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Finanz-Boss spricht Klartext: “Würden um Schadenersatz kämpfen”

Philipp Türoff plant die Zukunft des 1. FC Köln. (Foto: Bucco)
Philipp Türoff plant die Zukunft des 1. FC Köln. (Foto: Bucco)

Ein Jahr liegt das Chaos beim 1. FC Köln zurück. Geschäftsführer Philipp Türoff blickt im Exklusiv-Interview mit dem GEISSBLOG auf die letzten zwölf Monate zurück und wagt einen Ausblick auf 2025. In Teil 1 des Interviews spricht Türoff über die Schadenersatz-Frage bei der Transfersperre, den Knall in der Geschäftsführung und den Geißbockheim-Ausbau. Teil 2 des Interviews erscheint am 26. Dezember 2024.

Das Interview führten Sonja Gauer, Marc L. Merten und Martin Zenge

GEISSBLOG: Herr Türoff, ein Jahr nach dem Schwarzen Donnerstag des 1. FC Köln vor Weihnachten – wie fällt Ihre Bilanz für 2024 aus?

PHILIPP TÜROFF: „Sowohl für den FC als auch für mich persönlich war das Jahr ein wilder Ritt, wie ich es im Berufsleben noch nie erlebt habe. Die dominierenden Ereignisse waren natürlich der Abstieg und die Folgen des CAS-Urteils. Mit allem, was das für Konsequenzen hatte – bis tief hinein in die Gemüter aller. Das waren Einschläge, die uns alle mitgenommen haben. Trotzdem: Ein Jahr später gibt es Hoffnung am Horizont.“

Haben Sie auch deswegen Ihren Vertrag verlängert? Weil es bergauf geht?

„Ich musste für mich die Entscheidung treffen, ob ich im Fußball bleiben möchte. Selbst in einem solchen Jahr des Dramas gab es viele schöne Momente, für die es sich lohnt, diesen Job zu machen. Ich mache meine Arbeit im Fußball sehr gerne und glaube fest daran, hier gemeinsam einiges zum Positiven verändern zu können. Das Gefühl hatte ich auch in den Momenten, in denen es richtig zur Sache ging.“

Was hat der FC aus diesem Drama gelernt?

„Da fängt es ja schon an: Was ist denn ‚der FC‘? Der FC mit seinem aufgeregten Umfeld ist ein vielstimmiger Ameisenhaufen. Wenn wir auf die Transfersperre schauen, gibt es einmal die faktische Seite, auf der wir Konsequenzen gezogen haben. Dann gibt es die politische Dimension, wenn man mit einer Organisation wie der FIFA oder einem Club wie Ljubljana interagiert. Da gibt es Ebenen, die nicht nur faktenbasiert funktionieren, und da gab es auch eine große Lernkurve.“

Wie sieht die aus?

„So etwas wird uns sicher nicht noch einmal passieren, auch wenn die Verarbeitung noch immer nicht völlig abgeschlossen ist. Ich denke noch immer viel darüber nach, wie alles gelaufen ist und was man hätte anders machen können. Das hat uns zwei Jahre beschäftigt und es wird noch dauern, bis wir die Akte völlig schließen können. “

Wir beschäftigen uns jetzt mit der Frage, wie die Zusammenarbeit ausklingen wird. Es wird einen sauberen Übergang geben

Philipp Türoff

Die Transfersperre wurde ja jetzt am Ende sogar doch noch aufgehoben nach dem EuGH-Urteil. Verspürt man da Genugtuung oder ist es dafür zu spät?

„Genugtuung wäre unangebracht. Das Entscheidende ist, dass wir jetzt nach vorne arbeiten. Es hilft nichts, dass die Transfersperre aufgehoben wurde. Wir stehen unmittelbar bevor, dass wir ab Januar wieder Spieler registrieren dürfen. Darauf konzentrieren wir uns.“

Was ist mit der Frage nach Schadenersatz? Wird der FC diesen prüfen?

