[nextpage title=”Alex Wehrle und der Werteverfall beim FC”]
Alexander Wehrle muss den 1. FC Köln aus der Krise führen und die Fehler korrigieren, die er und die weiteren Verantwortlichen bei den Geissböcken im Sommer begangen haben. Dazu gehört auch, das noch verbliebene Geld im Winter für Transfers in die Hand zu nehmen – wenn es überhaupt noch Sinn macht.
Köln – Im zweiten Teil des großen Interviews beim GEISSBLOG.KOELN (hier geht’s zu Teil eins) sprach Wehrle über den von Peter Stöger monierten Werteverfall beim FC, den Streitfall Kugel, die Gründe für den Crash und die Frage, ob der FC im Sommer nicht nur falsche Transfers getätigt hat, sondern auch Geld gespart hat, anstatt es in die Mannschaft zu investieren.
GBK: Peter Stöger hat in der Pressekonferenz von einem Werteverfall beim FC gesprochen. Wie bewerten Sie diese Aussage?
ALEXANDER WEHRLE: Ich weiß nicht ganz genau, welche Punkte er genau der Mannschaft vorwirft. Ich kann nur grundsätzlich sagen, dass uns beim FC wichtig ist, die Grundwerte der FC-Familie zu bewahren. Sollten wir den Eindruck gewinnen, dass da etwas in die Schieflage geraten ist, müssen wir das korrigieren.
Die Worte schienen aber auch an die Führungsetage gerichtet. Es haben sich in den letzten Monaten diverse Konflikte aufgetan. Nur auf den sportlichen Bereich bezogen: Jörg Schmadtke und Jörg Jakobs, Jörg Schmadkte und Peter Stöger, jetzt Peter Stöger und Benny Kugel. In allen Fällen ging es um Vertrauen und Respekt. Was ist schiefgelaufen?
Es tut mir leid, wenn ich mich wiederhole, aber ich kann es nicht genau sagen. Ich maße mir nicht an, über das persönliche Verhältnis zweier Menschen zu urteilen.
Wir sind aber alle gut beraten, immer im Sinne des FC zu agieren
In dem Fall sind es Ihre Mitarbeiter beim 1. FC Köln.
Jörg Schmadtke war nicht mein Mitarbeiter, sondern mein Co-Geschäftsführer. Darüber hinaus fällt es mir schwer, persönliche Verhältnisse zu kommentieren. Das müssen die betroffenen Personen tun. Ich kann nur sagen, wie ich mir eine Zusammenarbeit am Geißbockheim wünsche. Es ist ein hohes Gut, vertrauensvoll und kritisch-konstruktiv immer im Sinne des Vereins zu arbeiten. Das fördere ich und fordere ich ein.
Würden Sie denn Peter Stöger zustimmen, dass genau in diesen Bereichen beim FC einiges im Argen liegt?
Im Fall einer Krise, und in der befinden wir uns natürlich, kommen Dinge und Verhältnisse ans Licht, die mit 15 Punkten nicht ans Licht gekommen wären. Das ist kein Phänomen des 1. FC Köln, sondern ein Phänomen unserer Gesellschaft. In diesen Phasen wird oft der Eindruck erweckt, dass es um Einzelinteressen gehen könnte. Wir sind aber alle gut beraten, immer im Sinne des FC zu agieren.
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Wehrle über die Gründe des Absturzes
Gehen wir auf eine Personalie ein: Benny Kugel wurde von Peter Stöger aussortiert mit der Begründung, es gebe ein Problem mit der Loyalität. Das ist ein schwerwiegender Vorwurf. Warum stellt der FC Benny Kugel dann nicht frei?
Erst einmal ist es legitim für eine Führungskraft mit Verantwortung, Entscheidungen zu treffen über Mitarbeiter, die aus welchen Gründen auch immer nicht mehr ins Team passen. Das bedeutet aber, dass diejenigen miteinander sprechen müssen. Das haben sie getan. Das bedeutet aber nicht, dass Peter Stöger von uns gefordert hat, dass wir Benny Kugel freistellen.
Hätten Sie das in letzter Konsequenz nicht auch selbst machen können, wenn Sie Peter Stögers Urteil vertrauen? Denn eine Rückkehr ins Trainerteam scheint ja unter diesen Bedingungen kaum denkbar.
Nein, weil wir miteinander geredet haben. Wir sind zu einem Ergebnis gekommen, in dem die internen Abläufe und Zuständigkeiten geklärt sind und darüber Einverständnis herrscht. Deswegen sind solch drastische Maßnahmen nicht nötig.
Oder hat es auch damit zu tun, dass Sie eben nicht genau wissen, wie es mit Peter Stöger weitergeht und deswegen erst einmal die Personalie Benny Kugel auf Eis gelegt haben, ehe die Trainerfrage entschieden ist?
Nein, damit hat das nichts zu tun. Es geht nur darum, was wir gemeinsam besprochen haben.
