Neuzugang erklärt Startschwierigkeiten: „Habe ich mir leichter vorgestellt“

Jusuf Gazibegovic hat mit dem GEISSBLOG über seine erste Zeit beim 1. FC Köln gesprochen. (Foto: Bucco)
Jusuf Gazibegovic hat mit dem GEISSBLOG über seine erste Zeit beim 1. FC Köln gesprochen. (Foto: Bucco)

Neuzugang Jusuf Gazibegovic hat sich beim 1. FC Köln schnell zum Stammspieler entwickelt. Dennoch ist der Rechtsverteidiger noch nicht zufrieden mit seinen Leistungen. Der GEISSBLOG hat den 24-Jährigen zum Interview getroffen.

Das Interview führten Sonja Gauer und Martin Zenge

GEISSBLOG: Herr Gazibegovic, Sie sind jetzt seit knapp sieben Wochen beim 1. FC Köln. Wie fällt Ihr erstes Fazit aus?

JUSUF GAZIBEGOVIC: „Mit der Mannschaft läuft es gut. Wir stehen auf Platz eins, das ist das Wichtigste. Deshalb spielt es für mich persönlich auch keine Rolle, ob wir in den Augen anderer gut spielen oder nicht. Ich persönlich fühle mich von Spiel zu Spiel besser. Die Umstellung auf die Dreierkette habe ich mir ehrlicherweise ein bisschen leichter vorgestellt.“

Was ist die größte Schwierigkeit für Sie als Schienenspieler im Vergleich zum klassischen Rechtsverteidiger in der Viererkette? 

„Zunächst ist es im Winter allgemein nicht so leicht, den Verein zu wechseln. Du kommst in eine Mannschaft rein, die ihre gefestigten Abläufe hat. Die Spielidee in Graz ist schon ähnlich, aber in der Dreierkette hast du noch einmal viel mehr intensive Läufe. Du musst vorne und hinten dabei sein. Ich weiß, dass ich das kann. Aber ich brauche noch meinen Erfolgsmoment, der mich richtig nach vorne peitscht. Ich will so schnell wie möglich auf mein Niveau kommen, denn ich weiß, auf welches Level ich kommen kann. Jetzt fehlt nur noch der Funke, der überspringt.“

Was könnte dieser Funke sein? 
 
„Vielleicht ein Tor oder ein Assist. Gegen Schalke war ich im Fünfer einmal nah dran. Ich denke, es bahnt sich langsam an. Ich brauche mein Erlebnis und dann geht es richtig los.“ 

„Hoffe, dass die Fans noch Spaß mit mir kriegen“

Hat es Sie gewurmt, dass Sie in Magdeburg zum ersten Mal in der Liga nur auf der Bank saßen? 

„Nein, gar nicht. Wir haben einen guten Kader und auch viele junge Spieler, die Qualität haben. In Graz habe ich gefühlt alle Spiele gemacht, aber auch wenn ich da mal auf der Bank gesessen habe, wusste ich, dass der Trainer eine Idee dahinter hat. Ich habe nicht viel darüber nachgedacht, ich wollte auch von der Bank aus alles geben.“ 

Mit dem Auftakt beim Hamburger SV, dem Pokal-Derby gegen Leverkusen oder auch dem Heimspiel gegen Schalke standen direkt zu Beginn ereignisreiche Wochen für Sie auf dem Programm. Hat das den Einstieg eher erschwert oder erleichtert? 

„Natürlich war der Auftakt gegen Hamburg direkt ein Kracher. Da sehe ich in der sechsten Minute die Gelbe Karte, das hat es nicht leichter gemacht. Damit habe ich mich direkt angemeldet in der Liga (lacht). Gegen Elversberg war ich dann schon stabiler. Braunschweig war solide, Schalke für mich persönlich bis jetzt die beste Leistung. Als Verteidiger stehe ich schon okay, jetzt schaue ich, dass ich mich offensiv immer mehr einschalte und meine Momente kriege. Ich hoffe, dass die Fans noch richtig Spaß mit mir kriegen.“

Gazibegovic über Selbstkritik

Haben Sie das Gefühl, dass die Dreierkette weiterhin das System der Wahl bleibt oder könnte es noch einmal eine Umstellung auf die Viererkette geben? 