„Das ist unsere Pflicht. Wenn es Ansprüche geben könnte, die rechtmäßig sind, müssen wir uns darum kümmern. Wir loten die Dinge gerade aus und bereiten sie vor. Sollte es aussichtsreich sein, würden wir um Schadenersatz kämpfen.“

Wie realistisch ist das denn?

„Jeder würde intuitiv empfinden, dass da ein Schaden entstanden ist. Das prüfen wir jetzt juristisch und lassen es bewerten. Sollten wir erkennen, dass der FC finanzielle Ansprüche hat, werden wir diese geltend machen.“

Vor einem Jahr gab es vor Weihnachten den CAS-Knall. Dieses Jahr vor Weihnachten gab es den Knall um Markus Rejek. Wie bewerten Sie das Aus Ihres Co-Geschäftsführers?

„Zunächst einmal respektiere ich seine Entscheidung total. Das Dreier-Gespann hat seine Zeit gebraucht, sich zu finden, aber dann gemeinsam vieles in die richtige Richtung angeschoben. Jetzt hat Markus die Entscheidung getroffen, dass es für ihn nicht weitergeht. Darauf werden wir uns einstellen. Christian Keller und ich waren am Anfang auch zu zweit unterwegs, insofern sehe ich das aufgeräumt. Dass auf dieser Ebene im Fußball auch mal Veränderungen passieren, ist völlig normal. Das werden wir inhaltlich in der Spur halten.“

Ist denn geplant, dass die Stelle neu besetzt werden soll? Oder werden Christian Keller und Sie sich künftig die Aufgaben aufteilen?

„Ein Nachfolger ist noch nicht in der Pipeline. Mein Kenntnisstand ist, dass es einen neuen Mit-Geschäftsführer geben soll. Diese Aufgabe liegt aber beim Vorstand. Niemand muss in Hektik verfallen. Markus ist noch da, wir beschäftigen uns jetzt mit der Frage, wie die Zusammenarbeit ausklingen wird. Es wird einen sauberen Übergang geben.“

Es ist ja keine unwichtige Phase, weil der FC vieles selbst übernehmen will, allen voran die Vermarktung von Infront ab 2026, für die ein eigenes Team aufgebaut werden muss.

„Dieser Prozess ist nicht gefährdet, im Gegenteil. Es wäre viel kritischer gewesen, wenn wir schon voll in die Vorbereitung der Selbstvermarktung gestartet wären, und erst dann würde derjenige, der begonnen hat, sein Team aufzubauen, aufhören. Andersrum ist es besser und wir können dieses neue Team in einem Guss gestalten. Zudem haben wir für die Übernahme der Eigenvermarktung nun anderthalb Jahre Vorlaufzeit.“

Es hat immer wieder atmosphärische Störungen zwischen Markus Rejek und Christian Keller gegeben. Waren diese ausschlaggebend dafür?

„Was sind genau atmosphärische Störungen? Wenn so viele Dinge bewegt werden müssen wie hier in den letzten Jahren, kommt es auch mal zu Reibungen. Das ist gar nicht auf Markus und Christian gemünzt. Das war sicher nicht der treibende Grund für die Trennung. Insgesamt waren es deutlich vielschichtigere, persönlichere Themen für Markus, die ihn zu diesem Schritt bewogen haben. Das sollte man respektieren.“

Wir hätten den Club auf 25 Jahre hinweg finanziell so belastet, dass es keine wirtschaftlichen Spielräume für den Sport mehr gegeben hätte

Philipp Türoff

Das Jahr 2024 hat einen Durchbruch herbeigeführt: Der FC darf sein Leistungszentrum bauen. Oder ist der Begriff „Durchbruch“ verfrüht?

„Es sind einige Fakten geschaffen worden, die ein Durchbruch sein können. Wir sind weiter als je zuvor, aber bei weitem noch nicht am Ziel. Die Frage ist: Wann haben wir die Sicherheit, dass neben dem Leistungszentrum die nötigen Erweiterungen durch die Satellitenplätze erfolgen können? Vorher gibt es für uns keinen Anlass zum Feiern.

Warum nicht?

