Steffen Baumgart und die Spieler des 1. FC Köln haben am Dienstag eine intensive Analyse der aktuellen Probleme vorgenommen. Rund 90 Minuten saßen Trainerteam und Mannschaft beisammen und sprachen über die Fehler der letzten Wochen und Lösungen für die kommenden Spiele. Woran wird Baumgart feilen?
Eines steht fest: Steffen Baumgart wird nicht von seiner offensiven Grundausrichtung abrücken. Das ist nicht nur klar, es ist unverhandelbar. Mit dieser Spielweise hat der 50-Jährige den 1. FC Köln wieder erfolgreich gemacht, mit diesem Ansatz begeistern die Geißböcke ihre Fans und mit dieser Abteilung Attacke hat der FC in der laufenden Bundesliga-Saison schon wieder 16 Punkte in elf Spielen gesammelt.
Die grundsätzliche Ausrichtung stand am Dienstag bei der 90-minütigen Analyse zwischen Trainerteam und Mannschaft nicht zur Debatte. Warum auch? Baumgart hat den Spielern diese Herangehensweise in nun erfolgreichen 16 Monaten gemeinsamer Zusammenarbeit eingetrichtert. Das einzige Problem, das auch der Trainer inzwischen festgestellt hat: Die Spieler kommen davon inzwischen kaum mehr weg.
Was bei Elf gegen Elf genau richtig ist, hat sich in den letzten Wochen in Unterzahl als fatal erwiesen. Zehn Gegentore in Gladbach und in Mainz sprechen eine deutliche Sprache. Und so kam dies wohl auch am Dienstag vor der Trainingseinheit auf dem Rasen zur Sprache. “Wir haben um zehn angefangen und sind um halb zwölf raus. Wir haben in 90 Minuten viel miteinander besprochen”, sagte ein gut gelaunter Baumgart. Woran aber wird der FC-Trainer angesetzt haben? Beispiele aus dem Mainz-Spiel gab es zur Genüge.
Drei Beispiele in der Taktikanalyse
Beispiel 0:1. Wie schon häufiger in dieser Saison versuchte ein Abwehrspieler, in diesem Fall Luca Kilian, eine Situation unnötig spielerisch zu lösen. Statt einen Mainzer Pressingversuch mit einem Ball nach vorne oder auf die Tribüne im Keim zu ersticken und sich defensiv wieder zu sortieren, misslang Kilian alles – die Folge war der Elfmeter zum 0:1. Ähnlich wie Hübers in Belgrad vor dem 0:1 müssen die FC-Verteidiger immer wieder daran erinnert werden, dass nicht immer die spielerische Lösung die beste ist. Schon gar nicht, wenn es keinen sichtbaren Vorteil bringen könnte.
Beispiel 0:2. Kilian war vom Platz geflogen, da rückte vor der Einwechslung von Nikola Soldo zunächst Eric Martel in die Viererkette. Doch statt dort zu bleiben, hetzte der Youngster seinem Gegenspieler Onisiwo hinterher, der sich hatte zurückfallen lassen. So fand sich Martel plötzlich neben Ondrej Duda wieder, Onisiwo setzte sich geschickt ab und hatte plötzlich freie Bahn. Doch nicht nur das: Anschließend bewegten sich alle FC-Verteidiger nur zum Ball, obwohl man hinten hätte Mann gegen Mann spielen können. So befanden sich bei Onisiwos Flanke in den Rückraum drei (!) Mainzer ungedeckt, dafür aber drei Kölner ohne Gegenspieler im eigenen Strafraum.
Beispiel 0:3. Ein ähnliches Abwehrverhalten legte der FC beim 0:3 an den Tag. Erst ein unnötiger Ballverlust, dann aber eine Sieben-zu-Vier-Überzahl (!) der Kölner. Trotzdem konnte Lee den Ball auf Stach spielen. Der Grund: alle sieben Kölner Spieler hatten die Augen nur auf den Ball gerichtet, nicht auf Stach, der sich in ihrem Rücken absetzte. Lee hatte einfaches Spiel, der FC hatte das Spiel verloren.
Insbesondere die Tore zum 0:2 und 0:3 zeigten: Eigentlich hätte der FC diese Tore nie kassieren dürfen. Selbst die Ausgangsfehler von Martel (0:2) und Skhiri mit Hector zum Ballverlust (0:3) hätten nicht fatal sein müssen. Das Problem: Die Kölner verloren ohne Grund die Ordnung und die Zuteilung – und das, obwohl man in diesen Situationen mindestens in Gleichzahl oder gar in Überzahl war.
Balljagd ja, aber die Ordnung muss bleiben
Baumgart muss seine Spieler also im wahrsten Sinne wieder zur Ordnung rufen, zum Positions- und gegnerorientierten Spiel. In Mainz folgten die Geißböcke viel zu häufig stur dem Ball, statt sich auch am Gegner und den eigenen Nebenmännern auszurichten. Balljagd – diesen Wert hat Baumgart seinen Spielern eingetrichtert. Doch wer dabei die Ordnung verliert, hat es auch in Gleichzahl schwer.
Am Donnerstag beim 1. FC Slovacko in der Conference League soll dies wieder besser werden. Das Hinspiel gewannen die Geißböcke nach einer Schwächephase mit 4:2 (1:0). Der FC will im Rückspiel mit einem Sieg die Chancen auf das Weiterkommen in die K.o.-Phase wahren. Wen Baumgart dafür aufbieten wird, ist noch offen. “Nicht mal der Trainer weiß Bescheid”, sagte Baumgart am Dienstag schmunzelnd. Am Donnerstagabend um 17.45 Uhr (Anpfiff um 18.45 Uhr) wird Klarheit herrschen – und in den anschließenden 90 Minuten, ob die Analyse ihre Wirkung erzielt hat.
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