 18-Jähriger zog es den Mittelfeldspieler dann zu Werder Bremen. Nicht ganz freiwillig, wie seine Eltern Reinhard und Toni einmal der NWZ erzählten. “Timo war skeptisch, ob es das Richtige ist”, sagte seine Mutter. Schultz’ große Schwester Kerstin meinte daraufhin: “Pack deine Sachen, ich fahr mit dir dahin und dann versuchen wir das.” Gesagt, getan.
Profi-Debüt ausgerechnet gegen den FC
Insgesamt absolvierte Schultz 110 Pflichtspiele für die zweite Mannschaft von Werder. Danach folgten Stationen beim VfB Lübeck (2000 bis 2002) und Holstein Kiel (2002 bis 2005), ehe es den heute 46-Jährigen zum FC St. Pauli zog. 2007 stieg Schultz mit dem Kiezklub in die zweite Bundesliga auf.
Sein Debüt im Profi-Fußball feierte Schultz schließlich am 10. August 2007 – ausgerechnet gegen den 1. FC Köln. Gegen die damals von Christoph Daum trainierten Geißböcke unterlagen die Hamburger durch Treffer von Patrick Helmes und Milivoje Novakovic mit 0:2. Drei Jahre später stieg St. Pauli unter Holger Stanislawski, den Schultz später als “besten Trainer” den er je hatte bezeichnete, in die Bundesliga auf. In seiner letzten Profi-Saison absolvierte Schultz noch vier Joker-Einsätze im Oberhaus.
Bestnote beim Fußball-Lehrer
Auch nach dem Ende seiner Profi-Karriere blieb Schultz beim FC St. Pauli. Dabei hatte der Ostrfriese zunächst mit einer Rückkehr in seine Heimat geliebäugelt, wo er zu Beginn seiner Laufbahn ein Lehramtsstudium für Sport und Geschichte begonnen hatte. Doch Schultz blieb in Hamburg. Lehrer sollte er aber dennoch werden.
2017 nahm Schultz am Fußball-Lehrer-Lehrgang des DFB teil, teilte sich an der Sportschule Hennef ein Zimmer mit Markus Krösche, dem heutigen Sportvorstand von Eintracht Frankfurt. Schultz schloss den Lehrgang mit der Bestnote 1,0 ab. “Er wollte immer Lehrer werden und seit 2018 ist er einer – ein Fußball-Lehrer“, sagte Vater Reinhard Schultz vor einigen Jahren.
Der “Ostfriese mit Schnellzugfußball”
Bei St. Pauli arbeitete Schultz zunächst drei Jahre lang als Co-Trainer der Profis unter Michael Frontzeck, Roland Vrabec, Thomas Meggle und André Schubert. Es folgten fünf Jahre im Nachwuchs, ehe der Trainer zur Saison 2020/21 zum Nachfolger von Jos Luhukay bei den Profis ernannt wurde. Seinen Führungsstil beschreibt Schultz selbst als offen, ehrlich und transparent. “Das sind Dinge, die für uns als Familie auch wichtig sind und die wir ihm gegenüber immer vorgelebt haben”, sagte Vater Schultz einst.
Seine erste Saison schloss Schultz auf St. Pauli auf Rang zehn ab. Im Jahr darauf waren die Kiezkicker sogar lange Zeit auf Aufstiegskurs und stürzten erst kurz vor Schluss auf Rang fünf ab. Die Süddeutsche Zeitung nannte Schultz einen “Ostfriesen mit Schnellzugfußball”. Es folgte jedoch eine schwache Hinrunde mit nur 17 Punkten aus 17 Spielen, woraufhin der Trainer im Winter entlassen wurde.
Ein halbes Jahr später heuerte Schultz beim FC Basel an. Nach nur elf Pflichtspielen und einem Liga-Sieg aus sieben Partien musste er jedoch frühzeitig wieder gehen. Dabei hatte der Schweizer Traditionsclub zuvor einen großen Umbruch mit mehr als 20 Abgängen zu verzeichnen gehabt. Dennoch gab die Vereinsführung dem Trainer die Schuld und sagte unter anderem: “Es sind sich klubintern alle einig, dass trotz der Kadersituation ein viel besserer Saisonstart nicht nur möglich, sondern zwingend gewesen wäre.”
Schultz nahm diese Kritik jedoch gelassen: “Wenn es zu einer Trennung zwischen Verein und Trainer kommt, dann ist es in den seltensten Fällen – wie hier beim FC – der Fall, dass man Friede, Freude, Eierkuchen auseinander geht”, sagte er bei seiner Vorstellung in Köln. “Letztendlich müssen sich die Entscheidungsträger rechtfertigen, da werden dann die üblichen Phrasen rausgeholt. Das ist für mich absolut okay.”
Privat ist Schultz Fan des Komikers Otto Waalkes und während Steffen Baumgart dem deutschen Schlager verfallen war, hört Schultz gerne Techno-Musik. “Früher war ich komplett dabei. In den 90ern mit WestBam und Mark ‘Oh, das war total mein Ding, auch die Loveparade”, verriet er einmal.
Eigenes Pauli-Lied für Schultz
Selbst hält er sich durch Laufen, Tennis und hin und wieder mit Kraftübungen fit. Danach darf es dann gerne auch mal eine Tasse Tee von der Marke “Thiele Broken Silver” sein. “Die trinke ich schon mein ganzes Leben”, sagte er. Kaffee gebe es derweil nur in Ausnahmefällen.
Auf St. Pauli genießt Schultz nach insgesamt 17 Jahren als Spieler und Trainer derweil Legendenstatus, auch wenn er diesen Begriff im Zusammenhang mit sich selbst nicht gerne hört. Sein Freund und Sänger Thees Uhlmann widmete Schultz 2021 sogar einen eigenen Song. In “Gute Reise, Timo Schultz” heißt es: “Du sollst mein allerletzter FC-St.-Pauli-Trainer sein!” Es kam jedoch anders – 2024 ist Schultz Trainer des 1. FC Köln.
Vor seinem ersten Pflichtspiel mit dem FC lebt Schultz aktuell noch im Hotel. Für eine Wohnungssuche war bislang schlichtweg noch keine Zeit. Seine Frau und “Sandkastenliebe” Mareelke sowie seine drei Kinder Hannah (17), Paul (15) und Frieda (8) bleiben derweil in Hamburg wohnen.
Seine prägendste Köln-Erfahrung
Die Geburt von Paul, der in der U16 von St. Pauli spielt, wird dabei für Schultz auch immer mit dem 1. FC Köln in Verbindung stehen. Am 1. Februar 2008 gastierte Schultz mit St. Pauli in der 2. Bundesliga im RheinEnergieStadion (1:1) und tauchte anschließend mit seinen Teamkollegen ins Kölner Nachtleben ein. Zumindest solange, bis sich seine hochschwangere Frau meldete.
“Nach dem Spiel bin ich zurück ins Hotel, wir hatten als Mannschaft eine Anschluss-Übernachtung gebucht”, erzählte Schultz in der vergangenen Woche. “Meine Frau hatte ich angerufen, um zu fragen, wie es aussieht, ob ich noch eine Nacht bleiben kann. Wie es dann aber so ist, kam um halb fünf in der Nacht der Anruf, dass ich mich beeilen könnte. Am nächsten Tag wurde mein Sohn geboren, und deswegen ist das die prägendste Erfahrung, die ich mit dem 1. FC Köln habe.” Weitere werden wohl zeitnah für Timo Schultz hinzukommen.
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