„Weil es noch ein langer Weg sein wird, bis wir das Gebäude gebaut und finanziert haben werden. Vor allem, weil diese Entscheidung eng mit den nötigen Fußballplätzen verwoben ist. Der Stadtrat hat uns einige Aber mitgegeben, an denen wir jetzt arbeiten werden.“

Der FC hat erklärt: Es wird keine baulichen Veränderungen geben, solange die Frage der Plätze nicht geklärt ist. Warum sagt der FC nicht, dass der neue Kunstrasenplatz in Hürth-Efferen den Kunstrasenplatz am Geißbockheim ersetzt, auf dem das Leistungszentrum gebaut wird? Dann hätte der FC zwar zunächst keinen zusätzlichen Platz zur Verfügung, aber immerhin das Leistungszentrum?

„So kann man nicht rechnen. Keiner darf glauben, dass der Platz in Hürth-Efferen unseren meistfrequentierten Platz direkt vor der Tür am Geißbockheim ersetzen könnte. An dem Ort, wo all die eingesammelten Kinder aus 20 Bussen täglich ankommen. Wer glaubt, dann würde einfach alles weiter funktionieren, täuscht sich gewaltig. Die Wahrheit ist eine andere.“

Welche?

„Wir haben vor dem Ratsbeschluss deutlich gemacht, dass wir drei Plätze brauchen, um hier vernünftig weitermachen zu können. Efferen ist einer, der Ascheplatz bei Blau-Weiß ist ein zweiter, die Kampfbahn ist ein dritter. Beim Ascheplatz und auch bei der Kampfbahn wurden uns nun aber Absagen erteilt. Die Platzfrage ist also nicht geklärt. Wir können hier nicht um die 50 Millionen Euro in ein Gebäude investieren, ohne dass uns die Perspektive auf Fußballplätze geboten wird. Das ist unsere klare Botschaft. Das wissen auch alle Beteiligten.“

Hat sich der FC durch die alternativlose Festlegung auf das Geißbockheim selbst in eine Sackgasse ohne Verhandlungsmasse manövriert?

„Wir haben Marsdorf ganz ernsthaft geprüft, aber dieser Zahn wurde uns von der Politik gezogen. Wir hätten diese Vertreibung aus unserer sportlichen Heimat praktisch komplett selbst bezahlen müssen. Wenn ich diesem Plan als Verantwortungsträger zugestimmt hätte, hätten wir den Club auf 25 Jahre hinweg finanziell so belastet, dass es keine wirtschaftlichen Spielräume für den Sport mehr gegeben hätte. Deshalb war diese Entscheidung pro Geißbockheim eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Und jetzt müssen wir uns mit diesen Gegebenheiten und den politischen Entscheidungsträgern auseinandersetzen. Und da wollen wir mal sehen, wie diese 2025 aussehen.“

Nach den Kommunalwahlen.

„Nach den Wahlen. Dafür gibt es ja Wahlen, dass man Stellung beziehen und sagen kann, was man braucht.“

Für wie wahrscheinlich halten Sie es denn, dass 2025 die Bagger rollen können?

„Es gab schon Tage, an denen ich selbst Lust gehabt hätte, mit dem Bagger auf den Platz zu fahren. (lacht) Aber wir müssen Geduld haben. Wir sind dabei, unsere Planungen zu konkretisieren und alle Details dieses 50-Millionen-Projekts zu prüfen. Und dann gibt es noch das Verfahren am OVG Münster. Wir sind optimistisch, dass der Bebauungsplan rechtswirksam bleibt. Ich kann aber nicht verantwortungsvoll eine Großbaustelle in Auftrag geben, ohne die Rechtssicherheit aus Münster zu haben. Ich würde mir wünschen, dass das vor der Wahl passiert. Dann können die Menschen entscheiden, inwieweit sie Sport im Grüngürtel haben wollen.“

Wie würde der FC diese 50 Millionen Euro finanzieren?

„Das loten wir gerade aus. Wir können es nicht aus der Portokasse zahlen, sind aber durch unser Eigenkapital wieder in einer deutlich besseren Verhandlungsposition. Zur Planung gehört auch, dass wir unsere Finanzierungsoptionen prüfen und überlegen, wie wir dieses langfristige Projekt umsetzen können.“

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