Pierre Littbarski arbeitet als Leiter der Scouting-Abteilung für den VfL Wolfsburg.

Pierre Littbarski arbeitet als Leiter der Scouting-Abteilung für den VfL Wolfsburg.

Littbarski: “Das Klügste, was der Verein machen konnte”

Mit 504 Pflichtspielen für den 1. FC Köln belegt er Rang fünf der Rekordspieler in Rut un Wiess. Heute ist Pierre Littbarski der Leiter der Scouting-Abteilung beim Pokalsieger VfL Wolfsburg, hat die Geissböcke aber noch immer fest im Blick. Die Online-Zeitung GEISSBLOG.KOELN (GBK) sprach mit dem 55-Jährigen über den Wandel des FC, über das Karriereende von Patrick Helmes und über die Rolle von Marcel Risse als Integrationsfigur.  

GBK: Herr Littbarski, Sie sind der allererste Interview-Partner beim GEISSBLOG.KOELN. Schön, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen.
PIERRE LITTBARSKI: Aber gerne. Über den FC gibt es immer genug zu schreiben. Und jetzt, da der Klub sich so positiv entwickelt hat, viel Gutes. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.

Vielen Dank! Und Sie haben gleich den Kern des Gesprächs getroffen – die Entwicklung des Effzeh.
Die ist ja auch bemerkenswert. Sportlich sieht man eine Festigkeit in der Mannschaft, die kein Zufall ist. Das Duo Stöger/Schmadtke hat den Kader mit Köpfchen entwickelt. Beide harmonieren gut und liegen sich nicht ständig in den Haaren. Diese Partnerschaft ist für mich der Grundstein für den aktuellen Erfolg. Es erinnert mich ein wenig an die Situation bei uns mit Klaus Allofs und Dieter Hecking. So eine Konstellation ist die Basis dafür, längerfristig Erfolg zu haben.

Marcel Risse ist eine Identifikationsfigur

Sie trauen Köln also zu, sich im Mittelfeld der Tabelle festzusetzen?
Der gesamte Klub hat das letzte Jahr als Aufsteiger sehr gut gemeistert. Der Spielstil hat sich über die Monate entwickelt und etabliert. Ich weiß, dass unser Trainer sehr großen Respekt vor dem FC hatte. Diese Kompaktheit und Geschlossenheit ist selbst von Top-Mannschaft schwer zu knacken. Klar wünscht man sich da, dass sich das weiterentwickelt. Da müssen die Fans aber Geduld haben. Zwei, drei Plätze in der Tabelle nach oben sind drin, aber wer von mehr träumt, dem muss man sagen: So schnell geht das nicht.

Die großen Sprünge sind ohnehin noch nicht drin. Finanziell ist Köln noch angeschlagen.
Das stimmt. Aber es freut mich, dass der Klub langsam auch finanziell wieder auf die Beine kommt. Das war jahrelang sehr schwierig. Jetzt merkt man, dass da kluge Köpfe sitzen. Das sieht man nicht nur, aber vor allem an der smarten Einkaufspolitik. Sie kaufen eben keine mittelmäßigen Spieler für viel Geld, sondern für weniger Geld sportlich gute, vor allem aber charakterlich passende Spieler. Marcel Risse ist da ein gutes Beispiel für.

Nicht die Marke Superstar, sondern…

Inwiefern?
Er ist eine Identifikationsfigur, steht voll und ganz hinter dem Klub. Die Leute in Köln können mit ihm was anfangen. Das ist enorm wichtig. Dazu kommt: Bei ihm weiß man ja schon lange, dass er großartige fußballerische Anlagen hat. Die zeigt er nun aber auch. Alleine sein Tempo, seine Dribblings und die Schusstechnik – das sind Qualitäten, die für den FC viel wert sind.

Wer fällt Ihnen in dieser Kategorie noch ein?
Timo Horn natürlich, aber auch die beiden Japaner Osako und Nagasawa…

…die Sie als Japan-Kenner besonders schätzen?
Klar. Die beiden passen perfekt in das aktuelle Konzept. Die sind nicht die Marke Superstar, sondern junge Spieler, die die Zeit bekommen, heranzuwachsen und ihre Qualitäten zu entwickeln und einzubringen.

Mit Kevin Wimmer und Tony Ujah hat der FC zwei wichtige Spieler der letzten Saison verloren. Wie groß schätzen Sie den Verlust der beiden ein?
Der wiegt schon schwer, gerade bei Wimmer. Beide waren Fixpunkte, die jetzt weggebrochen sind und ersetzt werden müssen. Das wird eine der Schlüsselaufgaben in der Vorbereitung sein, diese Lücken sofort zu füllen und noch dazu personell nachzulegen.

Helmes – eine unglaublich traurige Geschichte

Einen anderen, der nicht mehr im Profi-Kader stehen wird, kennen Sie sehr gut: Patrick Helmes. Was dachten Sie, als Sie vom Karriereende gehört haben?
Das ist eine unglaublich traurige Geschichte. Es tut mir sehr leid für ihn. Er ist ein toller Typ und für jede Mannschaft wertvoll. Er war ja so häufig verletzt, aber nie hast du von ihm gehört, dass er rumheult. Er hat immer versucht positiv zu bleiben, das ist eine außerordentliche menschliche Qualität.

Die er jetzt als Co-Trainer der U21 weitergeben kann.
Das ist das Klügste, was der Verein und Patrick machen können. Er will sich langsam an eine neue Karriere rantasten, da ist das genau das Richtige. Er war Nationalspieler, hat viel erlebt, ist noch jung und eigentlich ja noch Spieler. Da ist er für junge Kicker aus dem Nachwuchs ein toller Ansprechpartner, dem man zuhören wird.

Wie häufig schaffen Sie es eigentlich noch selbst nach Köln?
Meine Familie fühlt sich in Wolfsburg sehr wohl. In dieser Saison war ich deshalb nur zweimal im RheinEnergieStadion. Insgesamt habe ich den FC fünf Mal gesehen. Mehr lässt meine Zeit nicht zu. Aber jedes Mal, wenn ich beim FC bin, empfinde ich eine große Zuneigung für den Klub. Und wenn ich ins Stadion gehe, ist das eine tolle Erinnerung. Wenn es das Stadion so schon zu meiner Zeit gegeben hätte, hätte es mir wohl noch mehr Spaß gemacht für den FC zu spielen, als ohnehin schon.

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