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Zwei Halbzeiten, zwei Gesichter: Das war gut, das war schlecht

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Rückkehrer Bittencourt traf zum 2:1-Sieg. (Foto: Imago/Picture Point LE)

[nextpage title=”Ein starkes Comeback und unendliche Moral”]Der 1. FC Köln hat im Abstiegskampf ein weiteres Lebenszeichen gesendet. Mit 2:1 (1:0) besiegten die Kölner den Vizemeister aus Leipzig. Dabei begann die Partie direkt mit einer kalten Dusche: Nach nur fünf Minuten brachte Jean-Kevin Augustin die Leipziger in Führung. Erst durch eine enorme Leistungssteigerung erarbeitete sich der Effzeh am Ende den Sieg. Dabei hatten die Gäste Glück, dass RB sie in der ersten Halbzeit am Leben gelassen hatten. 

Aus Leipzig berichten Sonja Eich und Jonas Klee 

Zehn Punkte Rückstand, dazu ein wesentlich schlechteres Torverhältnis als die Konkurrenz. Der Druck, der vor der Partie gegen RB Leipzig auf den Kölner Schultern lastete, war immens. Bei einer Niederlage wäre das Wunder auf den Klassenerhalt wohl endgültig Geschichte gewesen. Und das zehn Spieltage vor dem Saisonende. Dementsprechend verunsichert starteten die Gäste beim Europa-League-Achtelfinalisten in die Partie. Es dauerte auch nur fünf Minuten, ehe Leipzig seine Überlegenheit in der ersten Halbzeit ausnutzte und durch Augustin in Führung ging. Doch bereits gegen Ende des ersten Durchgangs berappelte sich der Effzeh und setzte erste Nadelstiche. Im zweiten Durchgang spielte dann fast ausschließlich der Gast aus der Domstadt und sicherte sich nicht unverdient die drei Punkte gegen immer müder werdende Leipziger.

Das war gut

Egal, welche Ansprache Stefan Ruthenbeck in der Halbzeitpause gewählt hatte, sie fruchtete. Während die Kölner im ersten Durchgang kaum Zugriff auf den Gegner und das Spiel fanden, spielten im zweiten Durchgang fast ausschließlich die Gäste. Auch Timo Horn befand hinterher: “In der zweiten Hälfte waren wir wie ausgewechselt.” Der Effzeh nahm sich ein Herz, spielte mutiger und übte bereits früh in der gegnerischen Hälfte Druck auf den Gegner aus. “Der Plan war kein anderer als in der ersten Halbzeit, die Umsetzung war nur viel, viel besser”, erklärte Stefan Ruthenbeck die Leistungssteigerung. Mit dem großen Rückstand auf die Konkurrenz und dem 0:1 auf den Schultern, hatten die Kölner nichts mehr zu verlieren. Besonders Marcel Risse und Vincent Koziello kurbelten das Offensivspiel der Gäste immer wieder an. Auch die Einwechslung von Leonardo Bittencourt brachte den erhofften Schwung. Mit seinem Treffer zum 2:1 hätte das Comeback für den Flügelflitzer nicht schöner ausfallen können. Auf der Sechs wächst Marco Höger immer mehr in seine Rolle als Führungsspieler hinein und gewann wichtige Zweikämpfe im Mittelfeld.

Das hohe Pressing des Effzeh barg allerdings auch großes Risiko bei Kontergelegenheiten der schnellen Leipziger. Doch dazu kam es erst gar nicht: Im Gegensatz zur ersten Halbzeit war der Effzeh meistens Sieger in den Zweikämpfen und immer einen Schritt schneller am Ball, sodass die Konter der Gastgeber meist im Keim erstickt wurden. Zwar wurde der Druck der Leipziger nach dem Kölner Führungstreffer noch einmal größer, doch selbst da behielten die Geißböcke im Vergleich zu den letzten Spielen nach eigenem Tor einen kühlen Kopf und brachten den Sieg über die Zeit. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass die Leipziger im zweiten Durchgang bei ihrem dritten Spiel in dieser Woche körperlich extrem abgebaut hatten und dem Effzeh kräftemäßig unterlegen waren. Ein Vorteil, den die Kölner für sich zu nutzen wussten. Dass dies jedoch überhaupt möglich war, lag auch daran, dass RB den Effzeh durch seine schlechte Chancenverwertung am Leben gelassen hatte und nicht bereits im ersten Durchgang durch ihre zahlreichen Gelegenheiten die Entscheidung herbeiführte. Eines hat diese zweite Hälfte einmal mehr gezeigt: Die Mannschaft verfügt über eine nie schwindende Moral und gibt sich auch in den scheinbar ausweglosen Situationen nicht auf.