Sie haben kürzlich gesagt, Sie arbeiten an der Zukunft des 1. FC Köln.
Immer. Natürlich.
Was verstehen Sie unter ‚an die Wand gefahren’?
Wie sehr ärgert es Sie, dass alle Verantwortlichen diese Zukunft im vergangenen Sommer an die Wand gefahren haben?
Jetzt müssten Sie definieren, was Sie unter ‚an die Wand gefahren’ verstehen.
Nun, der 1. FC Köln befindet sich nicht in irgendeiner Krise, sondern ist der schlechteste Bundesliga-Verein, den es je nach 13 Spieltagen gegeben hat. Und das nach einer Ausgangssituation, die im Sommer so gut war wie seit über 25 Jahren nicht mehr. Das heißt, es muss sehr viel schiefgegangen sein, aber auch sehr viel falsch gemacht worden sein, um in der heutigen Lage zu stecken.
Eines ist unstrittig: Wir erkennen den Ernst der Lage. Wir bewerten natürlich den Sommer kritisch. Das ist das Eine, aber dass die heutige Situation so extrem ist, hat natürlich auch mit den Verletzungen und diversen fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen zu tun. Ich nenne nur Frankfurt, Stuttgart und Mainz: drei Spiele, die drei bis neun Punkte ausgemacht hätten. So fair muss man schon sein.
Die Verletzungen haben aber erst so richtig angefangen, als die ersten fünf, sechs Spiele schon verloren waren.
Es war schon so, dass sehr früh wichtige Korsettspieler weggebrochen sind. Aber es ist auch klar, dass ich nichts schönreden will. Ich will nur darum bitten, auch diese Aspekte mit zu bewerten. Natürlich würden wir auch mit acht oder neun Punkten in einer Krise stecken, aber es wären eben nicht nur zwei Punkte. Die Situation sähe dann anders aus.
[nextpage title=”Ist ein Rücktritt für Wehrle eine Option?”]
Ist ein Rücktritt für Wehrle eine Option?
Haben Sie persönlich in den letzten Monaten über einen Abschied nachgedacht?
Nein. Ich habe einen Vertrag bis 2023 unterschrieben. Wir müssen insbesondere in einer Krise Stärke zeigen, Zuversicht ausstrahlen und neue Ziele definieren. Wir müssen wieder daran glauben, in die richtige Richtung zu gehen. Ich habe mich noch nie aus der Verantwortung gestohlen und hingeschmissen. Das passt nicht zu mir. Dafür ist mir der Verein auch viel zu sehr ans Herz gewachsen.
Sie sprechen von neuen Zielen. Wie kann ein Neuaufbau des FC aussehen?
Der hängt zunächst einmal davon ab, wie viele Punkte wir im Winter haben werden. Ist der Relegationsplatz noch realistisch? Das wirkt sich auf die Transferaktivitäten im Winter aus. Daran hängt die Ausrichtung der Mannschaft für die Rückrunde. Das diskutieren wir gerade. Auf der anderen Seite werden wir natürlich im neuen Jahr mit dem neuen Geschäftsführer Sport über die Ausrichtung über den Sommer hinaus sprechen.
Sie haben immer gesagt: Das Geld, das zur Verfügung steht, wird investiert. Das haben Sie im Sommer ja nur teilweise getan.
Moment. Wir haben noch nie so viel ausgegeben wie in diesem Sommer.
Es war im Sommer nicht unser Ziel, Geld zu sparen
Sie haben aber auch noch nie so viel eingenommen.
Das ist auch richtig. Wir haben immer gesagt, dass das oberste Ziel die sportliche Wettbewerbsfähigkeit ist. Wir müssen kein Eigenkapital mehr aufbauen, da sind wir gut ausgestattet. Es war im Sommer nicht unser Ziel, Geld zu sparen. Für die richtigen Spieler wären wir bereit gewesen, es auszugeben.
Jetzt stellt sich die Frage: Geben Sie das Geld im Winter aus?
Es wird von der Tabelle abhängen. Wie viele Punkte haben wir? Wie viele Punkte hat die Konkurrenz? Wir arbeiten mit allen Eventualitäten auf die Wintertransferperiode hin.
Wären Sie bereit im Winter ins Risiko zu gehen, wenn es sportlich noch Sinn machen würde?
Natürlich würden wir ein verantwortungsvolles Risiko gehen, wenn wir noch die Chance sehen würden, damit in der Bundesliga zu bleiben. Das muss im Sinne des Vereins sein. Solange ich hier bin, werden wir kein Harakiri machen, aber ich wehre mich dagegen, bei 21 noch ausstehenden Spielen die Zweite Liga auszurufen. Solange rechnerisch noch alles möglich ist, müssen wir alles dafür tun, die Rettung zu schaffen. Deswegen würden wir das, was wir finanziell noch zur Verfügung haben, ausgeben, wenn es noch Sinn machen würde, um das Ziel Klassenerhalt zu erreichen.
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