Christian Keller hat sich im Doppelpass von Sport1 ausführlich zur Situation des 1. FC Köln geäußert. Alle Aussagen des Sport-Geschäftsführers in der Zusammenfassung. Das sagte Christian Keller über…
…die Niederlage gegen Darmstadt
„Wir waren wirklich in den Basics sehr schwach. Wenn ich unsere Ballan- und mitnahme sehe, unser Passspiel sehe, auch die Bereitschaft, den Ball zu fordern, dann waren wir da einfach total verängstigt und hatten Angst vor der eigenen Courage. Und natürlich auch Angst davor, dieses Spiel zu verlieren. Das ist der komplett falsche Ansatz. Am Schluss muss immer die Freude antreiben, etwas gewinnen zu können. Uns treibt aktuell an, dass wir Angst haben, etwas zu verlieren. Angst ist immer ein schlechter Begleiter. Dann sieht es halt so aus, wie es gestern ausgesehen hat.“
…die Tabellensituation
„Das Ergebnis ist nicht ausreichend. Aber was am Schluss immer gilt: Es gibt keine Alternative zum Optimismus. Wir haben noch vier Spiele. Schauen wir mal, was Mainz heute Abend macht. Und wenn es dann nur vier Punkte bleiben sollten, dann haben wir nächste Woche in Mainz die Chance, nochmal ganz eng ranzurücken.“
Wir wussten, als wir in die Länderspielpause gegangen sind, dass die letzten acht Spiele die Spiele sind, in denen wir es rumreißen können oder müssen. Ich finde, das hat sich auch punktemäßig oder ergebnismäßig ganz ordentlich angelassen. Das 1:1 in Augsburg war in Ordnung. Dann kam ein sehr glücklicher Heimsieg gegen Bochum, aber ab und zu brauchst du das Momentum auf deiner Seite. In München war die Leistung okay. Gestern haben wir natürlich ein Spiel geschenkt, was ein absolutes Muss-Spiel war. Wenn wir jetzt nicht einen Quantensprung nach vorne machen, dann wird es nicht reichen.”
…Timo Schultz
“Timo macht es bis dato vom ersten Tag an sehr, sehr gut. Er hat der Mannschaft klar vermittelt, was das Allerwichtigste ist. Nämlich, dass er total davon überzeugt ist, dass wir das mit diesem Kader schaffen können. Er arbeitet sehr systematisch im Training und probiert, den Spielern Selbstvertrauen zu vermitteln. Er ist sicherlich nicht immer so ruhig, wie er sich dann nach außen gibt, er ist auch im Innenverhältnis oder auf dem Platz laut, wenn es sein muss. Timo findet eine gute Mischung.
Die Entscheidung für ihn war eine ganz klare Inhaltsentscheidung. Er ist in der Lage, sehr strukturiert, aber auch entlang einer klaren Konzeption mit der Mannschaft zu arbeiten. Er kommuniziert gut mit der Mannschaft und hat auch etliche Spieler wie Faride Alidou oder Sargis Adamyan wieder deutlich näher rangeführt. An Timo liegt es nicht. Die Mannschaft muss dann halt auch mal liefern.”
…die Qualität des Kaders
“Wir haben sicherlich eine Mannschaft, bei der vor Saisonbeginn klar war, dass wir um den Klassenerhalt in der Bundesliga spielen werden. Wir haben aber auch eine Mannschaft, die es deutlich besser kann, als das, was sie gestern geleistet hat oder was sie auch in einigen Spielen davor geleistet hat. Die Frage ist, warum etliche Spieler unter ihrem eigentlichen Leistungsniveau sind. Ich will auf keinen Fall den Spielern ihre Qualität absprechen.
Der Kader hat schon ein paar Spieler, die, wenn sie an ihrem Limit spielen, überdurchschnittlich gute Bundesliga-Qualität auf den Platz bringen können. Es wurde Luca Waldschmidt genannt. Dann würde ich da sicherlich neben Mark Uth auch noch Florian Kainz dazuzählen, der in der vergangenen Saison ein totaler Leistungsträger war. Ich finde, dass auch Jeff Chabot das rechtfertigt. Er ist auch der einzige Feldspieler, der wirklich konstant über die Saison seine Leistung bringt. Wir haben schon ein paar Jungs, die das könnten. Aus unterschiedlichen Gründen kriegen es halt etliche Spieler, die den Karren ziehen könnten, nicht hin.”
…Max Finkgräfe
“Max Finkgräfe ist sicherlich ein junger Mann, der überhaupt nichts zur Situation beitragen kann. Er hat tolle Spiele gemacht. Er hat komplett unbekümmert und befreit aufgespielt bis dato. Natürlich hat man gestern auch gemerkt, dass er leider das Herz nicht in beide Hände nehmen sollte, sondern einfach auch zu viel nachgedacht hat. Das ist aber überhaupt kein Vorwurf.”
…Kritik an der Mannschaft
“Was soll ich denn sagen? Ich kann ja nicht sagen, wir haben gut gespielt, denn das haben wir nicht. Aber ich glaube an unsere Mannschaft. Und es ist ja dann auch meine Mannschaft, also ist es meine Verantwortung. Und bevor die Mannschaft kritisiert wird, muss ich kritisiert werden. Ich bin am Schluss hauptverantwortlich.”