[nextpage title=”Der fehlende Glaube an sich selbst “]

Das war schlecht

So stark sich der Effzeh im zweiten Durchgang präsentierte, so schwach war die erste Hälfte. Kaum einen Zweikampf konnten die Gäste in der ersten Hälfte für sich entscheiden und waren immer einen Schritt zu spät am Ball. Zeitweise konnte man das Gefühl haben, die Hausherren hätten einen Spieler mehr auf dem Feld. Bereits nach fünf Minuten wurde das schläfrige Abwehrverhalten des Effzeh von den Hausherren bestraft: Nach einem unglücklichen Ballverlust kam Koziello Bruma nicht mehr hinterher, in der Mitte verlor Jannes Horn den Zweikampf gegen Lookmann und nach dessen Pfostentreffer war Augustin gedankenschneller als die gesamte Kölner Hintermannschaft und konnte unbedrängt zur Führung ins leere Tor einschieben.

Leipzig agierte auch im weiteren Verlauf mit frühem Gegenpressing, aus dem sich der Effzeh nur selten befreien konnte. Bei eigener Balleroberung wurde der Ball zu schnell wieder verloren oder hektisch versucht, Simon Terodde mit einem langen Ball zu suchen. Der Effzeh hatte vor allem Mitte der ersten Halbzeit Glück, dass Leipzig die vielen Unachtsamkeiten, wie den haarsträubenden Fehlpass von Sörensen in der 30. Minute, nicht bestrafte. “Wir haben in der ersten Halbzeit nicht an uns geglaubt”, versuchte Timo Horn nach dem Spiel die erste Halbzeit zu erklären. In der Tat wirkten die ersten 45 Minuten gegen den Europa-League-Achtelfinalisten mutlos.

Wir haben uns vorgenommen, an uns zu glauben

Es dauerte rund 40 Minuten, ehe der Effzeh den Respekt und die Nervosität gegen den Vizemeister abgelegt hatte und selbst den Weg in die Offensive suchte. “Wir haben uns vorgenommen, an uns zu glauben”, schilderte Horn das Gefühlsleben der Mannschaft in der Pause. Mit viel Leidenschaft und Wille hat sich der Effzeh schließlich in die Partie gekämpft und die schwache erste Halbzeit vergessen lassen. RB-Coach Ralph Hasenhüttl sagte nach der Partie im Bezug auf seine Mannschaft: “In der Bundesliga reicht es nicht, nur 45 Minuten gut zu spielen.” Für den 1. FC Köln hingegen galt diese Aussage am Sonntagabend nicht. Mit einer starken Leistung im zweiten Durchgang konnten die Geißböcke die schwache erste Halbzeit wieder korrigieren und die wichtigen drei Punkte mit in die Domstadt nehmen.

So geht es weiter

Der überraschende Sieg gegen den Champions-League-Anwärter ist nichts wert, wenn die kommenden Spiele gegen die direkten Konkurrenten nicht gewonnen werden. Am nächsten Sonntag empfangen die Kölner den VfB Stuttgart im RheinEnergiestadion. Während sich Mainz und Hamburg am nächsten Spieltag gegenseitig die Punkte wegnehmen, treffen Bremen und Wolfsburg mit Gladbach und Leverkusen auf schwierige Gegner. Für den Effzeh also wieder eine Chance, mit einem Sieg gegen den VfB den Rückstand zu verkürzen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Tabellenletzte mit dem Sieg über RB das nötige Selbstvertrauen und einen wichtigen Schub für die kommenden Aufgaben geholt hat. Bei der Konkurrenz wird man sich sicherlich nicht über den Sieg des fast schon abgeschriebenen Effzeh gefreut haben. Doch vielleicht bewahrheitet sich am Ende doch das Sprichwort: “Totgesagte leben länger.”

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