„Warum sollte man etwas ändern, wenn es läuft? Auch wenn viele empfinden, dass wir nicht gut spielen. Solange du gewinnst, ändert man einfach nichts. Es liegt an uns, an mir, mich anzupassen.“ 

Sind Sie ein selbstkritischer Spieler? 
 
„Schon. Ich gucke mir immer alle Spiele von mir an und schaue, was ich besser machen kann. In Graz hatte ich dieses Selbstvertrauen in mir, es war gefühlt nie ein schlechtes Spiel dabei. Mit diesem Selbstvertrauen bin ich teilweise einfach durchmarschiert. Hier wollte ich mich sofort beweisen und zeigen, was ich kann. Das war vielleicht ein bisschen wie eine Handbremse. Irgendwann platzt aber der Knoten und dann bin ich voll da.“

Diesen Spieler hat Gazibegovic „auf dem Kieker“

Apropos Handbremse: Im Trainingslager in Estepona haben Sie erzählt, dass Sie ein verrückter Typ seien, beim FC aber erstmal gucken müssten, wie weit Sie gehen können. Haben Sie das inzwischen herausgefunden? 
 
„Es wird immer besser und macht immer mehr Spaß mit den Jungs. Jetzt kann ich mich entspannen und der ein oder andere Spruch kommt. Ich habe Linton ein bisschen auf dem Kieker. Wir triggern uns gegenseitig wegen unserer Größe. Paca (Leart Pacarada, Anm. d. Red.) nennt uns immer ‚Kleine‘. Linton ist noch zwei oder drei Zentimeter größer, das macht es nicht so einfach für mich (lacht).“ 

Wie groß ist generell der Unterschied zwischen der österreichischen Bundesliga und der 2. Liga in Deutschland? 

„Vom Niveau her ist der Unterschied nicht so groß. Die kleineren Mannschaften in Österreich hätten es schon schwer hier. Aber die ersten fünf könnten in der 2. Liga mitspielen. Allein von der Stimmung ist es hier aber etwas anderes, das macht es für den Kopf, zum Beispiel bei der Konzentration, etwas schwieriger. Ich glaube aber, dass es zwischen Sturm Graz und dem FC nicht viel Unterschied gibt.“ 

Mit Graz haben Sie in der Champions League gespielt. Was ist das für ein Gefühl? 

„Es ist ein Traum, das habe ich immer gesagt. Wenn du die Hymne hörst, gibt dir das einen Extra-Push. Wir haben in Dortmund vor 80.000 Zuschauern gespielt und drei Tage später das Hartberg-Derby vor 2.500 Fans. Das ist keine leichte Umstellung. Jeder kleine Fehler in der Champions League wird sofort bestraft. Das ist wohl der größte Unterschied.“ 

Welcher Gegenspieler hat Sie am meisten beeindruckt? 

„Alle waren ziemlich gut (lacht). Gegen Dortmund habe ich als Linksverteidiger gespielt und ab der zweiten Halbzeit war Gittens nicht einfach, Beier mit seinem Tempo aber auch nicht.“

Neuzugang über Gerhard Struber

Auch wenn Sie zum FC in die 2. Liga gewechselt sind: Es ist sicher ein Ziel von Ihnen, noch mal in der Champions League zu spielen. 

„Na klar. Ich wollte unbedingt meinen nächsten Schritt machen und zu einem großen Verein wechseln. Das ist der FC für mich. Als ich damals zu Sturm gekommen bin, da waren sie am Boden. Dann haben wir und auch ich persönlich einen Weg hingelegt, der für viele unglaublich war. In Köln hat jetzt für mich auch alles gepasst: Ich kannte den Trainer und einige Spieler. Hinzu kommen die Aufstiegsambitionen bei einem Verein, der eigentlich ins Mittelfeld der Bundesliga gehört. Wenn wir aufsteigen, habe ich am Ende alles richtig gemacht.“

Ist Gerhard Struber noch derselbe Trainer wie damals im Nachwuchsbereich in Salzburg, als er Sie schon einmal trainiert hat? 
 
