Was für ein Debüt-Jahr in der Serie A: Yann Aurel Bisseck, von 2007 bis 2019 beim 1. FC Köln ausgebildet, beendete seine erste Saison bei Inter Mailand direkt als italienischer Meister. Im großen GEISSBLOG-Interview spricht der Innenverteidiger unter anderem über den Titelgewinn, seinen WM-Traum und den FC. Lesen Sie hier Teil eins.
Das Interview führte Daniel Mertens
GEISSBLOG: Herr Bisseck, Sie wurden in Ihrem ersten Jahr auf Anhieb italienischer Meister mit Inter Mailand. Kommen Sie sich eigentlich vor wie in einem Traum?
YANN AUREL BISSECK: “Am Anfang schon. Bei der Parade durch die Stadt waren es schon außergewöhnliche Gefühle. Der Support der Fans ist schon eine riesige Sache, vor allem wenn man von einem kleineren Verein kommt.”
Wie haben Sie das entscheidende Spiel zur Meisterschaft erlebt, den 2:1-Erfolg im Stadtderby bei der AC Mailand?
“Das war fast zu schön, um wahr zu sein. Das ist für die Fans und für uns das Spiel der Spiele. Sie an dem Abend zu schlagen und dass sie dann zuschauen müssen, wie wir Meister werden, das war fast schon ein bisschen märchenhaft. Das waren wirklich enorme Gefühle.”
“Hatten das Gefühl, dass es unser Jahr ist”
Wie fällt Ihr Fazit nach dem ersten Jahr bei Inter aus?
“Das muss man immer mit Vorsicht betrachten, insbesondere wenn man von einem kleineren Verein kommt. Ich glaube, ich war weniger vorgesehen als ich am Ende tatsächlich gespielt habe (20 Pflichtspiele, Anm. d. Red.). Ich habe das Glück gehabt, dass ich die Chance bekommen habe im Dezember und dass ich es so gut gemacht habe und damit auf mich aufmerksam gemacht habe. Ich vermute, dass man mir so viele Einsätze nicht zugetraut hätte, aber man will natürlich immer spielen. Ich bin sehr selbstbewusst, deswegen habe ich immer geglaubt, dass ich auch verdient hätte, mehr zu spielen. Aber für meine erste Saison kann ich mich absolut nicht beschweren.”
Zwischenzeitlich haben Sie in der Serie A sogar einmal das 1:0-Siegtor in Bologna erzielt. War das Ihr persönliches Highlight bisher?
“Das kann man so sagen. Das war ein großes Spiel gegen einen Top-Gegner. Da dann das Siegtor zu erzielen und allgemein ein gutes Spiel zu machen, war für mich vermutlich fast das Spiel schlechthin sozusagen.”
Wie haben Sie den Weg Inters zum Titel erlebt?
“Wir waren von der ersten Minute an extrem on point. Wir hatten das Gefühl, dass es unser Jahr ist. Wir haben stark gespielt, hatten zwischendurch auch das Spielglück auf unserer Seite. Wir waren das ganze Jahr über sehr locker, einfach alles hat funktioniert, was wir gemacht haben.
Und Sie waren ein fester Bestandteil einer so starken Mannschaft. Wie blicken Sie darauf zurück?
“Mehr kann man sich nicht wünschen. Man muss man schon darauf schauen, wo ich herkomme. Die wenigsten haben mir das zugetraut, dass ich mich so schnell etabliere. Daher ist es einfach ein unfassbar schönes Gefühl, wenn man merkt, dass der Trainer einen Mehrwert in einem sieht.”
Der Saison-Tiefpunkt war vermutlich das Champions-League-Aus im Achtelfinale nach Elfmeterschießen gegen Atletico Madrid. Wie haben Sie die entscheidenden Momente im Mittelkreis erlebt?
“Für mich war es das erste Elfmeterschießen. Wenn man so etwas im Fernsehen sieht, ist das immer die eine Sache. Aber wenn man wirklich so nah dran ist, wenn ich mir vorstelle, dass ich da alleine 50 Meter zum Elfmeterpunkt laufen muss, da muss man wirklich Respekt vor haben. Letztlich kann ein Elfmeterschießen in jede Richtung gehen. Für uns ist es leider in die falsche Richtung gegangen. Das war hart, denn diese Saison wäre für uns sonst noch etwas möglich gewesen im Wettbewerb. Aber vielleicht dann nächstes Jahr (lacht).”
Bisseck: “Weiß, dass ich noch mehr kann”
Sie sagten vor drei Jahren im Interview mit dem GEISSBLOG, dass Sie die Qualität besitzen, um bei einem internationalen Top-Club zu spielen. Sehen Sie sich in dieser Aussage bestätigt?
“Ja, absolut. Ich habe das auch nicht einfach so gesagt, ich habe immer daran geglaubt. Man muss natürlich ein bisschen Glück haben, denn ich habe natürlich nicht erwartet, nach Mailand zu wechseln, das wäre gelogen. Aber ich habe meine Sache gut gemacht und, ja, ich fühle mich schon ein Stück weit bestätigt. Ich weiß aber auch, dass ich noch mehr kann. Ich weiß, dass ich noch besser werde. Daher ist das für mich erst der Anfang.”
Im vergangenen Herbst haben Sie durchblicken lassen, noch etwas in Richtung Europameisterschaft 2024 im eigenen Land zu schielen. Hat sich Julian Nagelsmann schon mal gemeldet?
“Davon weiß ich zumindest nichts. Man darf auch nicht zu viel wollen. Ich habe schon einen Riesenschritt gemacht. Mit mehr Spielzeit oder mit regelmäßiger Spielzeit wäre ich vielleicht im Blickfeld gelandet. Wenn der Bundestrainer weiß, dass ich existiere, wäre das schon eine riesige Sache. Ich mache mir jetzt keinen Druck.”
Geht der Blick dann schon voraus Richtung Weltmeisterschaft 2026?
“Für mich ist die WM 2026 fast schon Pflicht. Dann werde ich 25 Jahre alt sein. Sofern alles gut läuft, nichts Schlimmes passiert und ich keinen drastischen Rückschritt mache, denke ich absolut, dass ich da nicht nur dabei sein kann, sondern dass ich da eine gute Rolle spielen kann bei der WM. Darauf arbeite ich hin und wir werden schauen, ob ich das hinkriege.”
Sie haben das Thema Spielpraxis schon angesprochen. Wie sehen diesbezüglich Ihre Pläne aus: Bleiben Sie vorerst in Mailand oder ist eine Leihe möglicherweise ein Thema?
“Ich habe nicht drüber nachgedacht, den Verein zu verlassen. Ich wurde in meinem ersten Jahr sehr fair behandelt. Aber natürlich, ich muss schauen, wie ich an Spielzeit komme. Deswegen werden natürlich Gespräche geführt mit den Verantwortlichen. Wenn es nach mir ginge, würde ich hier bleiben und hier weiter um meine Spielzeit kämpfen, weil ich auf einem sehr guten Weg bin. “
Teil zwei des Interviews mit Yann Aurel Bisseck erscheint am Montag. Dabei spricht der 23-Jährige über den 1. FC Köln.
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