Der 1. FC Köln hat sich mit einem 3:0 gegen Holstein Kiel aus seiner Krise zurückgemeldet. Auffällig nach der Partie: Jubeln wollten Spieler und Verantwortliche nur im kleinen Kreis. Der Ton aus der Kölner Wagenburg ließ anschließend wenig echte Freude vermuten.
Aus Müngersdorf berichten Sonja Gauer, Marc L. Merten und Martin Zenge
Der 1. FC Köln hatte am Dienstagabend eigentlich allen Grund sich zu freuen und durchzuatmen. Die Geißböcke hatten nach zwei heftigen Pleiten in der 2. Bundesliga geschafft, sich über den DFB-Pokal zurückzukämpfen. Ein Sieg gegen einen Bundesligisten, auch dank einer taktischen Umstellung, darf durchaus als Erfolg für Mannschaft und Verantwortliche gleichermaßen gewertet werden.
Doch so wirkte es nicht nach der Partie in den Katakomben des RheinEnergieStadions. Stattdessen schien der Druck insbesondere auf den Verantwortlichen zu schwer zu lasten. Der Druck auf Trainer Gerhard Struber, in der Liga den Ansprüchen weit hinterher zu laufen. Der Druck auf Sportchef Christian Keller, dass auf seine harschen Worte (“Bodenlos!”, “Schülermannschaft!”) endlich Taten folgen mussten. Denn trotz des Erfolgs im DFB-Pokal liegt der FC in der Liga weiter auf Rang zwölf.
Keller hatte Kritik selbst eröffnet
Anders ist zumindest nicht zu erklären, dass von Kellers Forderung, “selbstkritisch zu sein”, anschließend in so manchen Äußerungen nichts mehr zu hören war. Stattdessen klang bereits wieder allzu große Selbstzufriedenheit durch, obwohl diese vor dem nächsten so wichtigen Spiel bei Hertha BSC am Samstag wahrlich nicht angesagt scheint. Statt sich demütig und erleichtert zu zeigen, zog man sich bereits mit dem ersten Erfolgserlebnis wieder in eine Wagenburg zurück und zeigte lieber mit dem Finger auf die Kritiker. Allen voran Trainer Gerhard Struber auf der Pressekonferenz am späten Abend.
Noch am Montag vor dem Spiel hatte der Österreicher vermeintlich offen erklärt, er sei “nicht naiv”, könne “mit Druck umgehen” und wisse, dass “wenn du in der Welt des FC ins Verlieren kommst, es normal ist, dass auch über den Trainer diskutiert wird”. Von diesen Worten verabschiedete sich der 47-Jährige einen Tag später komplett und lieferte einen bemerkenswert patzigen Auftritt ab. Besonders stach sein Satz heraus: “Im Inner Circle sind wir sehr klar und sachlich geblieben – was ich nicht von allen im Umfeld behaupten kann.”
Diese Worte waren insofern besonders bemerkenswert, als dass es nicht das nebulöse “Umfeld” des FC gewesen war, welches die Mannschaft nach Darmstadt in der Luft zerrissen und eine teils unsachliche Kritik geäußert hatte, sondern der Sport-Geschäftsführer des 1. FC Köln höchstpersönlich. Und es auch nicht das “Umfeld” gewesen war, welches nach den zwei Niederlagen hinter verschlossenen Türen begonnen hatte mögliche Notfallszenarien zu diskutieren, sondern das Präsidium des 1. FC Köln.
Kritik hat Spuren hinterlassen
Doch einmal in der Wagenburg eingenistet, fuhr Struber auf Nachfrage unbeirrt fort, dass er diesen Satz zum “Inner Circle” nicht ausführen wolle, sondern lediglich ergänzte: “Daraus können Sie wie immer interpretieren, was Sie wollen.” Struber entschied sich also für Attacke statt für Genuss. Der FC-Coach hätte seine Mannschaft loben können für eine taktisch disziplinierte Leistung, dafür, dass sie mit dem Druck gut umgegangen war, dass sie die Umstellung auf ein 3-4-1-2 durchgezogen hatte, dass sie sich für ihren Aufwand belohnt hatte, dass er selbst erleichtert sei, die richtige Reaktion auf die Katastrophen-Auftritte gezeigt zu haben.
Stattdessen entschied er sich, seine Worte vom Vortag ad absurdum zu führen und zu demonstrieren, dass die Diskussion um seine Person doch Spuren hinterlassen hat. Dazu passte auch, dass bei den Spielern die Erleichterung nach dem Spiel zwar sichtlich groß war auf dem Rasen, die Pokal-Party aber ausblieb. Zwar drehte die Mannschaft nach den 90 Minuten ihre obligatorische Runde und blieb einige Zeit vor der Südkurve stehen. Eine Feier mit Tanzeinlagen und Gesängen gab es aber nicht. Stattdessen trat das Team recht bald wieder den Rückzug an und verschwand in den Katakomben. Ebenso übrigens wie Christian Keller, der an diesem Abend lieber gar nichts sagen wollte.
Struber selbst erhöht den Druck vor Hertha
Es war ein überraschender Frust-Auftritt des Kölner Cheftrainers, so unerwartet wie unnötig. Statt den Fokus auf eine mögliche Trendwende zu legen, ergab er sich dem Bestreben, es seinen Kritikern mit gleicher Münze heimzuzahlen. Und so könnte Struber seiner Mannschaft sogar einen Bärendienst erwiesen haben. Denn statt zu versuchen, aus dem 3:0 gegen Kiel auch eine Stimmungswende mitzunehmen, erhöhte er selbst noch einmal den Druck auf sich selbst, gegen die Hertha am Samstag liefern zu müssen. Gut möglich, dass ihm noch nicht bewusst ist, dass die vermeintliche Wagenburg beim FC eigentlich ein Glashaus ist. Und in diesem hilft es bekanntlich selten, mit Steinen zu werfen.
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