…die Fan-Wut nach der Darmstadt-Pleite
“Ich kann die Unmutsbekundungen komplett nachvollziehen. Auch deshalb, weil natürlich das Stadion und insgesamt die ganze Stadt wie eine Wand hinter uns gestanden hat. Und wenn du da mit so einer großen Hoffnung und Erwartung in so ein Spiel reingehst und dann so enttäuscht wirst, dann verstehe ich schon, wenn da Frust und Aggression da ist und die auch raus muss. Dann ist es halt so, dass die sich auf eine Person konzentrieren muss. Das bin ich in dem Fall. Und das ist auch wichtig, denn sie schreien lieber meinen Namen raus, als wenn sie gegen die Spieler schreien oder gegen den Trainer. Weil die müssen nächsten Sonntag auf dem Platz Fußball spielen. Und das müssen sie besser tun, wenn wir die letzte Chance noch nutzen wollen.”
…Fehler in der Kaderzusammenstellung
“Ich habe schon mehrfach gesagt, dass es mir nicht gelungen ist, die beiden Abgänge von Jonas Hector und Ellyes Skhiri zu kompensieren. Das waren unsere absoluten Unterschiedsspieler, an denen letztendlich die Stabilität der Mannschaft gehangen hat. Auf der Sechser-Position tun wir uns sicherlich über die ganze Saison hinweg schwer, das Niveau von Ellyes Skhiri einigermaßen zu kompensieren. Jonas war weit mehr als ein Linksverteidiger. Und das ist sicherlich ein Hauptgrund, warum wir es so machen, wie wir es bis dato machen.
Ich möchte jetzt nicht in den Rechtfertigungsmodus kommen. Am Schluss zählt das Ergebnis und das Ergebnis ist nicht gut. Wenn ich jetzt Gründe anführe, warum das Ergebnis so ist, dann mag sich das relativ schnell wie Rechtfertigen anhören. Aber die Gründe sind nun mal da. Fakt ist, der FC war in einer wirtschaftlichen Situation, in der du als sportlich Verantwortlicher nicht aus dem Vollen schöpfen konntest.
Der klare Auftrag war, einen erheblichen Anteil des Kaderbudgets einzusparen, um darüber das wirtschaftliche Überleben zu sichern. Das haben wir getan. Wir haben das Kaderbudget bis zum heutigen Tag um rund ein Drittel reduziert. Das ist schon eine Hausnummer, zumal das Kaderbudget davor schon im hinteren Mittelfeld angesiedelt war. Jetzt sind wir unter den letzten Drei, was das Budget für den Lizenzkader anbelangt. Das mag sich komisch anhören, weil der FC grundsätzlich von seiner Wucht und seiner Strahlkraft natürlich einer der größten Bundesligisten ist. Deshalb ist die entscheidende Frage, ob man mit dem massiv reduzierten Budget bessere Personalentscheidungen hätte treffen können. Der Frage muss ich mich stellen.”
…die wirtschaftliche Situation
“Es gab wirtschaftlich zu dem Vorgehen keine adäquate Alternative, außer man hätte das Rad immer so weiter drehen wollen. Ich mag mich daran erinnern, dass wir uns durch die Pandemie einen Berg an Schulden von rund 80 Millionen Euro angehäuft hatten, dass wir Sponsoring-Erlöse bis zum Sommer 2024 schon vorgezogen hatten. Wir werden jetzt ab Juli erstmals wieder jeden Sponsoring-Euro, der reinkommt, auch tatsächlich im Geldbeutel haben. Das sind natürlich alles Gründe, die dich in der Entwicklung blockieren. Bei der Frage zwischen Existenzssicherung und sportlichen Invest muss man sich aus unternehmerischer Perspektive für die Existenzsicherung entscheiden. Auch, wenn das auf dem Platz nicht gut aussieht. Aber nur dann kannst du auch sportlich eine Perspektive haben.”
…das nicht ausgeschöpfte Transfer-Budget
“Mir hat mal ein erfahrener Manager mit einem Augenzwinkern gesagt, als ich die erste DFL-Tagung machen durfte: ‘Christian, gewöhn dich mal an Bundesligadimensionen, weil für zehn Millionen Euro kriegst du nicht mal mehr einen Fußlahmem.’ Wie soll man denn mit drei Millionen Euro einen überdurchschnittlichen Bundesligaspieler holen? Das würde ich einfach mal stark in Frage stellen.”
…Abgänge im Falle des Abstiegs
“Der ein oder andere hat eine Ausstiegsklausel oder auch keinen gültigen Zweitligavertrag. Wir müssen schauen, was am Saisonende passiert. Wir sind auf der Zugangsseite nur bedingt handlungsfähig. Dabei haben wir drei Optionen: Es kommen sechs Leihspieler zurück, wo es die meisten sehr gut machen. Exemplarisch mal Jonas Urbig und Tim Lemperle genannt. Dann haben wir aktuell ein paar geliehene Spieler. Sollten wir Kaufoptionen haben für diese Spieler, dann wäre es auch da möglich, diese Kaufoptionen zu ziehen. Und die dritte Option ist mit Spielern aus meinem Nachwuchs zu arbeiten.”
Kellers Schlussfazit
“Erstens: Die Mannschaft wird gegen Mainz ganz sicher ein anderes Gesicht zeigen. Zweitens: Danke an die, die noch an uns glauben. Und drittens: Egal, wie es ausgeht, der 1. FC Köln wird wieder aufstehen.”
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