„Zu einhundert Prozent. Natürlich hat er sich als Trainer weiterentwickelt. Von der Persönlichkeit her ist er aber noch genauso. Als Mensch ist er einfach ein guter Typ und auch neben dem Platz für einen da. Er macht es bisher gut hier.“ 

Haben Sie auch mit ihrem bosnischen Nationaltrainer Sergej Barbarez im Vorfeld über den FC gesprochen? Er kennt die Bundesliga immerhin bestens. 
 
„Ja, ich habe auch mit ihm darüber gesprochen. Er hat gesagt, dass der FC ein großer und geiler Verein ist. Das Projekt hier hat mich total gereizt, auch wenn viele fragen, warum man von einem Champions-League-Club in die 2. Liga wechselt. Ich brauche solche Aufgaben. Wenn man einmal einen Titel gewinnt, entwickelt man Hunger darauf. Wenn wir vielleicht am 18. hier stehen, aufsteigen und so viele Menschen glücklich sind, ist das etwas Cooles.“ 

Sie meinen den 18. Mai, den letzten Spieltag? 
 
„Ja, das Datum ist tatsächlich in meinem Kopf.“ 

So sieht Gazibegovic seinen Landsmann

In der Vergangenheit gab es viele Transfer-Gerüchte um Sie, zum Beispiel sollen Inter Mailand und der VfB Stuttgart an Ihnen interessiert gewesen sein. Hatten Sie bereits vor der Unterschrift beim FC mal eine konkrete Wechselabsicht? 
 
„Ich habe ein paar internationale Spiele gespielt, da gab es immer mal wieder Anfragen. Teilweise war auch mal etwas Exotisches dabei. Ich höre aber immer auf mein Bauchgefühl, das war nie so wie jetzt beim FC. In Graz hätte ich nicht noch mehr gewinnen können. Jetzt war der Zeitpunkt, um auf Wiedersehen zu sagen.“

Mit Imad Rondic ist im Winter noch ein weiterer Landsmann von Ihnen und Denis Huseinbasic dazugekommen. Wie erleben Sie ihn bisher? 

„Wir haben schon eine richtig gute Connection, dazu gehören auch Emin und Jaka. Imad und ich haben in der U-Nationalmannschaft schonmal zusammengespielt, das ist aber lange her. Er macht es gut, schießt seine Buden im Training. Er ist ein spannender Spieler und versteht auch schon viel auf Deutsch. In ein paar Monaten spricht er vielleicht sogar besser als ich. (lacht)“    

Wie sehen Sie die Chancen auf den Aufstieg? 

„Auch wenn nicht alle Spiele schön anzusehen waren, am Ende ist es egal, ob wir 6:5 oder 1:0 gewinnen, Hauptsache da stehen die drei Punkte. Manchmal gehört auch Glück dazu. Das erkaufst du dir nicht, das erarbeitest du dir. Ich sehe unsere Chancen gut, wenn wir weiter so kämpfen und uns weiterentwickeln.“ 

„Perfekter Dosenöffner“ im Derby?

Ist das Gefühl nach einem Sieg anders, wenn man nicht gut gespielt hat? 

„Das ist eine gute Frage. Ich persönlich will immer zeigen, was ich kann. Bei einem Sieg freue ich mich extrem, denke teilweise aber auch, dass ich noch mehr Impact hätte haben können. Am Ende wäre es mir aber auch egal, wenn ich den Rest der Saison so spiele wie jetzt, wir aber aufsteigen.“ 

Am Sonntag geht es gegen Fortuna Düsseldorf. Wie sieht es mit Ihren Derby-Erfahrungen aus? 
 
„In meinem letzten Derby (5:2 gegen den Grazer AK am 19. Oktober 2024, Anm. d. Red.) habe ich aus 30 Metern per Freistoß getroffen. Es wäre schön, wenn mir das wieder gelingt. Das wäre der perfekte Dosenöffner.“ 
 
 
 

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