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Der mentale Abstieg: Eine Gefahr für den Wiederaufbau

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Peter Stöger tröstet Anas Ouahim nach dessen Bundesliga-Debüt. (Foto: Mika Volkmann)

[nextpage title=”Das schlechteste Team der Bundesliga-Geschichte”]

“Irgendwann ist der Kopf am Arsch.” Niemand dürfte Matthias Lehmann am Sonntag nach der Niederlage gegen Berlin widersprochen haben. Der 1. FC Köln erlebt vor dem sportlichen Abstieg, der immer unvermeidlicher scheint, bereits einen mentalen Abstieg. Kaum einer glaubt noch ernsthaft an die Rettung. Und das nach gerade einmal 13 Spieltagen. Das birgt große Gefahren.

Köln – Die Realität ist brutal, aber auch brutal einfach: Der HSV, Frankfurt, Stuttgart, Mainz oder Berlin – keine der genannten Mannschaften war in den direkten Duellen besser als der FC. Ein Quintett, mit dem die Geissböcke eigentlich auf Augenhöhe spielen müssten. Doch selbst gegen diese biederen Bundesliga-Teams aus dem grauen Mittelfeld der Liga holte der 1. FC Köln keinen einzigen Punkt. Insbesondere die Bilanz aus diesen Spielen ist eine Bankrotterklärung. Für den Verein, für das Trainerteam, für die Mannschaft, für jeden einzelnen Spieler.

Der 1. FC Köln ist schlechter als Tasmania Berlin

Was manche am Geißbockheim noch immer ab und zu vergessen: Der 1. FC Köln ist nach 13 sieglosen Spielen mit zwei Punkten und 4:25 Toren das schlechteste Team der Bundesliga-Geschichte. Nie war eine Mannschaft erfolgloser. Selbst Tasmania Berlin nicht, die offiziell schlechteste Mannschaft der Liga-Geschichte über eine ganze Saison: Die Berliner waren 1965/66 mit nur zwei Siegen abstiegen, hatten nach dem 13. Spieltag aber schon einen Sieg und ein Unentschieden geholt, sechs Mal getroffen und damit zwei Punkte und zwei Tore mehr auf dem Konto als die Kölner heute. Wurde Tasmania immer als das Team belächelt, dessen Negativrekord wohl nie unterboten werden würde, muss man kurz vor Ende der Hinrunde der Spielzeit 2017/18 festhalten: Die Geissböcke sind auf Kurs, genau das zu schaffen.

Es gibt eine spannende Parallele mit einer anderen Mannschaft – mit dem 1. FC Köln vergangener Tage: Schon einmal in der Geschichte der Geissböcke blieb der Effzeh in den ersten 13 Spieltagen sieglos. Faszinierenderweise war dies in der Saison 1991/92 der Fall, in jener Spielzeit, in der sich Köln letztmals für die kommenden 25 Jahren für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren konnte. In den ersten 13 Spieltagen gelang den Geissböcken auch damals kein einziger Erfolg. Am Ende der Saison aber landete der FC noch auf Rang vier und qualifizierte sich für Europa. Fairerweise muss man dazu sagen, dass der FC damals von den ersten 13 Spieltagen nicht elf verlor, sondern elf Unentschieden holte und nur zwei verlor. In dieser Saison stehen gerade einmal zwei Unentschieden auf der Habenseite.

Karlsruhe als mahnendes Beispiel

Immerhin: Damals holte Köln den Premieren-Erfolg am 14. Spieltag. Es war ein 1:0 in Karlsruhe. Dieser Karlsruher SC sollte heute ein mahnendes Beispiel für die Geissböcke sein. Nicht nur, weil das Spiel seinerzeit zeigte, dass nach einem Sieg noch weitere Siege folgen können, sondern weil der KSC erst vor wenigen Jahren eine ähnliche Spirale miterlebte wie der 1. FC Köln heute.

[nextpage title=”Die Gefahr des schleichenden Todes”]

Der tiefste Fall kann noch tiefer führen

Die Saison 2008/09 hatte gerade erst begonnen, da schien die Spielzeit für den KSC schon fast wieder vorbei. Elf Niederlagen in den ersten 15 Spielen, Tabellenletzter, das Team von Edmund Becker am Boden. Der Abstieg schien unvermeidlich, und tatsächlich gingen die Badener nach 34 Spieltagen mit 29 Punkten in Liga zwei. Dass der KSC nur 17. und nicht 18 wurde und überhaupt noch auf 29 Zähler kam, lag einzig an zwei letzten Siegen am 33. und 34. Spieltag, als der Abstieg bereits besiegelt war.

Die Karlsruher konnten sich anschließend aus diesem negativen Drehkreisel nie mehr wirklich befreien. In der Zweiten Liga wurde der Wiederaufstieg angepeilt, doch drei Jahre später ging es sogar in Liga drei. Wieder drei Jahre später, zurück in Liga zwei, erlebte der KSC die Wirkung des Abwärtsstrudels erneut. Nach dem verpassten Aufstieg in die Bundesliga via Relegation gegen den HSV in der Nachspielzeit ging es zwei Jahre später erneut in Liga drei. Kaum ein anderer Verein wie Karlsruhe erlebte in den letzten Jahren, was es heißt, wenn sich eine Mannschaft nicht mehr aus einem Sog befreien kann. Denn dann kann der vermeintlich tiefste Fall – der Abstieg – in noch tiefere Sphären führen.

Die Situation zermürbt dich, macht dich kaputt

Der 1. FC Köln ist von solchen Schwarzmalerei-Szenarien noch meilenweit entfernt. Die Basis der Geissböcke gilt als weitaus besser als die in Karlsruhe. Dem Abstieg stünde ein weitaus stärkeres finanzielles Fundament gegenüber. Alle Spieler haben gültige Verträge für die Zweite Liga. Doch die noch größere Gefahr einer Saison wie der aktuellen lauert im mentalen Abstieg, der schon jetzt eingesetzt hat.

“Ich glaube nicht, dass es das schon war, aber vom Kopf her ist man irgendwann am Arsch”, gestand Kapitän Matthias Lehmann nach dem 0:2 gegen die Hertha. “Die Situation zermürbt dich, macht dich kaputt.” Der Glaube, in den kommenden Spielen gegen Schalke, Freiburg, Bayern und Wolfsburg noch ernsthaft etwas reißen zu können, ist auf ein Minimum gesunken. Denn jedes Fünkchen Hoffnung, jede kleine Flamme, die die Geissböcke in den letzten Wochen entzündet hatten, löschten sie selbst sofort wieder durch teils erschreckende Leistung.

Schleichender Tod muss aufgehalten werden

Deshalb ist der 1. FC Köln nicht nur dazu gezwungen, um jeden Punkt bis zum bitteren Ende zu kämpfen und so lange wie möglich die Hoffnung auf eine Wunder-Rettung am Leben zu erhalten. Die FC-Bosse vom Vorstand bis zum Trainerteam stehen auch in der Verantwortung, den Spielern alle zur Verfügung stehenden Mittel an die Hand zu geben und Auswege aufzuzeigen, um im tatsächlichen Falle eines Abstiegs sofort wieder eine Aufbruchsstimmung ausrufen zu können. Dafür darf es keine Tabus geben, denn sollte der FC in den kommenden sechs Monaten bis zum Saisonende einen schleichenden Tod sterben, könnte die sofortige Wiederbelebung im harten Zweitliga-Alltag misslingen.

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