Welches Potenzial steckt noch in den Bundesliga-Frauen des 1. FC Köln? Im zweiten Teil des großen GEISSBLOG-Interviews spricht Bereichsleiterin Nicole-Bender-Rummler über die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland und insbesondere am Geißbockheim.
Das Interview führte Daniel Mertens
GEISSBLOG: Frau Bender-Rummler, hätten Sie in den Jahren 2013 oder 2014 damit gerechnet, dass sich der Frauenfußball beim 1. FC Köln so entwickeln könnte?
NICOLE BENDER-RUMMLER: “Als Spielerin ist es mir nie gelungen, mein Hobby zum Beruf zu machen, es war immer nur ein Hobby für mich. Das ist mir erst nach meiner Karriere gelungen. Deswegen weiß ich die Entwicklung sehr zu schätzen und dafür war sehr viel Schweiß und Herzblut notwendig. Ich weiß, woher wir kommen. Deswegen ist es auch sehr wichtig, dass wir alle so bodenständig bleiben und weiterarbeiten. Es sind natürlich wahnsinnige Schritte mittlerweile. Also hätten Sie mir vor zehn Jahren gesagt, dass wir irgendwann vor 30.000 oder 38.000 Zuschauern im RheinEnergieStadion Fußball spielen, hätte ich das natürlich nicht für möglich gehalten. Umso schöner ist es, dass es solche Entwicklungen gibt.”
Welches Potenzial schlummert denn langfristig gesehen noch im Standort Köln und im 1. FC Köln?
“Wenn ich aktuell sage, dass wir in zwei, drei Jahren um die Champions-League-Plätze spielen möchten, dann werden viele mit dem Kopf schütteln. Aber wir sind im Leistungssport, man muss sich hohe Ziele stecken, um erfolgreich zu sein. Im Sport wollen wir immer nach dem Größten greifen und uns mit dem Mittelmaß nicht zufrieden geben. Das ist Leistungssport. Es wäre gigantisch, wenn wir in drei Jahren mit dem 1. FC Köln mit unseren FC-Frauen in der Champions League spielen könnten. Das ist aktuell noch ein weiter Weg. Unser Ziel und unsere Ambition können aber nicht sein, dass wir die nächsten drei Jahre gegen den Abstieg spielen oder die Klasse halten wollen, ganz im Gegenteil.”
Bender-Rummler: “Die Liga ist bereit”
Die Bundesliga wird zur Saison 2025/26 auf 14 Mannschaften vergrößert. Wie beurteilen Sie diesen Schritt?
“Das ist ein sehr guter und professioneller Schritt. Die Liga ist bereit für mehr Mannschaften. Umso schöner und besser ist es für uns, dass wir bald vier weitere Spiele haben, darauf freue ich mich. Es gibt nichts Schöneres als Ligaspiele. Und das ist natürlich auch wichtig für weitere Geldeinnahmen, sei es durch das Ticketing oder Sponsoring.”
Mit dem VfL Bochum, Schalke und dem BVB streben mittelfristig drei weitere Vereine aus dem Westen in die Bundesliga. Erhöht das den Reiz mit weiteren attraktiven West-Duellen oder erschwert es den Kampf um die besten Spielerinnen?
“Konkurrenz belebt das Geschäft. Ich freue mich darauf, wenn wir gegen Dortmund spielen können oder gegen andere namhafte Vereine, nicht nur aus dem Westen. Schauen wir auf die aktuelle zweite Bundesliga, da habe ich Union Berlin und den HSV im Blick, da würde ich mich sehr freuen, gegen solche Clubs in der ersten Liga spielen zu dürfen. Ich wünsche mir aber auch, dass so ein Frauen-Traditionsverein wie die SGS Essen weiterhin in der Liga bleibt, weil sie wirklich einen tollen Job machen. Aber wenn die einen hochkommen, müssen auch welche runtergehen in die zweite Liga.”
Wie nehmen Sie grundsätzlich die Bedeutung des Frauenfußballs in Deutschland wahr? Was kann und muss sich Ihrer Meinung nach noch verbessern?
“Die Entwicklung, wenn es um die Aufmerksamkeit der letzten zwei, drei Jahre geht, ist schon wirklich enorm. Alle Spiele werden live übertragen auf verschiedenen Sendern. Die Zuschauerzahlen steigen. Wir können natürlich noch mehr Aufmerksamkeit wecken, weil viele noch nicht so informiert sind über den Frauenfußball. Wir wollen aber natürlich auch niemanden zwingen, Frauenfußball zu schauen. Wir möchten überzeugen. Ich glaube, dass noch sehr, sehr viel Potenzial schlummert, weil es unter anderem ein ehrlicher Sport ist und viele tolle Frauen den Sport betreiben. Da wird die nächsten Jahre noch sehr viel passieren.”
Der Trainerposten in der Bundesliga ist seit Jahren eine Männer-Domäne. Warum sehen wir eigentlich kaum ehemalige Fußballerinnen nach ihren aktiven Karrieren an der Seitenlinie?
“Das werden mehr, es braucht aber noch ein bisschen Zeit. Wenn ich beispielsweise in unseren U-Bereich schaue, da haben wir zehn Trainer und Trainerinnen von der U20 bis zum Talente-Team und von diesen zehn sind acht weiblich und zwei männlich. Das zeigt, dass der Unterbau da ist, und das gehört zur Ausbildung auch bei den Trainerinnen dazu. Da kommen demnächst viele gute Trainerinnen wie Kim Kulig oder Lena Lotzen. Ich denke schon, dass wir zeitnah auch mehr Frauen als Trainerinnen sehen werden.”
Hat es bisher möglicherweise auch mit der Bezahlung und der Perspektive zu tun gehabt, dass so wenig Frauen auf die Trainer-Bank wechselten?
“Wenn ich jetzt mal auf meine Person zurückblicke, hatte ich auch überlegt, ob ich Trainerin werde oder ins Management gehe. Und wenn ich ehrlich sein darf, ist Management ein bisschen sicherer als der Trainerjob, denn das ist schon ein kleiner Schleudersitz. Da kann es schon mal sein, dass du alle zwei, drei oder vier Jahre deinen Standort wechselst. Für mich war die Bezahlung erst einmal zweitrangig, für mich war es entscheidend, an welcher Aufgabe ich die größte Freude und für die ich die größte Leidenschaft habe. Ich möchte aber nicht die Antwort für alle geben. Ich kann nur sagen, wie es bei mir war. Was die Gehälter angeht, hat sich glücklicherweise in den vergangenen Jahren aber auch viel getan.”
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